11 März

Ausscheiden eines GmbH-Gesellschafters: Wirksamkeit einer vereinbarten Kundenschutzklausel

BGH, Urteil vom 20.01.2015, Az. II ZR 369/13

Das Praxisproblem

Häufig enthalten Gesellschaftsverträge Wettbewerbsverbote für ausscheidende Gesellschafter.

Mit diesen Wettbewerbsverboten soll verhindert werden, dass ausgeschiedene Gesellschafter die Kunden des Unternehmens gezielt ansprechen und abwerben und hierdurch im Ergebnis den Fortbestand des Unternehmens gefährden. Streitigkeiten über die Zulässigkeit von Wettbewerbsverboten in zeitlicher und räumlicher Hinsicht beschäftigen regelmäßig die Gerichte.

Die Entscheidung

Dem Bundesgerichtshof lag jetzt ein Sachverhalt zur Entscheidung vor, bei dem ein GEsellschafter einer GmbH seinen Geschäftsanteil an den anderen Gesellschafter verkauft hat und in dem notariellen Kauf- und Abtretungsvertrag eine vertragsstrafebewehrte Wettbewerbsklausel enthalten war. Dem ausscheidenden Gesellschafter und der von ihm neu gegründeten GmbH sollte es untersagt sein an bestimmte, in einer Anlage aufgeführte Kunden im Bereich der Arbeitsüberlassung und Personalvermittlung heranzutreten, diesen Angebote zu unterbreiten oder diese sonst wie abzuwerben, sich an solchen Abwerbungsversuchen durch Dritte zu beteiligen oder dieses zu fördern.

Bei einem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot sollte eine Vertragsstrafe in Höhe von 50.000,00 € verwirkt sein, ohne dass es auf den Nachweis eines konkret entstandenen Schadens ankommt. Ein darüber hinausgehender Schadensersatzanspruch sollte nicht ausgeschlossen sein.

Dieses Wettbewerbsverbot sollte auf die Dauer von fünf Jahren ab Vertragsschluss befristet sein.

Der Kauf- und Abtretungsvertrag war am 29.09.2006 unterzeichnet worden, kurz vor Ablauf der Fünfjahresfrist am 06.09.2011 und am 19.09.2011 wendete sich ein Mitarbeiter der Beklagten neuen Gesellschaft des ausgeschiedenen Gesellschafters an zahlreiche Kunden und bewarb Dienstleistungen der neuen Gesellschaft. Hierbei wendete er sich auch an zwei Unternehmen, welche in der Anlage des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 29.09.2006 aufgeführt waren.

Das neue Unternehmen des ausgeschiedenen Gesellschafters wurde daraufhin auf die Zahlung der Vertragsstrafe in zwei Fällen in Anspruch genommen.

Zu Unrecht, wie der Bundesgerichtshof jetzt in seinem Urteil vom 20.01.2015 (Az. II ZR 369/13) in Abweichung zu den Vorinstanzen festgestellt hat.

„Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit Rücksicht auf die grundgesetzlich geschützte Berufsausübungsfreiheit nur dann gerechtfertigt und nicht nach § 138 BGB sittenwidrig, wenn und soweit sie notwendig sind, um einen Vertragspartner vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge seiner Arbeit durch den anderen Vertragspartner zu schützen. Sie sind nur wirksam, wenn sie in räumlicher, gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht das notwendige Maß nicht überschreiten [...]. Das betrifft auch nachvertragliche Wettbewerbsverbote, die erst anlässlich der Beendigung der gesellschaftsrechtlichen Beziehung vereinbart werden [...].“

Bereits in zeitlicher Hinsicht sei hier das notwendige Maß des Schutzes des Vertragspartners überschritten. Regelmäßig dürfe eine Wettbewerbsbeschränkung nicht länger als zwei Jahre nach Vertragsende andauern. Danach hätten sich beispielsweise bei einer Freiberuflersozietät die Beziehungen zu Mandanten typischerweise gelockert. Dieses sei auch auf die Beziehungen von Kapitalgesellschaften zu ihren Kunden anzuwenden.

Nur in Ausnahmefällen könne das schutzwürdige Interesse des Vertragspartners an dem Wettbewerbsverbot so groß sein, dass ein längeres Abwerbeverbot gerechtfertigt sei. Dieses ist unabhängig davon, ob das Wettbewerbsverbot bereits bei dem ursprünglichen Vertragsschluss oder erst anlässlich der Beendigung dieses Vertrages vereinbart worden ist.

Da im vorliegenden Fall die Zweijahresfrist bereits überschritten war, war die Klage abzuweisen.

Die Praxisempfehlung

  1. Wettbewerbsverbote nach dem Ausscheiden von Gesellschaftern dürfen in räumlicher, gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht das zum Schutz der verbleibenden Gesellschafter bzw. der Gesellschaft notwendige Maß nicht überschreiten.
     
  2. Ein Wettbewerbsverbot für eine Dauer von mehr als 2 Jahren, ist nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt.


Wir stehen Ihnen gerne jederzeit beratend zur Verfügung. Sprechen Sie uns an!

Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Dr. Thorsten Olav Lau, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

 

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