02 November

Besteht ein Anspruch auf Nachtarbeitszuschlag auch ohne tarifvertragliche Vereinbarung?

BAG, Urteil vom 09.12.2015, Az. 10 AZR 423/14

Haben Arbeitnehmer gemäß § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) Anspruch auf einen angemessenen Nachtarbeitszuschlag oder eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage, wenn keine tarifvertraglichen Regelungen bestehen?

Das Praxisproblem

In Betrieben, für die kein Tarifvertrag gilt, wird zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer oftmals kein Nachtarbeitszuschlag vereinbart. Laut Gesetz, § 6 Abs. 5 ArbZG, steht den Arbeitnehmern ein „angemessener Zuschlag“ oder eine „angemessene Zahl bezahlter freier Tage“ zu. Das BAG hat den Begriff „angemessen“ jetzt wie nachfolgend dargestellt definiert.

 

Die Entscheidung

Der Kläger ist bei der Beklagten als Fahrer beschäftigt. Er ist im Paketlinientransportdienst eingesetzt. Seine Arbeitszeit beginnt regelmäßig um 22:00 Uhr und endet unter Einschluss von Pausen um 06:00 Uhr. Die Beklagte ist nicht tarifgebunden. Sie zahlte dem Kläger ohne ausdrückliche arbeitsvertragliche Vereinbarung zunächst einen Nachtarbeitszuschlag von 11% und später von 20%. Der Kläger begehrte mit seiner Klage jedoch einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 30% seines Bruttostundenlohnes bzw. einen entsprechenden Freizeitausgleich von zwei Arbeitstagen für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden.

Nachtarbeit ist gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG die Arbeitszeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien in der Zeit von 22:00 Uhr bis 05:00 Uhr. Nachtarbeit ist gemäß § 2 Abs. 4 ArbZG dabei jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfasst. Das BAG hat in seiner Entscheidung festgelegt, dass ein Zuschlag von 25% auf den Bruttostundenlohn ein angemessener Nachtarbeitszuschlag ist. Angemessen ist auch eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage.

Eine Reduzierung dieses Nachtarbeitszuschlages kann dann in Betracht kommen, wenn Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst erbracht wird und hierdurch eine spürbar geringere Arbeitsbelastung besteht.

Erhöht sich aber die Belastung zum Beispiel bei Dauernachtarbeit, erhöht sich auch der Nachtarbeitszuschlag. Gemäß der Entscheidung des BAG ist in diesen Fällen ein Zuschlag in Höhe von 30% auf den Bruttomonatslohn bzw. eine entsprechende Anzahl freier Tage ein angemessener Nachtarbeitszuschlag.

Unberücksichtigt bleibt die Höhe des vereinbarten Stundenlohnes. Die Höhe des vereinbarten Stundenlohnes ist nur dann relevant, wenn erkennbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass in dem Stundenlohn bereits ein Nachtarbeitszuschlag oder ein anteiliger Nachtarbeitszuschlag enthalten ist.

 

Praxisempfehlung

  1. Erbringt ein Arbeitnehmer nach der oben dargestellten Definition Nachtarbeit außerhalb der Arbeitsbereitschaft oder des Bereitschaftsdienstes, ist ihm auch ohne arbeitsvertragliche Vereinbarung ein Zuschlag auf den Bruttomonatslohn in Höhe von 25%, bei Dauernachtarbeit in Höhe von 30% zu zahlen. Alternativ kann ihm eine entsprechende Anzahl freier bezahlter Tage gewährt werden.
  2. Es ist nicht erforderlich, dies im Rahmen einer Arbeitsvertragsergänzung zu vereinbaren, da sich dieser Anspruch auf einen angemessenen Nachtarbeitszuschlag aus dem Gesetz ergibt sowie der aktuellen Rechtsprechung des BAG. Liegt ein Tarifvertrag vor, ergibt sich hieraus der Nachtarbeitszuschlag und dessen Höhe.
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