08 September

Wohnraummietrecht Teil I - Wann gilt die insolvenzrechtliche Kündigungssperre des § 112 InsO?

BGH, Urteil vom 17.06.2015, AZ VIII ZR 19/14

Das Praxisproblem

Kommt der Wohnraummieter mit mehr als zwei Monatsmieten in Verzug, ist der Vermieter zur außerordentlich fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB berechtigt.

Beantragt der Mieter als Schuldner jedoch ein (Privat-) Insolvenzverfahren gilt ab Antragstellung die Kündigungssperre des § 112 InsO. Dann kann der Vermieter zumindest keine Kündigung aufgrund eines Verzuges mit der Entrichtung der Miete, der vor der Antragstellung eingetreten ist, erklären.

Gibt der Treuhänder (Insolvenzverwalter) die Mietwohnung jedoch im Insolvenzverfahren nach § 109 Abs. 1 InsO wieder frei (Enthaftungserklärung), stellt sich die Frage, inwieweit und in welchem Umfang dann noch die Kündigungssperre des § 112 InsO gilt. Dies war bisher streitig.

Die Entscheidung

Hierzu hat der Bundesgerichtshof ins seinem Urteil vom 17.06.2015 Stellung bezogen und entschieden:

Die Kündigungssperre des § 112 InsO gilt nach Wirksamwerden der Enthaftungserklärung des Insolvenzverwalters nach § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO weder im Insolvenzverfahren noch in dem sich daran anschließenden Restschuldbefreiungsverfahren (§§ 286 ff. InsO).

Nach Wirksamwerden der Enthaftungserklärung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO sind rückständige Mieten, mit deren Zahlung der Mieter bereits vor Insolvenzantragstellung in Verzug geraten war, bei der Beurteilung der Wirksamkeit einer (auch) hierauf gestützten fristlosen Kündigung des Vermieters nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b BGB zu berücksichtigen.

Der Verzug (§§ 286 ff. BGB) des Mieters mit der Entrichtung der Miete endet nicht mit der Insolvenzeröffnung.

Der Praxishinweis

  1. Gerät der zahlungsschwache Mieter in die Insolvenz muss der Vermieter darauf achten, ob der Treuhänder die Wohnung wieder frei gibt oder sie weiter am Insolvenzverfahren teilnimmt. Ist letzteres der Fall, sind die Mietschulden aus der Masse zu bedienen, das heißt sie können vorrangig geltend gemacht werden.
     
  2. Gibt der Treuhänder die Wohnung wieder frei, kann der Vermieter auch wegen der vor Insolvenzantragstellung aufgelaufenen Mietrückstände noch später fristlos kündigen, wenn der Rückstand zwei Monatsmieten überschreitet.
     
  3. Der Bundesgerichtshof hat die Rechte des Vermieters gestärkt. Kenntnisse im Insolvenzrecht haben in allen Bereichen des Rechts eine nicht unerhebliche Bedeutung.

Wir stehen Ihnen gerne jederzeit beratend zur Verfügung. Sprechen Sie uns an!

Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht
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