Öffentliches Baurecht – Wann stellen Staub- und Sandverwehungen durch einen Reitplatz eine unzumutbare Belästigung dar?
21 Juni

Öffentliches Baurecht – Wann stellen Staub- und Sandverwehungen durch einen Reitplatz eine unzumutbare Belästigung dar?

OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 06.03.2018 – 2 M 88/17

Das Praxisproblem

Ob Reitplatz oder Beachvolleyballfeld, daraus resultierende Sandverwehungen können den Nachbarn erheblich belästigen.

Worauf muss der Errichter einer solchen Anlage achten und mit welchen Mitteln kann sich der betroffene Nachbar wehren?

 

Die Entscheidung

Das OVG Sachsen-Anhalt hatte sich mit einem Nachbareinspruch auseinander zu setzen, welcher sich gegen den Betrieb eines Sandreitplatzes und der Pferdehaltung in einem Allgemeinen Wohngebiet richtete. Die Anlage war ohne Baugenehmigung errichtet worden.

Mit Erfolg konnte der Nachbar geltend machen, dass der auf seine Terrasse herüberwehende Sand eine unzumutbare Belästigung darstellt und die Pferdehaltung insgesamt zu untersagen sei.

Nach der Entscheidung des OVG Sachsen-Anhalt konnte sich der Betreiber entgegen der vorinstanzlichen Entscheidung auch nicht auf das mildere Mittel einer Nutzungsauflage durch Bewässerung des Sandplatzes berufen.

Zunächst hatte der Senat den Reitplatz, obwohl es sich nur um die Aufschüttung von Sand mit einer geringen Stärke handelte, als bauliche Anlage im Sinne der Landesbauordnung gewertet, denn er stelle zumindest eine Sportfläche und damit eine bauliche Anlage dar.

In der Folge vertrat der Senat die Auffassung, dass der Reitplatz jedenfalls nicht die Anforderungen, die § 13 Satz 1 BauO LSA an die Anordnung, die Errichtung, Änderung und Instandhaltung von Anlagen im bauordnungsrechtlichen Sinne stellt, erfüllt.

Danach müssen Anlagen so angeordnet, beschaffen und gebrauchstauglich sein, dass durch Wasser, Feuchtigkeit, pflanzliche und tierische Schädlinge sowie andere chemische, physikalische oder biologische Einflüsse, Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen. Der Schutzzweck dieser Vorschrift umfasst nicht nur den Schutz der Bewohner und Benutzer der Anlage selbst, sondern darüber hinaus auch den Schutz Dritter, also auch ggf. der Nachbarn gegenüber Einflüssen einer baulichen Anlage.

Das Maß der Zumutbarkeit von Belästigungen dieser Art richtet sich nach dem Gebietscharakter. Dabei entsprach die Eigenart der näheren Umgebung nach summarischer Prüfung einem faktischen allgemeinen Wohngebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO.

Dabei hat das Oberverwaltungsgericht in aller Deutlichkeit auf folgendes hingewiesen: Die Haltung von Pferden, insbesondere auch der Betrieb eines Sandreitplatzes in einem allgemeinen Wohngebiet ist grundsätzlich unzulässig. Diese Nutzung ist in § 4 Abs. 2 und 3 BauNVO nicht erwähnt und aufgrund der damit typischerweise verbundenen Störungen – Geruchsbelästigungen, Ansammlungen von Fliegen, Geräuschbelästigungen, Staubaufwirbelungen – mit dem Gebietscharakter eines allgemeinen Wohngebiets regelmäßig nicht vereinbar.

Pferdehaltung ist in allgemeinen Wohngebieten zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, als Kriterien für die Bewertung der Zumutbarkeit kommen zum Beispiel die Intensität und die Häufigkeit der von der Pferdenutzung ausgehenden Geruchs- und Geräuschimmissionen, die Anzahl der untergebrachten Pferde, die bauliche Nutzung des Baugrundstücks und seiner näheren Umgebung sowie vorhandene Vorbelastungen in Betracht .

Ausnahmen kommen hiernach aber nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht, etwa wenn es sich um weiträumige Grundstücke handelt, die die Errichtung eines Pferdestalls in ausreichender Entfernung von den Nachbargrundstücken erlauben oder wenn er derart am Ortsrand errichtet sei, dass er mehr der freien Landschaft, als einem Wohngebiet zugeordnet werden kann.

 

Die Praxisempfehlung

Die vorliegende Entscheidung zeigt deutlich, dass eine Pferdehaltung in einem allgemeinen Wohngebiet höchst problematisch ist. In der Entscheidung konnte sich der Nachbar nicht nur mit Erfolg gegen den Sandplatz, sondern gegen die Pferdehaltung insgesamt wehren.

Dies steht wieder in dem Spannungsfeld, dass Pferdehaltung ohne eigene Futtergrundlage grundsätzlich kein Privilegiertes Bauvorhaben im Außenbereich darstellt.

Gleichwohl kommt es hier auf den Einzelfall an. Nicht jeder Pferdehalter oder Reitverein muss jetzt um den Bestand seiner Anlage und seiner Existenzgrundlage fürchten. Gleichwohl sollten Vereine auch in Ortsrandlage daran denken, die Belästigungen auf die Nachbarn so gering wie möglich zu halten. Dies ist stets bei dem Betrieb, der Planung und Errichtung oder dem Umbau und der Erweiterung einer Reitanlage zu beachten.

 

 

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