Besteht für einen GmbH-Geschäftsführer die Sozialversicherungspflicht? Adobestock von Finanzfoto
23 Februar

Besteht für einen GmbH-Geschäftsführer die Sozialversicherungspflicht?

Bayerisches LSG, Urteil vom 26.10.2022, Az. L 3 U 56/21

Das Praxisproblem

„Beschäftigte“ im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) unterliegen der Sozialversicherungspflicht.

Der Begriff des „Beschäftigten“ wird im Allgemeingebrauch häufig als Synonym für einen Arbeitnehmer verwendet.

Ist der Geschäftsführer einer GmbH ein „Beschäftigter“ in diesem Sinne?

 

Die Entscheidung

Wie das Bayerische Landessozialgericht in seinem Urteil vom 26.10.2022 (Az.: L 3 U 56/21) entschieden hat, kann auch der Geschäftsführer einer GmbH als sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter anzusehen sein.

  1. Geschäftsführer einer GmbH als Arbeitnehmer?

Wir werfen einen Blick auf den Wortlaut des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV:

  • 7 Beschäftigung
  • Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(…)“

Der Wortlaut der Vorschrift könnte dafür sprechen, dass der Geschäftsführer einer GmbH nur dann der Sozialversicherungspflicht unterliegt, wenn er in einem Arbeitsverhältnis mit der GmbH steht.

Ein nach den arbeitsrechtlichen Vorschriften zu qualifizierendes Arbeitsverhältnis zwischen einer GmbH und deren Geschäftsführer(n) liegt jedoch nur in seltenen Konstellationen vor. Das Beschäftigungsverhältnis eines Fremdgeschäftsführers einer GmbH kann im Rahmen eines Konzernverbundes ausnahmsweise als Arbeitsverhältnis anzusehen sein. Der Regelfall ist, dass der Geschäftsführer einer GmbH als deren Organ nicht deren Arbeitnehmer ist.

 

  1. Ist der Gesellschafter einer GmbH beschäftigt oder selbstständig tätig?

Auch wenn die Sozialversicherungspflicht nicht aus einem Arbeitsverhältnis resultiert, kann diese vorliegen, wenn ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 SGB IV besteht.

Aufgrund des Wortes „insbesondere“ ist der Anwendungsbereich der Vorschrift nicht auf Arbeitsverhältnisse beschränkt.

Ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis kann, so das Bayerische Landessozialgericht, auch dann bestehen, wenn

eine Beschäftigung im Rahmen der sonstigen nichtselbstständigen Tätigkeit ausgeübt wird.“

Anhaltspunkte hierfür sind, wenn die Beschäftigung des Geschäftsführers der GmbH – ähnlich wie bei einem Arbeitsverhältnis – nach Weisungen erfolgt und dieser in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers eingegliedert ist.

Das Bundessozialgericht hat dies bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb bejaht,

„wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht der Arbeitgeberin unterliegt.“

(vgl. BSG vom 01.02.2022, AZ.: B 12 KR 37/19 R)

Eine selbständige Tätigkeit ist dagegen, so das Bayrische Landessozialgericht

„vornehmlich durch das eigene Unternehmensrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.“

Ob jemand gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Tätigkeit prägen.

 

  1. Kapitalbindung bedeutet nicht gleich Einfluss

Übertragen auf die GmbH ist entscheidendes Abgrenzungskriterium, dass der Geschäftsführer über seine Gesellschafterstellung hinaus durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen kann.

Ein Geschäftsführer einer GmbH kann also nicht allein aufgrund seiner Kapitalbindung als „selbständig Tätig“ klassifiziert werden. Vielmehr ist das wesentliche Merkmal das Ausmaß des Einflusses auf die Gesellschaft. Diese kann sich aus dem Umfang der Kapitalbindung ergeben.

Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Gesellschafter 50 von Hundert Anteile am Stammkapital innehat.

Dagegen wäre ein Minderheitengeschäftsführer grundsätzlich „beschäftigt“ im Sinne der Vorschrift.

Etwas anderes könnte sich für den Minderheitengeschäftsführer dann ergeben, wenn ihm gemäß des Gesellschaftsvertrags eine umfassende Sperrminorität eingeräumt wurde, welche die gesamte Unternehmenstätigkeit erfasst. Auch in diesem Fall wäre der Geschäftsführer in der Lage, einen derartigen Einfluss auf die Gesellschafterbeschlüsse auszuüben, dass er die Geschäftstätigkeit des Unternehmens umfassend mitbestimmen kann. Die Konsequenz wäre eine selbstständige Tätigkeit.

 

Der Praxishinweis

Ob ein Geschäftsführer einer GmbH (ausnahmsweise) der Sozialversicherungspflicht unterliegt oder nicht, muss für den jeweiligen Einzelfall untersucht werden. Gerne stehen wir Ihnen beratend zur Seite, bitte sprechen Sie uns an.

 

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