Können Wohnungseigentümer durch Beschluss die Kostentragung für Erhaltungsmaßnahmen zu Lasten einzelner Eigentümer ändern? Adobestock von AI machine
24 Juni

Können Wohnungseigentümer durch Beschluss die Kostentragung für Erhaltungsmaßnahmen zu Lasten einzelner Eigentümer ändern?

BGH, Urteile vom 22.03.2024, Az. V ZR 81/23 und V ZR 87/23

Das Praxisproblem

„Beim Geld hört der Spaß auf…“ heißt es so schön – wie richtig dieser Spruch ist, zeigen Streitigkeiten zwischen den Eigentümern von zwei Wohnungseigentümergemeinschaften, die Gegenstand von Entscheidungen des BGH waren.

In dem Verfahren V ZR 81/23 gehörte zu dem Gebäudekomplex auch eine Garage bei der 20 Stellplätze mit sog. Doppelparkern ausgerüstet sind. Diese ermöglichen über eine Hebeanlage das gleichzeitige Abstellen von zwei Fahrzeugen auf einem Stellplatz. Die Hebeanlage steht im Gemeinschaftseigentum, während die Stellplätze im Teileigentum stehen. Nach einem Defekt an der Hebeanlage konnten die Stellplätze nur noch mit einem Fahrzeug belegt werden.

Bisher war es so gewesen, dass Reparaturen an der Hebeanlage von allen Mitgliedern der WEG getragen worden sind. Im Zuge der anstehenden Reparatur der Hebeanlage fasste die WEG den Beschluss, dass die Reparaturkosten zukünftig gemeinschaftlich von den Teileigentümern der 20 Stellplätze zu tragen sind, welche mit einem Doppelparker ausgestattet sind.

Gegen diesen Beschluss wendete sich der Kläger, welcher Teileigentümer von vier mit einem Doppelparker ausgerüsteten Stellplätzen ist.

In dem Verfahren V ZR 87/23 mussten zu einer Dachgeschosswohnung gehörende Dachflächenfenster ausgetauscht werden. Die WEG fasste den Beschluss, die Fenster auszutauschen, die Kosten hierfür – abweichend von der bisherigen Regelung – aber alleine von dem Wohnungseigentümer zu tragen sind, zu dessen Wohnung die betroffenen Fenster gehören.

Gegen diesen Beschluss wendete sich der betroffene Wohnungseigentümer.

 

Die Entscheidung

In beiden Sachverhalten hat der Bundesgerichtshof die Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft auf der Grundlage des im Jahr 2020 grundlegend reformierten Wohnungseigentumsrechts bestätigt. Die Beschlüsse entsprachen den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.

Der BGH hat festgestellt, dass den Wohnungseigentümern bei Änderungen des Umlageschlüssels aufgrund des Selbstorganisationsrechts der Gemeinschaft ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt ist. Es darf jeder Maßstab gewählt werden, der die Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen berücksichtigt. Eine ungerechtfertigte Benachteiligung einzelner Wohnungseigentümer darf nicht entstehen.

Bei der Kostenverteilung muss auch der Gebrauch oder aber die Möglichkeit des Gebrauches des jeweiligen Gemeinschaftseigentums berücksichtigt werden.

Bei beiden Sachverhalten war dieses gegeben. Sowohl der Teileigentümer der 4 Stellplätze, die mit einem Doppelparker ausgestattet sind, profitiert ebenso wirtschaftlich von der Reparatur der Hebeanlage, wie in dem anderen Sachverhalt der Wohnungseigentümer von dem Austausch der Dachflächenfenster seiner Wohnung profitiert.

Dieses kann sogar so weit gehen, dass – wie in dem zweiten Sachverhalt – in Abkehr von Regelungen zur Kostentragung der Vergangenheit einzelne Wohnungseigentümer alleine mit den Kosten von Instandhaltungs- und Reparaturmaßnahmen von Gemeinschaftseigentum belastet werden. Hierbei kann sogar eine „echte“ Einzelfallregelung getroffen werden und ist es nicht notwendig, bereits Regelungen für die Behandlung künftiger, gleich gelagerter Sachverhalte zutreffend. Es war also kein Beschluss der WEG notwendig, dass künftig in allen Fällen, bei denen Fenster in einer Wohneinheit ausgetauscht werden müssen, die Kosten immer alleine von dem betroffenen Wohnungseigentümer getragen werden müssen.

Die betroffenen Eigentümer durften, wie der BGH auch festgestellt hat, nicht darauf vertrauen, dass es zu keiner Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen – vorliegend die Erweiterung der Mehrheitsmacht innerhalb der WEG – kommt.

 

Die Praxisempfehlung

Die Kosten von Reparatur- und Instandhaltungsmaßnahmen von Gemeinschaftseigentum können durch Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft auch einzelnen Wohnungseigentümern oder sogar einem Wohnungseigentümer alleine auferlegt werden. Dieses ist möglich, wenn eine Gebrauchsmöglichkeit für die betroffenen Eigentümer vorliegt und keine ungerechtfertigte Benachteiligung einzelner Wohnungseigentümer entsteht.

 

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