02 November

Muss die freigestellte Ehefrau Entgelt an den Insolvenzverwalter zurückzahlen?

BAG, Urteil vom 17.12.2015, Az. 6 AZR 186/14

Wird ein Arbeitnehmer von der Arbeit unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt, steht der Zahlung keine Gegenleistung gegenüber. Es handelt sich also um eine unentgeltliche Zahlung. Der Insolvenzverwalter kann daher die Zahlung für die letzten vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens anfechten.

Das Praxisproblem

Arbeitet ein Ehepartner im Betrieb des anderen Ehepartners als Arbeitnehmer mit und kommt es zur Trennung der Eheleute, wird nicht selten der mitarbeitende Ehegatte von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt. Das mit ihm vereinbarte Arbeitsentgelt wird jedoch fortgezahlt. Problematisch ist diese Konstellation, wenn über das Vermögen bzw. die Firma des Ehepartners ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Da der Entgeltzahlung bei der Freistellung keine Leistung gegenüber steht, wird die Entgeltzahlung als unentgeltliche Zahlung angesehen. Unentgeltliche Zahlungen, also Zahlungen ohne Gegenleistung, können in einen Zeitraum von bis zu vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Insolvenzverwalter angefochten werden. Die geleisteten Zahlungen sind sodann vom Zahlungsempfänger an den Insolvenzverwalter zurückzuzahlen.

 

Die Entscheidung

Der Schuldner im Rahmen eines Insolvenzverfahrens war Inhaber eines Kleinbetriebes. Seine Ehefrau war bei ihm in der Zeit vom 01.09.2003 bis 30.10.2009 mit einem monatlichen Bruttoentgelt in Höhe von 1.100,00 € beschäftigt. Nachdem sich die Eheleute getrennt hatten, stellte der Schuldner die Ehefrau von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei und zahlte ihr das monatliche Bruttoentgelt fort.

Am 21.01.2010 wurde über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter focht gegenüber der Ehefrau im Mai 2010 die Gehaltszahlungen von Oktober 2005 bis August 2009 in Höhe von 29.696,01 € netto an.

Das BAG hat in der oben zitierten Entscheidung entschieden, dass Gehaltszahlungen ohne Arbeitsleistung, also ohne Gegenleistung, unentgeltliche Zahlungen sind. Denn es gelte der Grundsatz „kein Entgelt ohne Arbeit“.

Der Insolvenzverwalter konnte daher zu Recht gemäß § 134 Abs. 1 InsO die unentgeltlichen Leistungen des Schuldners für den Zeitraum der letzten vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens anfechten. Die Anfechtung führt dazu, dass die Ehefrau die empfangenen Nettozahlungen an den Insolvenzverwalter erstatten muss.

 

Praxisempfehlung

Trennen sich die Eheleute und ist einer der beiden bei dem anderen Ehegatten im Rahmen eines Ehegattenarbeitsverhältnisses angestellt, sollte das Arbeitsverhältnis entweder in vollem Umfang fortgesetzt werden oder aber durch schriftlich formulierte Kündigung oder Aufhebung beendet werden.

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