11 März

Achtung Baufalle - Wann muss der Auftragnehmer Bedenken gegen die Ausführung anmelden?

OLG Koblenz, Beschluss vom 23.12.2014, 3 U 814/14 und OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.02.2014, 22 U 101/13

Das Praxisproblem

Selten wird nur ein Handwerker auf der Baustelle tätig. Vielmehr greift eine Vielzahl von Gewerken ineinander und baut aufeinander auf.

Zeigt sich später ein Mangel, so stellt sich die Frage, welcher der beteiligten Handwerker für den Mangel verantwortlich ist und sich die Haftung auf mehrere Handwerker erweitern kann.

Die Entscheidung

Ein Straßenbauunternehmen hatte an einem Hausgrundstück Anschüttungen und Gartenbauarbeiten durchgeführt. Sie war unter anderem mit der Ausführung des Spritzschutzstreifens um das Gebäude herum beauftragt. Wie sich später herausstellte, waren die Anschüttungen und der Spritzschutzstreifen ausgeführt worden, ohne dass zuvor die Sockelabdichtung des Gebäudes von einem anderen Unternehmen ordnungsgemäß hergestellt worden wäre. Der Spritzschutzstreifen und die Anschüttungen selbst waren „mangelfrei“ ausgeführt worden, führten jedoch später zu aufsteigender Feuchtigkeit im Gebäude.

Der Bauherr nahm das Straßenbauunternehmen wegen der mangelhaften Sockelabdichtung auf Gewährleistung in Anspruch. Der Unternehmer berief sich darauf, dass seine Leistung selbst mangelfrei sei und er auch gar nicht beurteilen könne, ob zuvor eine Sockelabdichtung ordnungsgemäß hergestellt worden sei.

Ohne Erfolg, wie das OLG Koblenz mit Beschluss vom 23.12.2014 entschieden hat. Das Oberlandesgericht war der Auffassung, dass die Leistung des Straßenbauunternehmens mangelhaft war nachdem es der Straßenbauunternehmer versäumt hatte, die Leistung des Vorunternehmers zu prüfen und gegebenenfalls Bedenken anzumelden.

Nach Auffassung des OLG Koblenz muss jeder Werkunternehmer, der seine Arbeit im engen Zusammenhang mit der Vorarbeit eines anderen auszuführen hat, grundsätzlich prüfen und geeignete Erkundigungen einziehen, ob diese Vorarbeiten, Stoffe oder Bauteile eine geeignete Grundlage für sein Werk bieten und keine Eigenschaften besitzen, die den Erfolg seiner Arbeit in Frage stellen können. Der Rahmen dieser Verpflichtung und ihre Grenzen ergeben sich aus dem Grundsatz der Zumutbarkeit, wie sie sich nach den Umständen des Einzelfalls darstellt. Was hiernach zu fordern ist, bestimmt sich nach dem von dem Unternehmer zu erwartenden Fachwissen, nach seiner Kenntnis vom Informationsstand des Vorunternehmers und überhaupt durch alle Umstände, die für den Unternehmer bei hinreichend sorgfältiger Prüfung als bedeutsam erkennbar sind.

Das OLG Düsseldorf hat in seinem Beschluss vom 14.02.2014 - 22 U 101/13 in einem anderen Fall darauf hingewiesen, dass sich der Bauunternehmer für die eigenen Gewährleistungspflichten nicht auf eine fehlende Planung des Bauherren beziehungsweise dessen Architekten berufen kann, wenn er – ebenfalls im Rahmen des Zumutbaren – hätte erkennen können, dass eine solche erforderlich gewesen wäre aber gleichwohl nicht vorhanden war.

Die Rechtsprechung bestätigt damit seine Linie, dass ein Bauunternehmer auch für andere Gewerke mithaften kann, wenn sein eigenes Gewerk in unmittelbarem Zusammenhang dazu steht. Wie immer kommt es jedoch auf den Einzelfall an.

Die Praxisempfehlung

  1. Im Rahmen des Zumutbaren muss jeder Handwerker stets prüfen, ob das Gewerk, auf welches seine eigene Leistung aufbaut, mangelfrei ist.
     
  2. Jeder Handwerker sollte daher das Vorgewerk eingehend prüfen und vorsorglich auf bestehende Problemfelder hinweisen. Kann er selbst das Vorgewerk nicht beurteilen, so hat er dies entweder dem Bauherren oder dem bauleitenden Architekten möglichst schriftlich anzuzeigen und auf den Problembereich hinzuweisen. Dabei gilt: Besser mehr Bedenken anmelden als zu wenig.


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Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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