10 Dezember

Diskriminierung durch Kündigungsfristen?

BAG, Urteil vom 18.09.2014, Az. 6 AZR 636/13

Wird im Arbeitsrecht an das Alter angeknüpft liegt in der Regel eine Diskriminierung vor. Ist dieses auch anzunehmen, wenn die Kündigungsfristen nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelt werden?

Das Praxisproblem

Die Inbezugnahme des Alters ist arbeitsrechtlich häufig problematisch. Werden Ansprüche wie Entgelt und Urlaub an das Alter gekoppelt, liegt regelmäßig eine Diskriminierung der jüngeren Arbeitnehmer vor. Werden Stellen für „junge dynamische" Bewerber ausgeschrieben, liegt eine Diskriminierung der älteren Arbeitnehmer vor.

Die Länge der gesetzlichen Kündigungsfristen in § 622 Abs. 2 Satz 1 BGB ist an die Betriebszugehörigkeit und damit indirekt an das Alter gekoppelt. In den ersten zwei Jahren beträgt die Kündigungsfrist vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende. Danach staffelt sich die Kündigungsfrist für Arbeitgeber wie folgt:

Betriebszugehörigkeit Kündigungsfrist
02 Jahre 1 Monat zum Monatsende
05 Jahre 2 Monate zum Monatsende
08 Jahre 3 Monate zum Monatsende
10 Jahre 4 Monate zum Monatsende
12 Jahre 5 Monate zum Monatsende
15 Jahre 6 Monate zum Monatsende
20 Jahre 7 Monate zum Monatsende

 

 

 

 

 

 

Die Entscheidung

Geklagt hatte eine Aushilfskraft einer Golfsportanlage. Sie war seit dem Jahr 2008 als Aushilfskraft beschäftigt. Die Betreiberin der Golfsportanlage beschäftigt nicht mehr als zehn Arbeitnehmer. Mit Schreiben vom 20.12.2011 kündigte die Betreiberin der Golfsportanlage das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist des §§ 622 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB ordentlich fristgemäß zum 31.01.2012. Die Klägerin hat die Kündigung grundsätzlich akzeptiert.

Sie ist jedoch der Auffassung, die Staffelung der Kündigungsfristen unter Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit begünstige ältere Arbeitnehmer, weil langjährig beschäftigte Arbeitnehmer naturgemäß älter seien. Sie ist als langjährig beschäftigte Arbeitnehmerin naturgemäß älter. Jüngere Arbeitnehmer, so die Auffassung der Klägerin, würden benachteiligt.

Die Klägerin bezog sich bei ihrer Argumentation auf die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Diese Richtlinie untersagt auch eine nur mittelbare Diskriminierung wegen des Alters. Die Klägerin ist deswegen der Auffassung, dass sie Anspruch auf Einhaltung der längst möglichen Kündigungsfrist von 7 Monaten hat.

Die Vorinstanzen als auch das BAG haben die Klage abgewiesen. Zwar führe die Differenzierung der Kündigungsfrist nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu einer mittelbaren Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer. Das BAG führt jedoch zur Begründung der Rechtmäßigkeit der Staffelung der Kündigungsfristen aus, dass die Verlängerung der Kündigungsfrist das Ziel verfolgt, länger Beschäftigten und damit betriebstreuen, typischerweise älteren Arbeitnehmern einen verbesserten Kündigungsschutz zu gewähren. Zur Erreichung dieses Zieles ist die Verlängerung auch in ihrer konkreten Staffelung angemessen und erforderlich. Es liege keine mittelbare Diskriminierung wegen des Alters vor.

Die Praxisempfehlung

Es bleibt alles beim Alten. Nach wie vor finden bei ordentlichen Kündigungen, soweit vertraglich oder tarifvertraglich nichts anderes geregelt ist, die Kündigungsfristen des §§ 622 Abs. 2 BGB Anwendung.


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Beate Puplick, Fachanwältin für Arbeitsrecht
Cordula Zimmermann, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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