Kann auch der einzelne Wohnungseigentümer ein gerichtliches Beweissicherungsverfahren zur Feststellung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum beantragen?
29 November

Kann auch der einzelne Wohnungseigentümer ein gerichtliches Beweissicherungsverfahren zur Feststellung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum beantragen?

LG München I, Beschluss vom 24.08.2017 - 36 T 8948/17

Das Praxisproblem

Häufig sind es nur einzelne Wohnungseigentümer, die sich intensiv um den Bestand und Erhalt des Gemeinschaftseigentums kümmern.

Dies kann zu Konflikten mit der Hausverwaltung und den übrigen Wohnungseigentümern als Gemeinschaft führen. Insbesondere dann, wenn weder die Gemeinschaft noch die Hausverwaltung die erforderlichen Beschlüsse fasst oder fassen lässt. Es stellt sich dann die Frage, ob auch der einzelne Wohnungseigentümer berechtigt ist, gegebenenfalls ein gerichtliches Verfahren zu Feststellung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum zu beantragen.

 

Die Entscheidung

Das Landgericht München hat in seiner Entscheidung nochmals deutlich gemacht, dass es grundsätzlich der Hausverwaltung und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer obliegt, sich in ausreichender Weise um den Erhalt des Gemeinschaftseigentums zu kümmern und die hierzu notwendigen Beschlüsse zu fassen.

Der einzelne Wohnungseigentümer ist daher wie auch in anderen Fällen gehalten, sich zunächst um eine solche Beschlussfassung zu bemühen. Denn der Antrag eines Wohnungseigentümers gegen die übrigen Wohnungseigentümer auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens mit dem Ziel, Mängel am Gemeinschaftseigentum festzustellen, bedarf in der Regel einer vorherigen Befassung der Eigentümerversammlung mit diesem Begehren.

Dies gilt jedenfalls dann, wenn das selbständige Beweisverfahren der Durchsetzung eines Anspruchs auf ordnungsgemäße Verwaltung in Gestalt einer entsprechenden Beschlussfassung der Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 4 bzw. § 21 Abs. 8 WEG dient.

Im Falle der fehlenden Vorbefassung der Eigentümerversammlung ist der Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens gemäß § 485 Abs. 2 ZPO nach Auffassung des Landgerichts mangels Rechtschutzbedürfnisses unzulässig.

 

Die Praxisempfehlung

Der einzelne Wohnungseigentümer muss, um nicht bereits aus formalen Gründen in seinem Antrag zu scheitern, den nach dem Wohnungseigentumsrecht vorgesehenen Weg einhalten. Er muss versuchen, die Hausverwaltung, unter Umständen über den Verwaltungsbeirat, zu veranlassen, eine Eigentümerversammlung einzuberufen, in welcher sich die Gemeinschaft mit dem Problem befasst und die notwendigen Beschlüsse trifft.

Dies sollte stets schriftlich und wiederholt erfolgen, auch wenn bereits zu Beginn erkennbar ist, dass sich die Verwaltung oder die Gemeinschaft verweigern wird. Denn der Eigentümer muss im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens nachweisen, dass er sich um eine solche Beschlussfassung ausreichend bemüht hat.

Ob ein solcher Nachweis gelingt und das Bemühen ausreichend war, ist immer eine Frage des Einzelfalls. Holen Sie sich im Zweifelsfall rechtlichen Rat ein.

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