01 Oktober

Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen durch ein Betriebsratsmitglied

Das Praxisproblem

Betrieblichen Datenschutzfragen kommt eine immer größere Bedeutung zu. Besondere Problemstellungen ergeben sich auch im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Betriebsrats.

Dieser besitzt zum einen ein gesetzliches Überwachungs- und Auskunftsrecht, hat andererseits jedoch ebenfalls Datenschutzbestimmungen zu beachten. Wie brisant dieser Praxisproblem ist, zeigt, dass dem Bundesarbeitsgericht (BAG) derzeit die Frage vorliegt, ob das in § 80 Abs. 2 S. 2 BetrVG ausdrücklich gesetzlich vorgesehene Einsichtnahmerecht des Betriebsratsausschusses in Gehaltslisten gegen das Datenschutzrecht verstößt.

Bereits jetzt ist der Auskunftsanspruch des Betriebsrats sehr umfassend. Der Arbeitgeber ist beispielsweise verpflichtet, dem Betriebsrat die Namen der vom betrieblichen Eingliederungsmanagement Betroffenen zu übermitteln. Der Arbeitgeber ist nicht befugt, sich gegenüber dem Überwachungsrecht des Betriebsrats auf Grundrechte von Arbeitnehmern zu berufen und die Datenweitergabe zu verweigern (so BAG, Urteil vom 07.02.2012, Az. 1 ABR 46/10).

Der Betriebsrat ist verpflichtet, über die Einhaltung des Bundesdatenschutzgesetzes zu wachen und die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer zu schützen. Die ihm hierfür zustehenden umfassenden Auskunftsansprüche dürfen jedoch nicht zu unberechtigten Zugriffen auf Arbeitnehmerdaten führen. Der Betriebsrat darf sich die für seine Arbeit benötigten Informationen also nicht selbst beschaffen.

In der Praxis stellt sich damit die Frage, welche Möglichkeiten der Arbeitgeber bei unberechtigten Zugriffen eines Betriebsratsmitglieds auf Arbeitnehmerdaten hat.

Die Entscheidungen

Eine in der Ausübung des Amtes begangene Verletzung von Datenschutzbestimmungen kann zum Ausschluss aus dem Betriebsrat führen. Dies hat das LAG Berlin-Brandenburg für den Fall unerlaubter Zugriffe eines Betriebsratsmitglieds auf das elektronische Personalinformationssystem des Arbeitgebers erkannt (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11.12.2012, Az. 17 Ta BV 1318/12). In dem dort entschiedenen Fall hatte das Betriebsratsmitglied unberechtigt Zugriff auf personenbezogene Arbeitnehmerdaten genommen, um jeweils einem Informationsbedürfnis des Betriebsrats zu entsprechen.

Der Arbeitgeber hatte neben dem Ausschluss aus dem Betriebsrat auch die Zustimmung zu der fristlosen Kündigung des Betriebsratsmitgliedes verlangt. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hat nur dem Antrag des Arbeitgebers auf Ausschluss des Arbeitnehmers aus dem Betriebsrat stattgegeben, nicht jedoch auf Zustimmung zur fristlosen Kündigung. Diesen Antrag hat das LAG zurückgewiesen, da die Zugriffe auf das Personalinformationssystem allein aufgrund und zum Zwecke der Betriebsratstätigkeit erfolgt seien. Das Verhalten rechtfertige keine sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses.

In einem aktuellen Verfahren vor dem Arbeitsgericht Wesel (Az. 6 BV 22/13) streiten die Parteien ebenfalls darüber, ob der Betriebsrat einer fristlosen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds zustimmen muss. Das Betriebsratsmitglied ist als Systemadministrator seit sechs Jahren bei dem Arbeitgeber beschäftigt und seit knapp einem halben Jahr als Betriebsrat gewählt.

Der Arbeitgeber wirft dem Arbeitnehmer vor, gezielt und unter Ausnutzung seiner Administratorenrechte aus den persönlichen Ordnern der Geschäftsführung und anderer Führungskräfte und Mitarbeiter in Schlüsselpositionen, Dateien kopiert zu haben.

Dabei habe es sich um nicht autorisierte Zugriffe gehandelt, weswegen der Arbeitnehmer gegen die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes verstoßen habe. Der Arbeitgeber hält das für eine weitere Zusammenarbeit erforderliche Vertrauen für unwiederbringlich zerrüttet.  Die Position eines Administrators erfordere ein hohes Maß an Integrität und Vertraulichkeit, welches nicht mehr vorhanden sei. Der Betriebsrat hingegen hält die Gründe für vorgeschoben und trägt vor, der Arbeitnehmer habe die Dateien innerhalb seiner normalen Tätigkeit als Systemadministrator bearbeitet. Der Betriebsrat unterstellt, der Arbeitgeber wolle ledigliche einen unbequemen Mitarbeiter loswerden.

Eine gütliche Einigung konnte bisher nicht erzielt werden, das streitige Verfahren wird fortgesetzt. Wie das Arbeitsgericht Wesel und gegebenenfalls die nachfolgenden Instanzen entscheiden werden, bleibt abzuwarten. Es spricht jedenfalls vieles dafür, dass der Arbeitnehmer nicht im Rahmen seiner "normalen" Tätigkeit als Systemadministrator gehandelt hat.

Die Praxisempfehlung

  1. Sollen arbeitsrechtliche Maßnahmen auf Verstöße gegen Datenschutzbestimmungen gestützt werden, sollte aufgrund der sehr komplexen Rechtslage vorab unbedingt anwaltlicher Rat eingeholt werden
     
  2. Prüfen Sie, ob Datenschutzbestimmungen bei der Ausübung der Betriebsratstätigkeit eingehalten sind. Prüfen Sie auch, ob Sie gesetzlich dazu verpflichtet sind, einen Datenschutzbeauftragten für Ihr Unternehmen zu bestellen. Diese Pflicht besteht nach § 4f Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz bereits dann, wenn in einem Betrieb ständig mehr als 9 Personen mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten befasst sind. Unter Umständen kann auch unabhängig von der Anzahl der eingesetzten Mitarbeiter eine Pflicht zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten bestehen. Lassen Sie sich in Zweifelsfällen besser anwaltlich beraten.

Unser Team Arbeit und Recht steht Ihnen jederzeit beratend zur Verfügung.
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Beate Puplick, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Fachanwältin für Familienrecht, Wirtschaftsmediatorin
Cordula Zimmermann, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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