Nachversteuerung eines geerbten Familienwohnheims?
17 Juni

Nachversteuerung eines geerbten Familienwohnheims?

BFH, Urteil vom 11.07.2019 - II R 38/16

Das Praxisproblem

Der Erwerb des Eigentums oder Miteigentums an einem selbstbewohnten Familienheim von Todes wegen durch den überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner ist nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen steuerfrei.

Eine der Voraussetzung ist, dass der überlebende Partner das Familienheim unverzüglich zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Die Erbschaftsteuerbefreiung entfällt rückwirkend, wenn der überlebende Partner das Eigentum an dem Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb auf einen Dritten überträgt.

Gilt das auch dann, wenn das Familienheim auf einen Dritten übertragen, die Selbstnutzung aufgrund eines lebenslangen Nießbrauchs aber fortgesetzt wird?

 

Die Entscheidung

Nach dem Tod ihres Ehemannes hatte die Klägerin das gemeinsam bewohnte Einfamilienhaus geerbt und war darin wohnen geblieben. Anderthalb Jahre nach dem Erbfall schenkte sie das Haus ihrer Tochter. Sie behielt sich einen lebenslangen Nießbrauch vor und zog nicht aus.

Das Finanzamt gewährte die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) rückwirkend nicht mehr, weil die Klägerin das Familienheim verschenkt hatte.

Der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigte diese Entscheidung mit Urteil vom 11.07.2019 - II R 38/16.

Mit der Steuerbefreiung habe der Gesetzgeber den familiären Lebensraum schützen und die Bildung von Wohneigentum durch die Familie fördern wollen. Deshalb kann die Befreiung nur derjenige überlebende Ehegatte oder Lebenspartner in Anspruch nehmen, der Eigentümer der Immobilie wird und sie selbst zum Wohnen nutzt.

Wird die Nutzung innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb aufgegeben, entfällt die Befreiung rückwirkend. Gleiches gilt bei der Aufgabe des Eigentums.

Andernfalls könnte eine Immobilie steuerfrei geerbt und kurze Zeit später weiterveräußert werden. Dies würde dem Förderungsziel zuwiderlaufen.

Der BFH argumentiert mit Blick auf den Gesetzeswortlauft wie folgt: Hätten in dem Nachversteuerungstatbestand Aussagen lediglich zur weiteren Nutzung des Familienheims innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb getroffen werden sollen, hätte die kürzere Formulierung „Selbstnutzung zu Wohnzwecken“ oder „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ ausgereicht. Der in der Vorschrift verwendete Begriff „Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken“ spreche dafür, dass sowohl die Nutzung als auch die Eigentümerstellung des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners während des Zehnjahreszeitraums bestehen bleiben müssen.

 

Die Praxisempfehlung

Um eine Nachversteuerung des selbst bewohnten Familienheims zu vermeiden, muss der überlebende Partner das Familienheim selbst für die Dauer von 10 Jahren nach Erwerb selbst bewohnen und muss während dieser Zeit Eigentümer der Immobilie bleiben.

 

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