11 März

Sicherung von Gewährleistungsansprüchen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen - Wo sind die Grenzen der Wirksamkeit?

BGH, Urteil vom 22.01.2015, VII ZR 120/14

Das Praxisproblem

Die vom Auftraggeber eines Bauvorhabens vorgelegten Werkverträge stellen regelmäßig Allgemeine Geschäftsbedingungen dar.

Ist darin eine Sicherung der Gewährleistungsansprüche durch Bürgschaften enthalten, können sich diese sowohl auf das Erfüllungs- als auch das Gewährleistungsstadium beziehen. Dabei darf es zu keiner Übersicherung oder sonstige unangemessene Bevorteilung des Auftraggebers kommen. Fraglich ist, wo die Grenzen zu ziehen sind.

Die Entscheidung

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Fußballstadions. Sie beauftragt die inzwischen insolvente Auftragnehmerin (AN) mit der Errichtung einer Flutlichtanlage. Im von der Auftraggeberin gestellten Werkvertrag war unter anderem die Gültigkeit der VOB/B sowie die Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 5,0 Prozent der Auftragssumme als auch eine Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 3,0 Prozent der Auftragssumme einschließlich aller Nachträge durch die AN vereinbart worden.

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Dabei sahen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin vor, dass die AN „nach Empfang der Schlusszahlung und Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche“ verlangen kann, dass die Bürgschaft in eine Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 3,0 v.H. der Abrechnungssumme umgewandelt wird.

Noch vor der Abnahme knickte ein Flutlichtmaßt um. Nachdem die wegen Gewährleistung in Anspruch genommene Auftragnehmerin in die Insolvenz geraten ist, hat die Klägerin ihren Anspruch aus der Bürgschaft gegenüber der Bürgin weiter verfolgt.

Zu Unrecht, wie der Bundesgerichtshof ins seinem Urteil vom 22.01.2015 – VII ZR 120/14 entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes entschieden hat.

„In Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers eines Bauvertrags enthaltene Vertragsklauseln, wonach Gewährleistungsansprüche bis zur vorbehaltlosen Annahme der Schlusszahlung des Auftraggebers in Höhe von 8% der Auftrags- bzw. Abrechnungssumme durch Bürgschaften gesichert sind, benachteiligen den Auftragnehmer unangemessen und sind daher unwirksam.“

Dies schlägt auch auf den Sicherungsvertrag zwischen Auftraggeberin und Bürgin durch, nachdem bereits die zugrunde liegende Sicherungsabrede zwischen Auftraggeberin und Auftragnehmerin unwirksam ist.

Der Bundesgerichtshof hatte die Vertragsklauseln dahingehend ausgelegt, dass die Auftragnehmerin über einen unbestimmten Zeitraum hinaus berechtigt wäre, sowohl die Vertragserfüllungsbürgschaft, die zugleich Gewährleistungsansprüche sichert als auch die eigentliche Gewährleistungsbürgschaft in Anspruch zu nehmen und damit eine Sicherheit in Höhe von 8,0 Prozent der Auftragssumme erlangt hätte.

Dabei hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung in seiner Entscheidung vom 01.10.2014 bestätigt, in welchem er eine Sicherheit in Höhe von 7,0 Prozent der Auftragssumme über einen längeren Zeitraum als nicht mehr vom Sicherungsinteresse des Auftraggebers umfasst und damit in Allgemeinen Geschäftsbedingungen als unwirksam betrachtet hat.

Der Bundesgerichtshof hat zugleich deutlich gemacht, dass von einer kundenfeindlichsten Auslegung der Vereinbarung auszugehen sei und im konkreten Fall auch keine Anpassung der Klausel in Betracht komme, vielmehr die Klauseln über die Stellung einer Bürgschaft insgesamt unwirksam seien.

Die Praxisempfehlung

  1. Im Rahmen von Formularverträgen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist besondere Sorgfalt auf die Abfassung der einzelnen Vertragsklauseln zu legen. Dabei sind bestehende Vorlagen stets an die aktuelle obergerichtliche Rechtsprechung anzupassen. Die Grenzen zur rechtwidrigen Übersicherung des Auftraggebers sind fließend und können sich auch aus dem Zusammenspiel einzelner Vertragsklauseln ergeben.
     
  2. Dies hat dann meist zur Folge, dass überhaupt keine Sicherheit mehr besteht, insbesondere auch eventuelle Bürgen nicht in Anspruch genommen werden können.


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Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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