17 April

Bierlieferungsvertrag: Unangemessene Benachteiligung des Gastwirts?

LG Mönchengladbach, Urteil vom 22.01.2014 – 11 O 176/13

Welche Anforderungen sind an die Formulierung von Bier- und Getränkelieferungsverträgen in Hinblick auf ihre zeitliche Begrenzung zu stellen?

 

Gastronomie und Brauerei – Branche im Fokus. Das nachfolgende Verfahren haben wir als Rechtsanwaltskanzlei Dr. Puplick & Partner für unsere Mandanten erfolgreich führen können.

 

Das Praxisproblem:

Häufig binden sich Gastwirt und Getränkelieferant oder Brauerei vertraglich über einen längeren Zeitraum zum Bezug von Getränken. Hintergrund ist, dass die Brauerei ein hohes Interesse hat, einen Abnehmer langfristig an sich zu binden. Hierfür erhält der Gastwirt in vielen Fällen ein Darlehen unter anderem zur Finanzierung von Einrichtungsgegenständen, welches mit dem Alleinbelieferungsrecht des Getränkelieferanten und häufig mit einer Mindestbezugsmenge verbunden wird. Vorteilhaft für den Gastwirt ist, dass Zins und Tilgung des Darlehens oftmals durch den Bierbezug und die Anrechnung der Rückvergütung erfolgen. Aber auch Mischformen wie quotale Tilgung durch Rückzahlung und durch Bierbezug sind denkbar.

Bei erheblichen Darlehensbeträgen verlangen viele Getränkelieferanten zur Absicherung weitere Sicherheiten, wie die Eintragung einer Sicherungsgrundschuld auf dem Gaststättengrundstück.

Kommt es dann zu einem Minderbezug stellt sich schnell die Frage nach Schadenersatz und tatsächlicher rechtlicher Wirksamkeit der vertraglichen Vereinbarung.

 

Die Entscheidung:

Die Beklagte, eine Getränkefachgroßhandlung gewährte den Klägern ein zinsloses Darlehen über 125.000 DM. Dieses sollte in Höhe von 37.500,00 DM durch Gutschriften für von den Klägern bezogenes Fassbier und im Übrigen durch Zahlung von monatlich 730,00 DM getilgt werden. Zudem verpflichteten sich die Kläger in dem schriftlichen Darlehensvertrag, Biere und sonstige Getränke ausschließlich bei der Beklagten zu beziehen und zwar

Ja„(…) für die Dauer von 10 Jahren, beginnend ab dem 01.08.2001, mindestens jedoch bis zur Abnahme von 1.500 HL Faßbier (…)“.

Wegen nur schleppender Getränkeabnahme kündigt die Beklagte den Bezugsvertrag und geht wegen eines angeblichen Schadenersatzanspruches im Wege der Zwangsvollstreckung aus der Sicherungsgrundschuld gegen die Kläger vor. Diese erheben Vollstreckungsgegenklage. Mit Erfolg, wie das LG Mönchengladbach am 22.01.2014 entschieden hat.

Das Gericht sieht in der obigen, von der Getränkefachgroßhandlung vorgegebenen Vertragsklausel, bereits eine unangemessene Benachteiligung der Kläger. Da der Vertrag keine (jährliche) Mindestbezugsmenge vorsieht, die Bindungsfrist aber an den Bezug geknüpft ist, wäre die Bindung zeitlich unbegrenzt und damit für die klagende Vertragspartei stark benachteiligend.

Soweit eine weitere Vertragsklausel formulierte, dass das gewährte Darlehen bei einer Unterschreitung der jährlich „erwarteten“ Umsätze in Fassbier von 150 HL um mehr als 20% gekündigt werden kann, so reicht dies allein nicht aus, um einen Schadenersatzanspruch der Beklagten nach Kündigung zu begründen. Denn auch hieraus kann auf keine „Mindestbezugsmenge“ geschlossen werden, so dass die Kläger nicht verpflichtet waren, die nicht abgenommene Biermenge im Wege des Schadenersatzes auszugleichen.

 

Die Praxisempfehlung:

Auch bei der Formulierung von Bierlieferverträgen kommt es auf den genauen Wortlaut an. Es existiert eine Vielzahl von Vertragsmustern, die aber nicht zwingend zum gewünschten wirtschaftlichen Erfolg führen. Insbesondere „weite Formulierungen“ können schnell zu einer Unwirksamkeit des ganzen Vertrages führen.

Eine abschließende obergerichtliche Rechtsprechung zu der Vielzahl von möglichen Vertragsklauseln gibt es noch nicht. Grundsätzlich sollten jedoch mindestens folgende Punkte beachtet werden:

  • eindeutige Begrenzung der maximalen Vertragslaufzeit (nicht mehr als 10 Jahre)
     
  • eindeutige jährliche Mindestbezugsmenge
     
  • eindeutige Gesamtbezugsmenge
     
  • klare Regelung für den Fall des jährlichen Minderbezugs

Wir stehen Ihnen gerne jederzeit beratend zur Verfügung. Sprechen Sie uns an!

Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Beate Puplick, Fachanwältin für Arbeitsrecht
Dr. Thorsten Olav Lau, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

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