Welche Anforderungen an die Wahl des Versammlungsortes gibt es bei der Gesellschafterversammlung einer GmbH? Adobestock von Jürgen Hüls
13 Juni

Welche Anforderungen an die Wahl des Versammlungsortes gibt es bei der Gesellschafterversammlung einer GmbH?

OLG München, Urteil vom 22.03.2023, Az. 7 U 1995/21

Das Praxisproblem

Bei zerstrittenen GmbH-Gesellschaftern kann selbst die Wahl des Versammlungsortes der Gesellschafterversammlung zu weiteren Streitigkeiten führen.

Wir zeigen anhand einer Entscheidung des OLG München vom 22.03.2023 auf, welche Anforderungen an die Wahl des Versammlungsortes bei der Gesellschafterversammlung einer GmbH bestehen.

 

Die Entscheidung

Dem Urteil des OLG München vom 22.03.2023 (Az. 7 U 1995/21) lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Geschäftsführung einer GmbH mit Satzungssitz in München hatte zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung in den Räumen einer Anwaltskanzlei in Frankfurt am Main eingeladen. Hierbei handelte es sich um die Rechtsanwaltskanzlei des Vaters der mit dem Kläger zerstrittenen Mitgesellschafterin des Klägers.

Die Satzung der Gesellschaft enthält Formvorschriften zur Einberufung und Beschlussfähigkeit der Gesellschafterversammlung, nicht aber zum Ort der Gesellschafterversammlung.

In der Gesellschafterversammlung sollten Beschlüsse unter anderem zur Abberufung des Klägers als Geschäftsführer, sein Ausschluss als Gesellschafter aus wichtigem Grund sowie zur Geltendmachung von Schadensersatzforderungen gegen den Kläger gefasst werden.

Der Kläger rügte im Vorfeld der Gesellschafterversammlung unter anderem die fehlerhafte Wahl des Versammlungsortes und ließ sich bei der Gesellschafterversammlung dann anwaltlich vertreten. Der Vertreter des Klägers hielt die vor der Gesellschafterversammlung erhobenen Rügen aufrecht. Die Beschlüsse wurden dann auf der Versammlung wie angekündigt gefasst.

Das Oberlandesgericht München bestätigte die Entscheidung der 1. Instanz und erklärte die in der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse für nichtig.

Von dem OLG wurde ausgeführt, dass dann, wenn in der Satzung keine Regelung zum Ort der Gesellschafterversammlung enthalten ist, in Analogie zu § 121 Abs. 5 S. 1 AktG die Versammlung grundsätzlich am Ort des Gesellschaftssitzes stattzufinden hat, also in München. Ein Anlass von dieser Regelung abzusehen, sei nicht ersichtlich.

Ein Grund für einen vom Gesellschaftssitzes abweichenden Versammlungsort sei etwa, dass der gewählte Versammlungsort für alle Gesellschafter, also nicht nur für einzelne Gesellschafter, leichter erreichbar ist. Auch kann, wenn am Sitz der Gesellschaft kein geeigneter Versammlungsort vorhanden ist, die Gesellschafterversammlung an einem anderen Ort stattfinden.

Das OLG hat darauf hingewiesen, dass es für einen Gesellschafter unzumutbar ist, wenn eine Gesellschafterversammlung, auf der unter anderem seine Abberufung als Geschäftsführer und sein Ausschluss aus der Gesellschaft aus wichtigem Grund beschlossen werden soll, in den Räumlichkeiten der mit ihm zerstrittenen Mitgesellschafter stattfindet.

Als unerheblich hat es das OLG München angesehen, dass auch bei der Wahl eines ordnungsgemäßen Versammlungsortes aller Voraussicht nach identische Beschlüsse gefasst worden wären. Für die Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen genügt die Relevanz des Fehlers für das Mitwirkungs- oder Partizipationsrecht des Gesellschafters entsprechend § 243 Abs. 4 AktG. Für das Teilhaberecht eines Gesellschafters ist der Versammlungsort von grundsätzlicher Bedeutung. Dieses habe sich auch vorliegend gezeigt. Der Kläger hat sich auf der Gesellschafterversammlung vertreten lassen. Hierzu hat das Oberlandesgericht festgestellt, dass die Vertretung einer persönlichen Teilnahme des Gesellschafters nicht gleichwertig ist, wenn eine persönliche Teilnahme gewünscht ist.

 

Der Praxishinweis

  1. Für die Ausübung des Teilhaberechts ist der Versammlungsort von besonderer Bedeutung, dies gilt auch dann, wenn die Satzung eine Regelung zum Versammlungsort nicht enthält.
  2. Der Einwand, dass sich Gesellschafter auch durch Dritte vertreten lassen können, greift nicht: Eine Vertretung in einer Gesellschafterversammlung ist der persönlichen Teilnahme nicht gleichwertig, zumindest dann nicht, wenn der Gesellschafter die persönliche Teilnahme wünscht.
  3. Auch muss die Teilnahme an dem konkreten Versammlungsort dem Gesellschafter zumutbar sein – im konkreten Fall hat das OLG darauf hingewiesen, dass es einem Gesellschafter nicht zumutbar ist, an einer Gesellschafterversammlung in Räumlichkeiten der mit ihm zerstrittenen Mitgesellschafter teilzunehmen.

 

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