12 Dezember

Einziehung eines Geschäftsanteils eines GmbH-Gesellschafters wegen eines Zerwürfnisses der Gesellschafter

BGH, Urteil vom 24.09.2013, Az. II ZR 216/11

Streitigkeiten im Gesellschafterkreis können schnell für ein  Unternehmen existenzbedrohende Ausmaße annehmen, wenn wichtige Entscheidungen der Gesellschaft aufgrund des Streites der Gesellschafter nicht mehr möglich sind.

Der Fortbestand der Gesellschaft kann dann oftmals nur über den Ausschluss eines Gesellschafters und den Einzug seines Geschäftsanteils gesichert werden. Unter welchen Voraussetzungen ist dieses möglich?

Das Praxisproblem

In Gesellschaften mit mehr als einem Gesellschafter kann es leicht zu Zerwürfnissen der Gesellschafter untereinander kommen, dieses umso eher, wenn die Gesellschafter untereinander in einer besonderen Nähebeziehung etwa als Ehegatten oder Lebensgefährten stehen.

Regelmäßig enthalten Gesellschaftsverträge daher Bestimmungen, welche den Ausschluss von einzelnen Gesellschaftern und die Einziehung von deren Gesellschaftsanteilen regeln. Dabei wird meistens abstrakt darauf abgestellt, dass die Geschäftsanteile eingezogen werden können, wenn ein wichtiger Grund für die Einziehung vorliegt.

Die Praxisentscheidung

Dem Bundesgerichtshof hat jetzt mit Urteil vom 24.09.2013 (Az. II ZR 216/11) präzisiert, wann ein wichtiger Grund für die Einziehung eines Geschäftsanteils vorliegt.

In dem zu entscheidenden Sachverhalt betrieb eine aus vier Gesellschaftern bestehende Gesellschaft ein Kino. Jeder der Gesellschafter hielt 25 % der Gesellschaftsanteile und war zur Alleinvertretung berechtigter Geschäftsführer. Alle Gesellschafter waren in den täglichen Betrieb des Kinos mit eingebunden.

Einer der Gesellschafter und eine Mitgesellschafterin lebten in einer Lebensgemeinschaft. Nachdem diese Lebensgemeinschaft gescheitert war, kam es zu erheblichen Spannungen zwischen den Gesellschaftern. Dem Gesellschafter wurde eine Verletzung seiner Pflichten als Geschäftsführer der GmbH vorgeworfen. Nachdem der Gesellschafter dreimal wegen der Verletzung seiner Pflichten als Geschäftsführer abgemahnt worden war, einigten sich alle vier Gesellschafter darauf, dass der betreffende Gesellschafter bis auf weiteres bezahlten Urlaub nehmen könne. Während dieser Zeit des unbezahlten Urlaubs solle der betreffende Gesellschafter nicht für das Unternehmen tätig sein. Hieran hielt sich der Gesellschafter nicht.

Es kam zu diversen persönlichen Angriffen und Beleidigungen des Klägers gegenüber den Mitgesellschaftern.

Die übrigen drei Gesellschafter beschlossen daraufhin einstimmig, den Gesellschafter aus der Gesellschaft auszuschließen und seinen Geschäftsanteil einzuziehen.

Der Gesellschaftsvertrag enthielt die Regelung, dass die Gesellschafter die Einziehung eines Gesellschaftsanteils auch gegen den Willen des betroffenen Gesellschafters beschließen können, wenn in der Person des betroffenen Gesellschafters ein wichtiger Grund vorliegt, der seinen Ausschluss aus der Gesellschaft rechtfertigt. Ein derartiger wichtiger Grund soll dann vorliegen, wenn ein weiteres Verbleiben des betroffenen Gesellschafters in der Gesellschaft für diese untragbar ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes erfordert die Ausschließung eines Gesellschafters und die Einziehung von dessen Geschäftsanteilen eine umfassende Prüfung aller Umstände des Einzelfalls und eine Gesamtabwägung der beteiligten Interessen und des Verhaltens auch der übrigen Gesellschafter.

Ein wichtiger Grund zum Ausschluss eines Gesellschafters aufgrund eines tiefgreifenden Zerwürfnisses der Gesellschafter untereinander setze darüberhinaus voraus, dass das Zerwürfnis von dem betroffenen Gesellschafter zumindest überwiegend verursacht worden ist. Auch dürfen in der Person der die Ausschließung betreibenden übrigen Gesellschafter keine Umstände vorliegen, welche deren eigene Ausschließung oder die Auflösung der Gesellschaft rechtfertigen würden.

Diese Voraussetzung hat der Bundesgerichtshof vorliegend angenommen. Kein wichtiger Grund für die Ausschließung aus der Gesellschaft sei allerdings das Scheitern der Lebensgemeinschaft mit der Mitgesellschafterin an sich. Dieses sei nur insoweit von Bedeutung, als der betroffene Gesellschafter die Streitigkeit mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin in die Gesellschaft hineingetragen habe.

Die Praxisempfehlung

  1. Schaffen Sie bereits bei der Gründung einer Gesellschaft in der Satzung der Gesellschaft klare Regelungen zur Lösung von Konflikten im Gesellschafterkreis. Dieses gilt insbesondere bei einer GmbH, in der die Gesellschafter selber aktiv tätig sind und gilt umso mehr, wenn eine enge persönliche Beziehung zwischen einzelnen Gesellschaftern besteht.
     
  2. Lassen Sie sich im Konfliktfall möglichst bald anwaltlich beraten, um eine Lösung des Konfliktes zu finden. Ansonsten ist die Gefahr groß, dass der Konflikt im Gesellschafterkreis sich zu einer Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz der Gesellschaft ausweitet.


Wir bieten durch unsere Wirtschaftsmediation den Weg zu einer außergerichtlichen Konfliktlösung. Mithilfe der Wirtschaftsmediation können im Konfliktfall Lösungen erarbeitet werden, so dass die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft nicht weiter bedroht ist. Stellt sich bei der Mediation heraus, dass es keine gemeinsame Zukunft mehr geben kann, so gelingt es bei der Wirtschaftsmediation regelmäßig zumindest, die Regeln für eine einvernehmliche Trennung der Gesellschafter zu erarbeiten. Sprechen Sie uns an – Frau Rechtsanwältin Beate Puplick ist ausgebildete Wirtschaftsmediatorin und hat in den vergangenen Jahren mehrfach erfolgreich bei der Beilegung von Gesellschafterstreitigkeiten als Mediatorin mitgewirkt.


Wir stehen Ihnen gerne jederzeit beratend zur Verfügung. Sprechen Sie uns an!

Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Beate Puplick, Fachanwältin für Arbeitsrecht
Dr. Thorsten Olav Lau, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

 

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