01 Januar

Aufklärungs- und Belehrungspflichten des Architekten

Das Praxisproblem:

Architekten sind immer häufiger den Sonderwünschen der Bauherrn ausgesetzt.

Dabei ist der Grad zwischen dem, was gestalterisch möglich und bautechnisch realisierbar ist, sehr schmal. Werden Architekten mit „riskanten Planungen“ beauftragt, besteht in der Praxis das Problem, dass diese die meist nur mündlich erfolgten Belehrungen des Bauherrn über die möglichen bautechnischen Risiken nicht beweisen können.

Auf diese Problematik macht die Architektenkammer NRW aufmerksam.
In einem jüngst veröffentlichten Informationsbrief wird unter Bezugnahme auf ein Urteil des OLG Stuttgart vom 18.08.2008 -10 U4/06 verdeutlicht, unter welchen Voraussetzungen eine spätere Haftung des Architekten vermieden werden kann.

Der Sachverhalt:

Der Architekt wurde mit der Planung eines Bürogebäudes beauftragt, dessen Fassade besonderen gestalterischen Ansprüchen genügen sollte. Dazu wurden Fassadenelemente aus unterschiedlichen Glasarten verbaut und später bedruckt. Obwohl nur zwei Farben zum Druck verwendet wurden, weist die Fassade unstreitig sehr unterschiedliche Farbeindrücke auf. Der Bauherr rügte die Farbunterschiede und warf dem Architekten vor, die Außenfassade stelle aufgrund eines Planungsfehlers nur noch eine „Farbschachtel“ dar.


Die Entscheidung:

Das OLG Stuttgart verurteilte den Architekten wegen Planungsfehlern zum Ersatz des Schadens, der dem Bauherrn durch das nachträgliche Herstellen einer Glasfassade mit einheitlichen Farbeindruck entstanden ist.


Der Architekt sei seinen vertraglich geschuldeten Aufklärungs- und Belehrungspflichten nicht nachgekommen.

Im Fall einer „riskanten Planung“ werde die Haftung des Architekten nur ausgeschlossen, wenn der Planer seinen Auftraggeber so intensiv über die Risiken aufklärt, dass dieser die Bedeutung und Tragweite der riskanten Planung erkennt.

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Haftungsausschluss trägt der Architekt.

Eine ausreichende Aufklärung über das Maß der Funktionsbeeinträchtigung erfolgte durch den Architekten nicht. Insbesondere genügte der verharmlosende Hinweis auf die Möglichkeit des Eintritts „gewisser farblicher Unterschiede“ nicht den hohen Anforderungen eines Haftungsausschlusses.

Der Bauherr wurde nicht dazu in die Lage versetzt, alle Nachteile der geplanten Ausführung zu beurteilen. Im Ergebnis konnte der Bauherr deshalb nicht entscheiden, ob er den Mangel tatsächlich in Kauf nehmen will oder nicht.

Unsere Praxisempfehlung:

Wir empfehlen Ihnen als Architekt:

• Klären Sie den Bauherrn bei Vorliegen einer riskanten Planung intensiv auf.
• Weisen Sie den Bauherrn schriftlich auf die Bedeutung und Tragweite des beauftragten Risikos der Planung hin.
• Lassen Sie sich vom Bauherrn eine Einverständnis- bzw. Haftungsverzichtserklärung unterzeichnen.

Wir empfehlen Ihnen als Bauherr:

• Hinterfragen Sie die technische Umsetzbarkeit der riskanten Planung. Gibt es Erfahrungswerte oder Referenzprojekte?

• Fordern Sie Ihren Architekten dazu auf, schriftlich zu den Kernproblemen der riskanten Planung Stellung zu nehmen.
• Begleiten Sie die Planungsphase intensiv. Fordern Sie regelmäßige Besprechungstermine ein.


Das Beraterteam „Bau- und Immobilienrecht“ erläutert Ihnen gerne unseren ganzheitlichen Beratungsansatz. Wir helfen Ihnen kostenintensive Rechtstreitigkeiten zu vermeiden.


Unser Team Immobilien und Recht steht Ihnen jederzeit beratend zur Verfügung.
Sprechen Sie uns an!

Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht,  Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Martin Bülter, Fachanwalt für Bau und Architektenrecht
, Fachanwalt für Bau und Architektenrecht

Gelesen 32658 mal

Wir brauchen Ihre Zustimmung!

Diese Webseite verwendet Google Maps um Kartenmaterial einzubinden. Bitte beachten Sie, dass hierbei Ihre persönlichen Daten erfasst und gesammelt werden können.
Um die Google Maps Karte zu sehen stimmen Sie bitte zu, dass diese vom Google-Server geladen wird. Weitere Informationen finden sie HIER