Ist ein Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer durch eine arbeitsvertraglich vereinbarte Verfallklausel ausgeschlossen?
19 Juli

Ist ein Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer durch eine arbeitsvertraglich vereinbarte Verfallklausel ausgeschlossen?

BAG, Urteil vom 07.06.2018, Az. 8 AZR 96/17

Das Praxisproblem

In einem Arbeitsvertrag sind oftmals Verfalls- oder Ausschlussklauseln für Ansprüche vereinbart, die das Arbeitsverhältnis betreffen.

Diese Verfalls- oder Ausschlussklauseln gelten sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber. Beide Parteien aus dem Arbeitsverhältnis können sich auf eine solche Frist berufen.

Es gibt Fälle, in denen der Arbeitgeber einen Schaden erleidet, den er sowohl gegenüber einem Dritten als auch gegen den Arbeitnehmer geltend machen kann. Um das Arbeitsverhältnis nicht weiter zu belasten, verfolgt der Arbeitgeber in der Regel zunächst den Schadensersatzanspruch gegenüber dem Dritten.

Hat der Arbeitgeber im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens nicht die Möglichkeit, seinen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Dritten durchzusetzen, ist die Arbeitnehmerhaftung aufgrund der arbeitsvertraglich vereinbarten Verfalls- oder Ausschlussklausel oftmals schon verfristet.

 

Die Entscheidung

In dem vom Bundesarbeitsgericht zu entscheidenden Fall betrieb die Arbeitgeberin ein Autohaus. Der Arbeitnehmer war dort als Verkäufer beschäftigt. Im Arbeitsvertrag der Parteien war bestimmt, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit verfallen, spätestens jedoch innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn sie nicht vorher gegenüber dem Vertragspartner schriftlich geltend gemacht worden sind.

Im Betrieb des Arbeitgebers bestand ferner die Anweisung, ein Neufahrzeug, das entweder nicht vollständig bezahlt war oder für das keine gesicherte Finanzierung vorlag, nicht an einen Käufer herausgegeben werden darf, es sei denn dass eine Einwilligung der Arbeitgeberin vorliegt.

Der Arbeitnehmer verkaufte ein Fahrzeug an einen Kunden. Der Kunde leistete auf den Kaufpreis eine Anzahlung und drängte auf Überlassung des PKWs für ein Wochenende. Er sagte zu, das Fahrzeug am darauffolgenden Montag wieder zurückzubringen. Der Arbeitnehmer überließ entgegen der Anweisung der Arbeitgeberin dem Kunden das Fahrzeug. Der Kunde brachte das Fahrzeug allerdings nicht wieder zurück.

Zunächst versuchte die Arbeitgeberin, den entstandenen Schaden aufgrund des Diebstahls gegenüber dem Kunden geltend zu machen. Hierzu reichte die Arbeitgeberin eine Klage auf Schadensersatz gegen den Kunden ein. Die Zustellung der Klage scheiterte, da der Kunde unauffindbar war.

Anschließend versuchte die Arbeitgeberin den Schadenersatz gegenüber dem Arbeitnehmer weiterzuverfolgen. Dieser berief sich auf die arbeitsvertraglich vereinbarte Ausschlussfrist.

Bereits in den Vorinstanzen wurde die Klage abgewiesen. In der Revision vor dem Bundesarbeitsgericht hatte die Arbeitgeberin ebenfalls keinen Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht ließ offen, ob der Arbeitnehmer durch die Herausgabe des Fahrzeugs an den Kunden seine Vertragspflichten aus dem Arbeitsverhältnis verletzt hat. Etwaige Schadensersatzansprüche der Arbeitgeberin gegen den Arbeitnehmer seien bereits aufgrund der vertraglichen Ausschlussklauseln verfallen.

Die Ausschlussfrist begann spätestens zu dem Zeitpunkt zu laufen, als sich die Arbeitgeberin entschlossen hatte, Klage gegen den Kunden zu erheben. Die etwa dreieinhalb Monate später erfolgte Geltendmachung gegenüber dem Arbeitnehmer war daher bereits verfristet.

 

Praxisempfehlung

Wenn sich der Arbeitgeber zunächst entscheidet, Schadensersatzansprüche gegenüber seinen Kunden zu verfolgen, sollte darauf geachtet werden, dass Ansprüche gegen den Arbeitnehmer nicht verfallen.

Dieses kann durch eine Streitverkündung geschehen. Die Streitverkündung bewirkt, dass die Verfallsfristen möglicher Schadensersatzansprüche aus dem Arbeitsverhältnis gehemmt sind. Die Hemmung der Verfallsfristen endet erst 6 Monate nach Beendigung des Rechtsstreits zwischen dem Arbeitgeber und dem Kunden.

Der Arbeitgeber kann damit etwaige Schadensersatzansprüche auch gegenüber dem Arbeitnehmer zu verfolgen, wenn die Rechtsverfolgung gegenüber dem Kunden nicht erfolgreich war.

 

Wir stehen Ihnen gerne jederzeit beratend zur Verfügung. Sprechen Sie uns an!

 

Beate Puplick

Fachanwältin für Arbeitsrecht,

Fachanwältin für Familienrecht,

Wirtschaftsmediatorin

 

Gelesen 1792 mal

Wir brauchen Ihre Zustimmung!

Diese Webseite verwendet Google Maps um Kartenmaterial einzubinden. Bitte beachten Sie, dass hierbei Ihre persönlichen Daten erfasst und gesammelt werden können.
Um die Google Maps Karte zu sehen stimmen Sie bitte zu, dass diese vom Google-Server geladen wird. Weitere Informationen finden sie HIER