Kann ein Kommanditist Ansprüche der Kommanditgesellschaft gegen den Fremdgeschäftsführer der Komplementär GmbH geltend machen?
21 März

Kann ein Kommanditist Ansprüche der Kommanditgesellschaft gegen den Fremdgeschäftsführer der Komplementär GmbH geltend machen?

BGH, Urteil vom 19.12.2017, Az. II ZR 255/16

Das Praxisproblem

Wie können Ansprüche einer Kommanditgesellschaft gegen den Fremdgeschäftsführer der Komplementär GmbH geltend gemacht werden?

Können diese Ansprüche auch durch Kommanditisten der Kommanditgesellschaft geltend gemacht werden?

Dass es sich hier keinesfalls um eine theoretische Fragestellung handelt, zeigt ein Sachverhalt den der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 19.12.2017 (Az. II ZR 255/16) abschließend entschieden hat.

Die Entscheidung

Der Entscheidung des Bundesgerichtshofes lag ein in der Praxis durchaus häufig vorkommender Sachverhalt zugrunde. Eine vermögende ältere Dame verwaltete ihr Vermögen unter anderem in einer in der Rechtform der GmbH & Co. KG geführten Gesellschaft.

Alleinige Kommanditistin der Kommanditgesellschaft war die ältere Dame, die auch die alleinige Gesellschafterin der Komplementär GmbH war. Diese wiederum wurde von einem Fremdgeschäftsführer geleitet.

Kurz vor dem Tode der älteren Dame erwarb der Fremdgeschäftsführer für die Kommanditgesellschaft ein Grundstück zum Preis von rd. 7,2 Millionen Euro.

Die ältere Dame verstarb. Ihr Testament sah vor, dass für die Dauer von 10 Jahren eine Testamentsvollstreckung angeordnet wird. Zum Testamentsvollstrecker wurde der Geschäftsführer bestimmt.

Die Erben der Erblasserin behaupteten, der Fremdgeschäftsführer habe das Grundstück für die Gesellschaft zu einem deutlich überhöhten Preis angekauft und sich daher schadensersatzpflichtig gemacht. Ein Antrag auf Auswechselung des Fremdgeschäftsführers wurde von dem Nachlassgericht abgelehnt.

Die Erben verklagten den Fremdgeschäftsführer auf die Zahlung von Schadensersatz. Nachdem auch der Fremdgeschäftsführer und Testamentsvollstrecker verstorben war, wurde vom Nachlassgericht ein neuer Testamentsvollstrecker eingesetzt.

Dieser ermächtigte die Erben der Erblasserin alle Ansprüche der Kommanditgesellschaft (also des Nachlasses) im Zusammenhang mit dem streitigen Ankauf des Grundstückes im eigenen Namen und auf eigene Kosten bei Zahlung an den Nachlass geltend zu machen. Diesen Anspruch machten die Erben der Erblasserin hilfsweise gegen die Erben des Fremdgeschäftsführers und ursprünglichen Testamentsvollstreckers geltend.

Die Klage hatte in der ersten Instanz keinen Erfolg. Die Berufungsinstanz gab dem Hilfsantrag statt und verurteilte die Beklagten zur Zahlung von rund 1,7 Millionen € an den Nachlass.

Diese Entscheidung wurde vom Bundesgerichtshof aufgehoben. Den Erben fehlt es an der notwendigen Prozessführungsbefugnis. Eine sog. actio pro socio, also die Geltendmachung eines Anspruches aus dem Gesellschaftsverhältnis durch einen Gesellschafter im eigenen Namen gegen einen Mitgesellschafter auf Leistung an die Gesellschaft sei nicht möglich. Dieses scheidet bereits deswegen aus, weil der Fremdgeschäftsführer kein Mitgesellschafter war.

Auch die durch den Testamentsvollstrecker erteilte Bevollmächtigung Ansprüche der Gesellschaft gegen den zwischenzeitlich verstorbenen Fremdgeschäftsführer, also gegen dessen Erben geltend zu machen, hilft den Klägern nicht weiter. Der Testamentsvollstrecker kann nur über Ansprüche der Erblasserin verfügen. Hier handelt es sich aber nicht um einen Anspruch der Erblasserin, sondern um einen Anspruch der GmbH & Co. KG gegen den Geschäftsführer der Komplementär GmbH

Richtigerweise hätten vorliegend die Kommanditisten im Wege der actio pro socio die Komplementär GmbH direkt auf Zahlung von Schadensersatz an die Gesellschaft verklagen müssen. Dieses aufgrund der fehlerhaften Führung der Geschäfte der Kommanditgesellschaft durch den überteuerten Ankauf des Grundstücks. Die Komplementär GmbH wiederum hätte dann einen Anspruch gegenüber ihrem Geschäftsführer, in welchen die Kommanditgesellschaft vollstrecken kann.

Die Praxisempfehlung

Die Entscheidung zeigt, dass gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten immer eine sorgfältige Analyse des Sachverhaltes erfordern und nicht auf die „leichte Schulter“ genommen werden dürfen.

Bei der Gestaltung von Gesellschaftsverträgen sollten Sie immer die Widrigkeiten des Lebens berücksichtigen. Nicht nur Gesellschafter machen Fehler und sterben (unerwartet), sondern auch Fremdgeschäftsführer oder Testamentsvollstrecker. Treffen Sie Vorsorge – auf den Todesfall und für die Risikofälle zu Lebzeiten, indem Sie beispielsweise einen zweiten Geschäftsführer bestellen. Wir haben für Sie individuelle Gestaltungsvorschläge aus unserem „Notfallkoffer“.

 

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