Unter welchen Voraussetzungen kann der Anstellungsvertrag eines GmbH-Geschäftsführers aus wichtigem Grund gekündigt werden? Adobestock von johannesspreter
13 Juni

Unter welchen Voraussetzungen kann der Anstellungsvertrag eines GmbH-Geschäftsführers aus wichtigem Grund gekündigt werden?

OLG München, Urteil vom 22.03.2023, Az. 7 U 723/22

Das Praxisproblem

Der Geschäftsführer einer GmbH kann von der Gesellschafterversammlung jederzeit abberufen werden, also die Organstellung des Geschäftsführers beendet werden.

Zwischen der GmbH und dem Geschäftsführer besteht allerdings neben der Organstellung auch der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag. Dieser kann ordentlich unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfristen oder aber bei einem Fehlverhalten des Geschäftsführers auch aus wichtigem Grund, außerordentlich gekündigt werden.

Das OLG München hat sich mit den Voraussetzungen befasst, unter denen ein Geschäftsführerdienstvertrag außerordentlich gekündigt werden kann.

 

Die Entscheidung

Der Entscheidung des OLG München vom 22.03.2023 (Az. 7 U 723/22) lag ein Sachverhalt zugrunde, bei dem der Geschäftsführer einer GmbH ohne Absprache mit seiner Mitgeschäftsführerin einen Betrag i.H.v. 240.000,00 € von einem Konto der Gesellschaft auf sein Privatkonto überwiesen hatte.

Der Kläger war zugleich auch Gesellschafter. Er war ursprünglich Alleingesellschafter und hatte später 50 % der Geschäftsanteile der Gesellschaft an seine heutige Mitgesellschafterin verkauft und übertragen. Der vereinbarte Kaufpreis für die Geschäftsanteile war nie geflossen. Die heutige Mitgesellschafterin war in der beim Handelsregister hinterlegten Gesellschafterliste als Gesellschafterin eingetragen.

Im Zuge der Übertragung der Geschäftsanteile an die heutige Mitgesellschafterin war auch eine weitere Geschäftsführerin bestellt worden. Durch Gesellschafterbeschluss war festgelegt worden, dass zwar beide Geschäftsführer im Außenverhältnis alleinvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sind, im Innenverhältnis aber jeder Geschäftsführer vor Geschäftsführungsmaßnahmen die Zustimmung des jeweils anderen Geschäftsführers einholen muss.

Nach dem von der weiteren Geschäftsführerin und den Gesellschaftern die Überweisung bemerkt worden ist, ist es zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung gekommen. Bei dieser außerordentlichen Gesellschafterversammlung ist der Beschluss gefasst worden, den Anstellungsvertrag des Geschäftsführers mit der Gesellschaft außerordentlich zu kündigen. Die Kündigung ist dem Geschäftsführer dann von der weiteren Geschäftsführerin der Gesellschaft schriftlich ausgehändigt worden.

Bereits vor der außerordentlichen Gesellschafterversammlung hat der Kläger den Rücktritt von dem mit seiner heutigen Mitgesellschafterin geschlossenen Kaufvertrag erklärt, weil der Kaufpreis nicht gezahlt worden ist.

Der Geschäftsführer klagte gegen die Kündigung. Er hat hiergegen u.a. folgendes vorgebracht:

 

1.

Die Abstimmung sei bereits nicht wirksam gewesen, da er zwischenzeitlich den Rücktritt von dem mit der Mitgesellschafterin geschlossenen Kaufvertrag erklärt habe, weil diese den vereinbarten Kaufpreis nicht gezahlt habe. Mit dieser Auffassung ist der Kläger nicht durchgedrungen. Das Oberlandesgericht hat darauf verwiesen, dass die Mitgesellschafterin in der beim Handelsregister hinterlegten Liste der Gesellschafter als Gesellschafterin eingetragen ist. Alleine dieses sei entscheidend (sog. Legitimationswirkung der Gesellschafterliste, § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG).

2.

Es läge kein Grund für eine außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages vor. Hintergrund der Überweisung sei gewesen, dass er für die Gesellschaft im Rahmen eines Bauprozesses Vergleichsgespräche geführt habe. Diese hätten unmittelbar vor einem Abschluss gestanden. Die Vergleichssumme von 240.000,00 € habe dann unmittelbar gezahlt werden müssen. Er habe jedoch aufgrund von Streitigkeiten mit der Mitgesellschafterin befürchten müssen, dass ihm die Befugnis zur Vornahme von Zahlungen in dieser Höhe entzogen wird.

Auch mit dieser Auffassung ist der Kläger nicht durchgedrungen. Das Gericht hat darauf abgestellt, dass ein eindeutiger Verstoß gegen den Beschluss der Gesellschafterversammlung vorgelegen hat, nach dem vor der Durchführung von Geschäftsführungsmaßnahmen die Zustimmung der Mitgeschäftsführerin notwendig ist.

Ein wichtiger Grund für die Kündigung des Anstellungsverhältnisses eines GmbH-Geschäftsführers liegt dann vor, wenn eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zu einem ordentlichen Ablauf unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile dem Kündigenden nicht zugemutet werden kann. Die Überweisung des Geldbetrages hat das Gericht als so schwerwiegenden Vertrauensverstoß angesehen, dass es die außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages für gerechtfertigt hielt.

Den Einwand des Klägers, er habe den Betrag von 240.000,00 € lediglich treuhänderisch an sich überwiesen, hat das Gericht als nicht glaubwürdig eingestuft. Selbst wenn man den Vortrag des Klägers für glaubwürdig hält, würde sich aber keine andere Wertung ergeben. Es bestand keine Notwendigkeit dafür, die Zahlung eines Vergleichsbetrages für die Gesellschaft über ein Privatkonto des Klägers abzuwickeln. Da es sich um eine zu bedienende Verbindlichkeit der Gesellschaft gehandelt hätte, wäre auch alleine diese verpflichtet.

3.

Von den Klägers weiter geltend gemacht, es habe vor Ausspruch der Kündigung eine Abmahnung bedurft, da er bereits seit 1990 Geschäftsführer gewesen sei, dieses folge aus § 314 Abs. 2 S. 1 BGB.

Auch diesen Einwand hat das OLG München zurückgewiesen. Es hat sich hierzu auf die Rechtsprechung des BGH berufen, nach der ein Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft Arbeitgeberfunktionen wahrzunehmen hat und wegen dieser Funktionszuweisung grundsätzlich keine Abmahnung erforderlich ist (Hinweis auf BGH, Beschluss vom 02.07.2007, Az. II ZR 71/06). Weiter hat das OLG ausgeführt, dass auch dann, wenn man davon ausgeht, dass grundsätzlich auch vor der Kündigung des Anstellungsvertrages eines GmbH-Geschäftsführers eine Abmahnung erforderlich ist, diese vorliegend gemäß § 314 Abs. 2 S. 3 BGB im Einzelfall nicht erforderlich ist, weil vorliegend der Vertrauensbereich betroffen ist.

4.

Abschließend hat der Kläger noch geltend gemacht, die Form der Kündigung sei nicht eingehalten gewesen. Entsprechend seines Anstellungsvertrages habe das Kündigungsschreiben per eingeschriebenen Brief übermittelt werden müssen, hier sei ihm das Kündigungsschreiben aber von der Mitgeschäftsführerin persönlich übergeben worden.

Dieser Einwand ist von dem OLG ebenfalls verworfen worden. Das OLG hat ausgeführt, dass die Klausel „mit eingeschriebenem Brief“ lediglich bedeutet, dass die Schriftform der Kündigung konstitutiv ist. Die Kündigung muss also zwingend schriftlich erfolgen.

Bei der Regelung, wonach die Kündigung als Einschreiben versendet werden muss, handele es sich aber lediglich um eine Regelung, über die der Zugang der Kündigung gesichert werden soll, der Zugang kann mithin auch anders nachgewiesen werden. Im vorliegenden Fall war es unstreitig, dass die Kündigung von der Mitgeschäftsführerin übergeben worden ist. Dieses hat das OLG als ausreichend für die Einhaltung der Form angesehen.

 

Der Praxishinweis

Wenn die Gesellschafter einer GmbH den Anstellungsvertrag mit einem Geschäftsführer außerordentlich und fristlos beenden wollen, sollte unverzüglich ein auf die Bereiche Handels- und Gesellschaftsrecht und Dienstvertragsrecht spezialisierter Rechtsanwalt hinzugezogen werden. Für die Kündigung müssen eine Vielzahl von Punkten geprüft und abgewogen werden. Die Kündigung ist zudem fristgebunden, es gilt eine Zweiwochenfrist.

Die Entscheidung des OLG München gibt der Geschäftsführung / den Gesellschaftern Anlass zur Prüfung folgender Fragen:

  1. Ist die Gesellschafterliste Ihrer GmbH aktuell?
  2. Ist die GmbH in dem Transparenzregister eingetragen?
  3. Sind die Rechte und Pflichten der Geschäftsführung in der Satzung oder in einer Geschäftsordnung geregelt und wie ist der Geschäftsführerdienstvertrag ausgestaltet?

 

Gerne beraten wir Sie, bitte sprechen Sie uns an.

 

Gelesen 922 mal

Wir brauchen Ihre Zustimmung!

Diese Webseite verwendet Google Maps um Kartenmaterial einzubinden. Bitte beachten Sie, dass hierbei Ihre persönlichen Daten erfasst und gesammelt werden können.
Um die Google Maps Karte zu sehen stimmen Sie bitte zu, dass diese vom Google-Server geladen wird. Weitere Informationen finden sie HIER