10 Dezember

Werkvertragsrecht - Wer hat das Kalkulationsrisiko zu tragen, der Auftraggeber oder der Auftragnehmer?

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 23.07.2013, Az. 6 U 122/12; BGH, Beschluss vom 25.06.2015, Az. VII ZR 238/13 (NZB zurückgewiesen)

Das Praxisproblem

Gibt der Auftragnehmer zum Abschluss einer Werkleistung ein Angebot ab, so wird die entsprechende Kalkulation meist auf Grundlage der Angaben des Auftraggebers erfolgen.

Dies ist bei der Errichtung einer Immobilie regelmäßig der Fall. Was ist aber, wenn die Angaben zur Kalkulationsgrundlage unzutreffend oder unvollständig sind? Kann dann der Auftragnehmer Schadenersatz verlangen? Dieses Problem stellt sich insbesondere dann, wenn die Parteien einen Pauschalpreisvertrag geschlossen haben.

Die Entscheidung

Es kommt darauf an, wie das OLG Frankfurt in seinem Urteil vom 23.07.2013 - 6 U 122/12, die aktuell vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 25.06.2015 bestätigt wurde, entschieden hat.

Dem Auftragnehmer steht ein Anspruch auf Schadensersatz zu, wenn ihm der Auftraggeber vor Vertragsschluss als Kalkulationsgrundlage unrichtige oder unvollständige Informationen zur Verfügung gestellt hat.

Hat der Auftraggeber die für die Preisermittlung maßgebenden Umstände jedoch erkennbar lückenhaft angegeben, scheidet ein Schadensersatzanspruch des Auftragnehmers wegen Verschuldens bei Vertragsschluss aus. Gleiches gilt, wenn der Auftragnehmer nicht auf die Richtigkeit des Leistungsverzeichnisses vertrauen durfte, weil es noch überarbeitet werden sollte.

Aber auch dann, wenn das Leistungsverzeichnis nicht erkennbar lückenhaft oder unvollständig war, muss der Auftragnehmer auch solche Informationen berücksichtigen, die ihm sonst vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt wurden.

Praxisempfehlung

  1. Es gilt wie immer, ein eigenverantwortliches Handeln ist geboten. Der Auftragnehmer sollte nicht „blind“ auf die Angaben des Auftraggebers vertrauen, vielmehr hat er diese kritisch zu hinterfragen. Dies insbesondere, wenn ein Pauschalpreisvertrag geschlossen werden soll.
     
  2. Im Rahmen der Geltendmachung des Schadenersatzes ist konkret und schlüssig vorzutragen, aus welchem Grund welcher Schaden entstanden ist. Hierbei dürfte gefordert sein, eine Alternativberechnung vorzulegen.
     
  3. Die gerichtliche Geltendmachung oder Abwehr von Schadenersatzansprüchen bedarf eines hohen Aufwandes und eines strukturierten Vortrages. Wirtschaftlich ist es oft für beide Parteien sinnvoll, sich außergerichtlich zu einigen.

Wir stehen Ihnen gerne jederzeit beratend zur Verfügung. Sprechen Sie uns an!

Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht
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