Kann ein Unternehmer, der einzelne Gewerke für den Neubau eines Privatmannes erbringt, eine Bauhandwerkersicherung verlangen? Adobestock von MQ-Illustrations
26 April

Kann ein Unternehmer, der einzelne Gewerke für den Neubau eines Privatmannes erbringt, eine Bauhandwerkersicherung verlangen?

BGH, Urteil vom 16.03.2023, Az. VII ZR 94/22

Das Praxisproblem

Bauhandwerker, die Leistungen für Privatleute erbringen, stehen regelmäßig vor dem Dilemma, dass sie zur Vorleistung verpflichtet sind.

Sie müssen also ihr Leistungen erbringen und können erst anschließend mit ihren Auftraggebern abrechnen.

Zur Absicherung der Bauhandwerker hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass diese von ihrem Auftraggeber eine Bauhandwerkersicherung verlangen können (§ 650f BGB). Diese wird auch als das „scharfe Schwert“ des Bauhandwerkers bezeichnet. Diese Vorschrift hat allerdings ihre Tücken, wie eine ganz aktuelle Entscheidung des BGH vom 16.03.2023 zeigt. Insbesondere findet der § 650f BGB keine Anwendung, wenn der Besteller Verbraucher ist und es sich um einen Verbraucherbauvertrag nach § 650i BGB (oder einen Bauträgervertrag nach § 650u BGB) handelt.

Sinn und Zweck des § 650f BGB ist, dass jeder Auftragnehmer von seinem Auftraggeber, der nicht Verbraucher oder staatliche Stelle ist, eine Sicherheitsleistung fordern kann, die seine Vorleistungspflicht seiner noch ausstehenden Vergütung absichert. Dem liegt meist die Situation zugrunde, dass man als Bauunternehmer oder Handwerker eine Abschlagsrechnung gestellt hat.

Die Entscheidung

Zwei Eheleute ließen als private Bauherren einen Neubau errichten, wobei sie die erforderlichen Gewerke an einzelne Bauunternehmer vergaben.

Der Unternehmer, der die Innenputz- und Außenputzarbeiten erbrachte stellte eine Abschlagsrechnung. Auf diese Abschlagsrechnung erfolgte nur eine teilweise Zahlung durch die Bauherren. Der Unternehmer forderte zunächst unter Fristsetzung erfolglos zur Zahlung des offenen Restbetrages auf. Nachfolgend verlangte der Unternehmer dann die Leistung einer Sicherheit in Höhe des ausstehenden Betrages zuzüglich eines 10-prozentigen Aufschlages für Nebenforderungen. Nachdem weiterhin keinerlei Zahlungen erfolgte, erhob der Unternehmer Klage auf Zahlung der Sicherheit.

Wann kann eine Bauhandwerkersicherung nach § 650f BGB verlangt werden?

Nach § 650f Abs. 1 S. 1 BGB kann der Unternehmer vom Besteller Sicherheit für die auch in Zusatzaufträgen vereinbarte und noch nicht gezahlte Vergütung einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen, die mit 10 Prozent des zu sichernden Vergütungsanspruchs anzusetzen sind, verlangen.

Bei einem Verbraucherbauvertrag nach § 650i BGB ist diese Vorschrift nicht anwendbar.

  • 650i Verbraucherbauvertrag

(1) Verbraucherbauverträge sind Verträge, durch die der Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird. […]

Der BGH hatte also zu entscheiden, ob Teilleistungen für einen privaten Neubau, im konkreten Fall Innenputz- und Außenputzarbeiten, einen Vertrag zum Bau eines neuen Gebäudes darstellen, der die Forderung einer Sicherheitsleistung des Unternehmers ausschließt.

Das Landgericht hat der Klage auf Sicherheitsleistung des Unternehmers stattgegeben. Das Oberlandesgericht (OLG) entschied in nächst höherer Instanz, dass die Klage auf Sicherheitsleistung unbegründet ist, da ein Verbraucherbauvertrag nach § 650i BGB vorliegen würde und eine Bauhandwerkersicherung damit nicht verlangt werden kann.

Gegen diese Entscheidung ging das Bauunternehmen vor. Die Revision des Bauunternehmens ist erfolgreich gewesen:

Ein Verbraucherbauvertrag liegt nach der Entscheidung des BGH nicht vor, da sich der Unternehmer gerade nicht zum Bau eines neuen Gebäudes verpflichtet hat. Ein Verbraucherbauvertrag setzt nach dem Wortlaut des § 650i Abs. 1 Fall 1 BGB zwingend voraus, dass die vom Unternehmer erbrachten Leistungen zum Bau eines neuen Gebäudes erbracht werden müssen. Erbringt der Unternehmer lediglich Teilleistungen ist der § 650i Abs. 1 Fall 1 BGB nicht anwendbar und zwar auch dann nicht, wenn die Teilleistungen für ein Neubauvorhaben eines Verbrauchers erbracht werden.

Der Praxishinweis

Ein Unternehmer kann die Gestellung einer Bauhandwerkersicherung gemäß § 650f BGB für seinen Vergütungsanspruch verlangen:

  • bei Neubauvorhaben bei der Erbringung von Teilleistungen im Sinne einzelner Gewerke,
  • bei Arbeiten an Bestandsimmobilien (Ausnahme: es finden erhebliche Umbaumaßnahmen statt)

 

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