BGH Urteil vom Urteil vom 10.04.2024, Az. VIII ZR 161/23
Das Praxisproblem
Was ist passiert? Der private Verkäufer eines Mercedes 380SL mit Erstzulassung Juli 1981 und einer Laufleistung von rund 150.000 km verkaufte im März 2021 sein Fahrzeug über eine Online-Plattform. Das Fahrzeug bewarb er dabei wie folgt: „Die Klimaanlage funktioniert einwandfrei.“.
Weiter hieß es dann in der Verkaufsanzeige aber auch: „Der Verkauf erfolgt unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung.“. Diese Vereinbarung wurde dann auch in dem schriftlich geschlossenen Kaufvertrag aufgenommen.
Es kam natürlich, wie es kommen musste, die Klimaanlage des Fahrzeuges war defekt. Dieses wurde von dem Käufer im Mai 2021 beanstandet. Der Käufer forderte den Verkäufer dazu auf, die Kosten für die Mangelbeseitigung zu übernehmen. Der Verkäufer weigerte sich.
Nachdem der Käufer die Klimaanlage hatte reparieren lassen – der Klimakompressor war kaputt –, verlangte er von dem Verkäufer Ersatz der Reparaturkosten in Höhe von rund 1.750,00 €.
Nachdem sich der Verkäufer weiterhin weigerte die Kosten zu übernehmen, erhob der Käufer Klage. Der Käufer scheiterte mit seiner Klage sowohl vor dem AG Wetzlar in der 1. Instanz als auch dem LG Limburg a.d. Lahn in der 2. Instanz.
Die Entscheidung
Amts- und Landgericht argumentierten, dem vom Käufer geltend gemachten Schadensersatzanspruch stünde der umfassende Ausschluss der Gewährleistung gegenüber. Dieser Gewährleistungsausschluss würde sich auch auf den Mangel an der Klimaanlage erstrecken.
Das LG Limburg a.d. Lahn als Berufungsgericht setzte sich in seinem Urteil mit einer Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2006 (Urteil vom 29.11.2006, Az. VIII ZR 92/06) auseinander. Der BGH hatte im Jahr 2006 beurteilt, dass bei dem aufeinandertreffen einer Beschaffenheitsvereinbarung (beispielsweise: „Der Motor funktioniert einwandfrei.“) und einem Gewährleistungsausschluss (beispielsweise: „Gekauft wie besehen unter Ausschluss der Gewährleistung.“) der Gewährleistungsausschluss nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit gilt.
Von dem Berufungsgericht wurde – durchaus nachvollziehbar – argumentiert, bei einem rund 40 Jahre alten Fahrzeug sei auch dann, wenn es sich um ein hochwertiges und sehr gepflegtes Fahrzeug handelt, immer damit zu rechnen, dass einzelne Teile des Fahrzeuges schon alleine aufgrund der gebrauchsunabhängigen Alterung der Bauteile defekt sein können. Es sei stets mit dem Auftreten von Instandsetzungsbedarf zu rechnen.
Der Käufer habe nach Auffassung des Berufungsgerichtes in Anbetracht des Gewährleistungsausschlusses nicht damit rechnen können und dürfen, dass die Klimaanlage „einwandfrei funktioniert“. Zu berücksichtigen sei auch, dass die technische Lebensdauer der Klimaanlage weit überschritten sei.
Da das Landgericht mit dieser Entscheidung von dem Urteil des BGH aus dem Jahr 2006 abgewichen ist, hat es die normalerweise nicht mögliche Revision zum BGH zugelassen.
Der BGH hat in seinem Urteil vom 10.04.2024 (Az. VIII ZR 161/23) den Sachverhalt anders beurteilt und hat entschieden, dass sich der Verkäufer nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen kann. Der BGH hat – wohl richtigerweise – argumentiert, dass ein Vorrang des Gewährleistungsausschlusses vor der Beschaffenheitsvereinbarung dazu führen würde, dass die Beschaffenheitsvereinbarung außer in den Fällen einer arglistigen Handelns des Verkäufers ohne jeglichen Wert wäre.
Unerheblich ist es nach Auffassung des BGH, dass sich die Beschaffenheitsvereinbarung auf ein Verschleißteil des Fahrzeuges bezogen habe.
Exkurs: Der jetzt vom BGH entschiedene Sachverhalt betraf den Verkauf eines Fahrzeuges durch einen privaten Verkäufer. Hätte ein Unternehmer das gebrauchte Fahrzeug verkauft, hätte die Haftung für Mängel des Fahrzeuges von vorneherein nicht ausgeschlossen werden können.
Die Praxisempfehlung
Beim Verkauf von gebrauchten Fahrzeugen und insbesondere auch beim Verkauf von Oldtimern, sollte immer darauf geachtet werden, das Fahrzeug nicht zu „euphorisch“ zu bewerben.
Mit der Aussage, dass einzelne Bauteile des Fahrzeuges „einwandfrei funktionieren“ oder „in Ordnung“ sind, sollte sehr vorsichtig umgegangen werden. Wie die Entscheidung des BGH exemplarisch zeigt, besteht ansonsten die Gefahr, dass der Verkäufer trotz eines vereinbarten Gewährleistungsausschlusses für Mängel des Fahrzeuges haftet.
Besser ist es, lediglich aufzuführen, wie das Fahrzeug ausgestattet ist und nichts über die Funktionsfähigkeit der Ausstattung zu sagen. Wichtig ist, dass dann, wenn positiv bekannt ist, dass einzelne Bauteile des Fahrzeuges, beispielsweise die Klimaanlage, nicht funktionieren, dieses in der Anzeige und auch in dem Kaufvertrag ausdrücklich aufgeführt wird (“Klimaanlage defekt“). Geschieht dieses nicht, setzt sich der Verkäufer dem Vorwurf eines arglistigen Verhaltens aus und haftet eventuell doch für Mängel des Fahrzeuges. Bei einem arglistigen Verschweigen eines Mangels ist ein Gewährleistungsausschluss unwirksam.
Auch bei Fragen im Zusammenhang mit dem Kauf- und Verkauf von Kraftfahrzeugen beraten wir Sie gerne – sprechen Sie uns an!