Entspricht die Videoüberwachung zweier Tiefgaragen-Parkplätze durch einen Sondereigentümer den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung?
29 November

Entspricht die Videoüberwachung zweier Tiefgaragen-Parkplätze durch einen Sondereigentümer den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung?

AG Schöneberg, Urteil vom 02.06.2017 - 771 C 82/16

Das Praxisproblem

Häufig ist eine Tiefgarage Teil der Wohnanlage. Befinden sich die Stellplätze nicht in einzelnen Boxen,

kann es gegebenenfalls zu mutwilligen Beschädigungen der abgestellten Fahrzeuge kommen. Bei den Stellplätzen handelt es sich regelmäßig zumindest um eine Sondernutzungsfläche des einzelnen Wohnungseigentümers. Dieser kann dann ein Interesse haben, seinen Stellplatz mittels Videoüberwachung zu schützen.

Es stellt sich dabei die Frage, ob die Gemeinschaft eine solche Überwachung beschließend darf und ob dies den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, an denen sich ein solcher Beschluss regelmäßig messen lassen muss.

 

Die Entscheidung

Die Wohnungseigentümer T. und S. sind Sondereigentümer der nebeneinander liegenden Stellplätze 17 und 18 in der Tiefgarage der Anlage. Im Bereich der Stellplätze ist an der Wand ein Sprinklerwasserzähler angebracht. In der Vergangenheit kam es im Bereich dieser beiden Stellplätze mehrfach zu Unannehmlichkeiten sowie zu einer Sachbeschädigung durch Unbekannte.

In der Eigentümerversammlung vom 25.05.2016 fassten die Wohnungseigentümer zu TOP 8 (laufende Nummer 90 der Beschlusssammlung) den Beschluss, dass die Wohnungseigentümer T. und S. eine Überwachungskamera in der Tiefgarage auf eigene Kosten einbauen dürfen, um ihr Eigentum besser überwachen und schützen zu können.

Der Beschluss wurde mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Schöneberg vom 09.01.2017 für ungültig erklärt. In der Eigentümerversammlung vom 02.11.2016 fassten die Wohnungseigentümer mehrheitlich zu TOP 2 den folgenden "Klarstellungsbeschluss der lfd. Nr. 90 der Beschlusssammlung":

"Die Eigentümergemeinschaft beschließt, dass die zur laufenden Nr. 90 der Beschlusssammlung erteilte Genehmigung dahingehend eingeschränkt wird, dass die Installation einer Überwachungskamera nur dergestalt erfolgen darf, dass mehr als der Bereich der Stellplätze 17 und 18 von der installierten Kamera nicht erfasst werden darf. Die Kosten der vorbezeichneten Maßnahme tragen die Eigentümer T. und S.. Dies gilt auch für notwendige Erneuerungs- und Unterhaltungskosten."

Auch gegen diesen Beschluss hatte sich ein Miteigentümer gewehrt. Ohne Erfolg. Den geänderten und einschränkenden Beschluss hat das Amtsgericht Schöneberg für rechtmäßig gehalten. Dabei hat es die nachfolgenden Grundsätze verdeutlicht:

Sein Sondereigentum darf ein Wohnungseigentümer überwachen, wenn die Überwachung nicht auch fremdes Sondereigentum oder gemeinschaftliches Eigentum sowie öffentliche Flächen oder fremde Grundstücke erfasst. Die theoretische Möglichkeit einer manipulativen Veränderung der Anlage, so dass die Überwachung danach nicht mehr ordnungsmäßiger Verwaltung entspräche, begründet alleine ihre Unzulässigkeit nicht; konkrete Umstände müssen eine Manipulation nahelegen.

Der Beschluss legt fest, dass sich der Erfassungswinkel allein auf das Sondereigentum der Eigentümer T und S erstrecken darf. Konkrete Umstände für eine manipulative Veränderung der Kameraausrichtung, so dass Dritte eine Überwachung durch die Kamera objektiv befürchten müssen, sind von den Klägern nicht dargetan. Die Tatsache, dass benachbarte Parteien vor Gericht Rechtsstreitigkeiten austragen, rechtfertigt für sich genommen nicht die Befürchtung einer Partei, künftig in den Überwachungsbereich einer Videoanlage einbezogen zu werden.

Klarstellend wies das Amtsgericht zudem daraufhin, dass entgegen der Ansicht der Klägerin in dem Beschluss kein bestimmter Kameratyp festgelegt werden muss. Der Beschluss regelt den Erfassungsbereich der Überwachungskamera; die Installation einer Kamera mit 360 Grad-Rundumsicht wäre von dem Beschluss nicht gedeckt.

 

Die Praxisempfehlung

Die Videoüberwachung eines Stellplatzes kann im berechtigten Interesse des jeweiligen Sondernutzungsberechtigten stehen. Hierzu kann er geeignete Maßnahmen ergreifen. Soweit sich die Überwachung auf den zwingend notwendigen Umfang beschränkt entspricht dies auch den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.

Bei der Abfassung solcher Beschlüsse ist eine sorgfältige Formulierung zu wählen. Dies sollte eine Selbstverständlichkeit sein, wird jedoch häufig, wie auch die erste Entscheidung des Amtsgerichts zeigt, nicht eingehalten. Unnötige Verfahrenskosten und Verzögerungen sind dann die Folge.

Dabei ist auch stets zu beachten, dass die Beschlussfassung bereits an einer nicht ausreichenden Einladung mit Hinweis auf die beabsichtigte Beschlussfassung in der Versammlung für unwirksam erklärt werden kann.

In kritischen Fällen sollten Sie sich bei der Erstellung der Einladung zur Eigentümerversammlung und bei der Formulierung des Beschlusses rechtlichen Rat einholen.

 

 

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