Wohnungseigentumsrecht – Kann die Gemeinschaft auf Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung klagen?
21 Februar

Wohnungseigentumsrecht – Kann die Gemeinschaft auf Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung klagen?

Bundegerichtshof, Urteil vom 13.10.2017 – V ZR 305/16

Das Praxisproblem

Welche Beschlüsse die Eigentümergemeinschaft treffen darf und wie die Interessen der Gemeinschaft oder einzelner Eigentümer wirksam und richtig durchgesetzt werden können,

erschließt sich dem Wohnungseigentümer meist nicht auf den ersten Blick. Auch Verwalter tun sich hier oftmals schwer.

Häufig stellt sich die Frage, ob die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine ausreichende, sogenannte Beschlusskompetenz hat. Dies hat bereits deshalb erhebliche Konsequenzen, nachdem Beschlüsse ohne ausreichende Beschlusskompetenz nicht nur anfechtbar, sondern von vornherein nichtig sind und daher nicht in Bestandkraft erwachsen können.

 

Die Entscheidung

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. In einem Vorprozess wurde der in der Gemeinschaftsordnung geregelte Kostenverteilungsschlüssel von dem Landgericht als unwirksam angesehen.

Daraufhin ließen einige Miteigentümer eine Vereinbarung notariell beurkunden, mit der der Umlageschlüssel geändert werden sollte, darüber hinaus aber auch die Regelungen der Teilungserklärung zu Sondernutzungsrechten, Instandhaltungspflichten und zur Art der Nutzung des Wohnungs- und Teileigentums sowie die Regelung in der Gemeinschaftsordnung über den Verwalter.

Diese Vereinbarung wurde den übrigen Miteigentümern zur Kenntnis gegeben mit der Aufforderung, ihr in notarieller Form zuzustimmen. Nachdem sich einige Eigentümer weigerten, der Änderung zuzustimmen, wurde in einer Eigentümerversammlung der nachfolgende Beschluss gefasst:

"Die Hausverwaltung wird beauftragt und ermächtigt, außergerichtlich und nötigenfalls gerichtlich, die noch fehlenden Zustimmungen der Eigentümer im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft einzuholen und durchzusetzen. [...]"

Hiergegen wehrte sich ein Eigentümer mit Hilfe einer Anfechtungsklage. Diese wies das Amtsgericht noch zurück. Das Berufungsgericht gab der Klage jedoch mit Hinweis auf die fehlende Beschlusskompetenz der Gemeinschaft statt, was der Bundesgerichthof jetzt bestätigt hat.

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung darauf hingewiesen, dass die Gemeinschaft keine Rechte durchsetzen könne, für welche der Gesetzgeber nur einen Individualanspruch des einzelnen Miteigentümers vorgesehen hat.

Bei der Frage der Änderung der Teilungserklärung als von allen Miteigentümern zu bestätigenden und damit zu vereinbarenden Maßnahme ist der Kern der Rechte jedes einzelnen Miteigentümers betroffen.

Als Kompetenzgrundlage für einen Beschluss der Gemeinschaft kommt allein die Regelung des § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG in Betracht; dessen Voraussetzungen lagen jedoch nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht vor, nachdem gerade kein gemeinschaftsbezogener Anspruch geregelt werden sollte.

Bei dem Anspruch auf Änderung der Teilungserklärung handelt es sich vielmehr um einen Individualanspruch des Wohnungseigentümers aus § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG zur Vermeidung unbilliger Härten für welchen eine Ausübungsbefugnis des Verbandes nicht begründet werden kann. Auch für den umgekehrten Fall, dass alle übrigen Wohnungseigentümer die Änderungen der Teilungserklärung verlangen, sich aber nur ein einzelner Miteigentümer weigert, kann eine solche Beschlusskompetenz der Gemeinschaft nicht begründet werden.

 

Die Praxisempfehlung

Zu beachten ist in der vorliegenden Entscheidung dass der Bundesgerichtshof die Kompetenz jedes einzelnen Miteigentümers gegen den sich weigernden Miteigentümer auch gerichtlich vorzugehen, ausdrücklich bejahte.

Im Ergebnis hatten die übrigen Miteigentümer gegebenenfalls das richtige Ziel, in jedem Fall aber den falschen Weg gewählt. Holen Sie sich daher auch als Verwalter vorab rechtlichen Rat ein, damit nicht unwirksame oder sogar nichtige Beschlüsse gefasst werden.

Bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs waren seit der erstinstanzlichen Entscheidung zwar „nur“ eineinhalb Jahre vergangen, gleichwohl führt ein langwieriger Gerichtsprozess gerade in der Frage der Gemeinschaftsordnung zu einer vollständigen und immer unerwünschten Blockierung der Gemeinschaft. Dies sollte vermieden werden.

 

 

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