12 Dezember

Sachgrundlose Befristung bei länger als drei Jahre zurückliegender Vorbeschäftigung

LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.09.2013, Az. 6 Sa 28/13

Verhindert eine länger als drei Jahre zurückliegende Vorbeschäftigung bei dem gleichen Arbeitgeber eine wirksame Befristung des Arbeitsverhältnisses?

- Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg contra Bundesarbeitsgericht

Das Praxisproblem

Das Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG) sieht für einen Arbeitgeber die Möglichkeit vor, einen Arbeitnehmer, mit dem er noch nicht in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat, befristet einzustellen. Dabei kann der Arbeitsvertrag, ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes, höchstens drei Mal bis zu einer Dauer von insgesamt zwei Jahren verlängert werden.

Bis zu der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 06.04.2011 (Az. 7 AZR 216/09) wurde eine Befristung dann als nicht zulässig angesehen, wenn zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber irgendwann in der Vergangenheit bereits ein Arbeitsverhältnis bestanden hatte. Mit dem Urteil vom 06.04.2011 gab das Bundesarbeitsgericht diese Rechtsprechung auf und entschied, eine Befristung sei dann zulässig, wenn ein früheres Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurück liegt. Der Dreijahreszeitraum war dabei an die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB angelehnt.

Diese Rechtsauffassung des Bundesarbeitsgerichts lässt sich dem Wortlaut der Norm des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG allerdings nicht entnehmen. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg in Stuttgart ist daher in einem Urteil vom 26.09.2013 von der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 06.04.2011 abgewichen.

Die Praxisentscheidung

In dem streitgegenständlichen Fall war der Kläger bei einem Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie bereits in dem Jahr 2007 von August bis November beschäftigt.

Es erfolgte eine weitere befristete Beschäftigung von Februar 2011 bis Juni 2011, welche bis zum 31.05.2012 und dann nochmals bis zum 31.01.2013 verlängert wurde.

Mit der Klage wandte sich der Kläger gegen die Befristung des Arbeitsvertrages. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg in Stuttgart gab ihm Recht und wich von der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2011 mit der Begründung ab, dass die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts von dem eindeutigen Wortlaut der Norm des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG abweiche und dadurch die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung überschritten seien.

Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg hätte das Bundesarbeitsgericht die Norm des Teilzeitbefristungsgesetzes zumindest dem Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit vorlegen müssen. Zudem weiche die Rechtsprechung des 7. Senates des Bundesarbeitsgerichts von der des 2. Senates ab.

Wegen der entgegenstehenden Rechtsauffassung des Bundesarbeitsgerichtes wurde die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Die Praxisempfehlung

  1. Bei der befristeten Wiedereinstellung eines bereits zuvor einmal in einem Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer ist Vorsicht geboten. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes, wonach eine länger als drei Jahre zurückliegende Vorbeschäftigung nicht befristungsschädlich ist, ist arbeitsmarktpolitisch sinnvoll, steht aber – und hierauf weist das LAG Baden-Württemberg zu Recht hin – im Widerspruch zu dem Wortlaut des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG. Möglicherweise kommt es hier erst durch das Bundesverfassungsgericht zu einer abschließenden Entscheidung.
     
  2. Ein Arbeitnehmer kann auch im Nachhinein die Unwirksamkeit einer Befristung geltend machen. Dieses gilt auch dann, wenn er sich zuvor mit dieser einverstanden erklärt hat. Vor der befristeten Einstellung von Mitarbeitern sollte daher in jedem Fall überprüft werden, ob in der Vergangenheit bereits einmal ein – auch lange zurückliegendes – Arbeitsverhältnis bestanden hat. Im Einzelfall muss dann das Risiko abgewogen werden, ob trotzdem eine Befristung vereinbart werden soll. In jedem Fall sollte die aktuelle Entwicklung der Rechtsprechung beobachtet werden.


Wir stehen Ihnen gerne jederzeit beratend zur Verfügung. Sprechen Sie uns an!


Beate Puplick, Fachanwältin für Arbeitsrecht Fachanwältin für Familienrecht, Wirtschaftsmediatorin
Cordula Zimmermann, Fachanwältin für Arbeitsrecht

Gelesen 28439 mal

Wir brauchen Ihre Zustimmung!

Diese Webseite verwendet Google Maps um Kartenmaterial einzubinden. Bitte beachten Sie, dass hierbei Ihre persönlichen Daten erfasst und gesammelt werden können.
Um die Google Maps Karte zu sehen stimmen Sie bitte zu, dass diese vom Google-Server geladen wird. Weitere Informationen finden sie HIER