11 März

Welche Mängelbeseitigungskosten trägt der Handwerker? - Einschätzungs- und Prognoserisiko des Unternehmers

OLG Hamm, Urteil vom 25.11.2014, Az. 24 U 64/13

Das Praxisproblem

Stehen der Baumangel selbst und die Verantwortlichkeit hierfür fest, streiten sich die Parteien in einem zweiten Schritt oftmals über die Art der Mängelbeseitigung und damit über die Erforderlichkeit der tatsächlich notwendigen noch aufzubringenden oder bereits angefallenen Kosten der Mängelbeseitigung.

Die Entscheidung

Die Kläger erwerben von einem Bauträger eine Eigentumswohnung mit Dachterrasse. Es stellt sich heraus, dass diese kein Gefälle aufweist und es zu Durchfeuchtungen im Bereich der Wohnung des Klägers und anderen Wohnungen kommt. Nachdem sowohl das Sondereigentum als auch das Gemeinschaftseigentum betroffen sind, machen die Kläger Gewährleistungsansprüche gegen den Bauträger geltend.

Zuvor hatten die Kläger und die Eigentümergemeinschaft nach erfolgloser Fristsetzung zur Mängelbeseitigung unter Einholung eines Privatgutachtens umfangreiche Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt. Dabei wurde unter anderem die Terrassentür mit einer ca. 40 cm hohen Schwelle versehen und hierzu die Fenster- und Türflächen verkleinert. Die Kläger und die Gemeinschaft machen Schadenersatz und Minderungsansprüche insbesondere wegen des nunmehr reduzierten Einfalls von Licht und des erschwerten Zugangs zur Terrasse geltend.

Die Beklagte hatte sich darauf berufen, dass diese Art der Mängelbeseitigung nicht erforderlich gewesen sei, nachdem es sich bei den Mängeln um Handwerkerfehler im Bereich der Abdichtung gehandelt habe und die Planung mangelfrei gewesen sei. Die Klägerin habe voreilige und überzogene Mängelbeseitigungsmaßnahmen vorgenommen. Der - vermeintlich - schlecht leistende Unternehmer müsse nicht alles dulden, zumal dann nicht, wenn die Käufer ohne Not die gerichtliche Klärung nicht abwarten.

Tatsächlich hatte das in der 1. Instanz eingeholte gerichtliche Sachverständigengutachten festgestellt, dass die von der Eigentümergemeinschaft durchgeführte Art der Mangelbeseitigung nicht erforderlich gewesen sei und auch das fehlende Gefälle kein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik darstellen würde.

Gleichwohl hat das Oberlandesgericht Hamm den Klägern den geltend gemachten Anspruch zugestanden und zur Frage der Erforderlichkeit der Mängelbeseitigungsarbeiten deutlich gemacht:

„Abzustellen ist hinsichtlich der Erforderlichkeit von Mängelbeseitigungsmaßnahmen auf den Aufwand und die Kosten, die der Besteller bei verständiger Würdigung im Zeitpunkt der Mängelbeseitigung als vernünftiger, wirtschaftlich denkender Bauherr aufgrund sachkundiger Beratung oder Feststellung für erforderlich halten durfte und konnte, wobei es sich insgesamt um vertretbare Maßnahmen der Schadensbeseitigung oder Mängelbeseitigung handeln muss.“

„Im Übrigen trägt der Unternehmer, der durch die mangelhafte Leistung und die Weigerung der Mängelbeseitigung innerhalb der ihm gesetzten Frist das Risiko gesetzt hat, dass im Rahmen der dann durch den Besteller veranlassten Mängelbeseitigung auch Maßnahmen ergriffen werden, die sich in einer nachträglichen Bewertung als nicht erforderlich erweisen, das sog. Einschätzungs- und Prognoserisiko. Damit können auch diejenigen Kosten erstattungsfähig sein, die für einen erfolglosen oder sich später als unverhältnismäßig teuer herausstellenden Versuch aufgewendet wurden.“

Im konkreten Fall war das OLG Hamm der Auffassung, dass sich die Kläger auf das eingeholte Privatgutachten verlassen durften auch wenn das gerichtliche Sachverständigengutachten zu einer anderen Auffassung gekommen war.

Die Praxisempfehlung

  1. Achten Sie bei einer Mängelbeseitigung durch einen Dritten stets auf die Kosten. Luxussanierungen werden in den seltensten Fällen auf den mangelverursachenden Handwerker umgelegt werden können. Ist ein erheblicher Aufwand erforderlich, sollte dieser stets durch ein Sachverständigengutachten vorab abgesichert sein.
     
  2. Aber auch für den Handwerker gilt: die grundlose Verweigerung einer Mängelbeseitigung oder auch nur Prüfung kann zu erheblichen Mehrkosten führen, die dann der gewährleistungspflichtige Handwerker gleichwohl zu tragen hat.


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Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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