10 Juli

Vererbbarkeit des Anspruchs auf Abgeltung des Jahresurlaubes bei Tod des Arbeitnehmers

EuGH, Urteil vom 12.06.2014, Az. C-118/13

Erlischt der Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub mit dem Tod des Arbeitnehmers oder können dessen Erben die Abgeltung des Urlaubsanspruches verlangen?

Das Praxisproblem

Auch dann, wenn ein Arbeitnehmer langfristig krankgeschrieben ist, erwirbt er fortlaufend neue Urlaubsansprüche. Der Europäische Gerichtshof hatte bereits in der Vergangenheit (EuGH, Urteil vom 20.01.2009, Az. C-350/06) entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der aufgrund von Krankschreibungen bis zu der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht alle aufgelaufenen Urlaubstage nehmen konnte, die Abgeltung der nicht genommenen Urlaubstage verlangen kann.

Bisher noch nicht entschieden war allerdings die Frage, ob dieser Abgeltungsanspruch auch vererblich ist. Wie also ist zu entscheiden, wenn das Arbeitsverhältnis wegen des Todes des Arbeitnehmers endet und bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch restliche Urlaubsansprüche bestehen?

Die Entscheidung

Dem Europäischen Gerichtshof lag jetzt ein Sachverhalt zur Vorabentscheidung vor, bei dem die Witwe eines Arbeitnehmers den ehemaligen Arbeitgeber auf die Zahlung von Urlaubsabgeltung in Anspruch nahm. Der Arbeitnehmer war von 2009 an bis zu seinem Tod Ende des Jahres 2010 mit kurzen Unterbrechungen krankgeschrieben gewesen. Zum Zeitpunkt des Todes des Arbeitnehmers waren über 140 Urlaubstage aufgelaufen.

Das Ausgangsgericht hatte die Klage der Witwe in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes abgewiesen. Das BAG hat bisher in ständiger Rechtsprechung angenommen, dass der Urlaubsanspruch des Erblassers mit dessen Tod untergeht und sich nicht in einen Abgeltungsanspruch umwandeln lässt.

Der Sachverhalt lag dann im Berufungsverfahren dem Landesarbeitsgericht Hamm zur Entscheidung vor. Das LAG Hamm sah die bisherige Rechtsprechung des BAG im Widerspruch zu § 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG vom 04.11.2003. Es legte daher die Rechtsfrage, ob der Anspruch auf bezahlten Mindestjahresurlaub beim Tod des Arbeitnehmers in seiner Gesamtheit untergeht dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.

Im Detail wollte das LAG Hamm geklärt wissen, ob neben dem nicht mehr zu verwirklichenden Anspruch auf Freistellung von der Arbeitspflicht auch der Anspruch auf Zahlung des Urlaubsentgeltes untergeht.

Der EuGH hat dieses verneint und festgestellt, dass der Anspruch auf die Abgeltung von nicht genommenen Urlaub vererblich ist.

Zur Begründung hat der EuGH darauf verwiesen, dass der Anspruch von Arbeitnehmern auf bezahlten Jahresurlaub von mindestens 20 Arbeitstagen ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechtes sei und auch den Anspruch auf Bezahlung mit umfasse. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers dürfe nicht zum vollständigen Verlust des Anspruches führen.

Die Praxisempfehlung

Bei Unternehmen, die bilanzieren sind auch bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers Urlaubsrückstellungen zu passivieren, sofern zum Zeitpunkt des Todes des Arbeitnehmers noch Urlaubsansprüche bestanden haben.


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Beate Puplick, Fachanwältin für Arbeitsrecht
Cordula Zimmermann, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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