01 März

Führt die Verwendung unwirksamer AGB in einem Werkvertrag zur Schadensersatzpflicht des Unternehmens?

Was aber gilt, wenn der andere Vertragspartner irrtümlich auf die Rechtswirksamkeit der unwirksamen Klauseln vertraut und eine Individualvereinbarung mit dem Klauselverwender getroffen hat, welche er in dieser Form nicht getroffen hätte, wenn ihm die Unwirksamkeit bekannt gewesen wäre. Ist der Klauselverwender verpflichtet, seinen Vertragspartner von dieser Individualvereinbarung freizustellen und ggf. Schadenersatz zu leisten oder "repariert" die Individualvereinbarung die unwirksame Klausel? 

Die Entscheidung:

Das OLG Karlsruhe hat mit Urteil vom 03.05.2012 (Az. 9 U 74 / 11)) entschieden, dass der Verwender einer unwirksamen AGB-Klausel verpflichtet ist, sämtliche Nachteile auszugleichen, welche dem anderen Vertragspartner dadurch entstanden sind, dass er im Vertrauen auf die Wirksamkeit der AGB-Regelung Dispositionen getätigt hat.

In dem Fall, welcher der Entscheidung zugrunde lag, hatte ein Ehepaar einen Unternehmer mit der Lieferung und Montage einer individuell geplanten Einbauküche beauftragt. Die AGBs des Unternehmers sahen u. a. vor, dass bei Vertragsschluss rund 20 % des Werklohnes zu zahlen war und der Rest spätestens nach Lieferung. Nachdem die Anzahlung geleistet worden war, bat das Ehepaar um Abänderung der Zahlungsbedingungen. Daraufhin vereinbarten die Parteien, dass weitere 70 % sofort per Überweisung gezahlt werden sollten und die restlichen 10 % des Werklohns nach dem kompletten Einbau. Nach dem Einbau rügten die Eheleute zahlreiche Mängel. Der Unternehmer verwies auf die Zahlungsbedingungen und machte die Mangelbeseitigung von der Zahlung des vollständigen Werklohnes abhängig. Das Ehepaar verweigerte dies und verlangte die Rückabwicklung des Vertrages.

Das OLG Karlsruhe gab dem Ehepaar Recht. Vorliegend handele es sich um einen Werkvertrag. Bei einem Werkvertrag sei der Unternehmer immer vorleistungspflichtig und könne die Bezahlung des Werklohnes erst nach einer vollständigen Abnahme seiner Leistungen verlangen. Die Regelung in den AGB weiche von diesem gesetzlichen Leitbild ab und sei daher unwirksam. Erst diese unwirksame Zahlungsregelung habe das Ehepaar veranlasst, eine abweichende Zahlungsvereinbarung zu treffen, welche ebenso ungünstig für die Besteller gewesen sei. Die Verwendung unwirksamer AGBs stellt nach Ansicht des OLG eine vorvertragliche Pflichtverletzung dar. Daher ist der Unternehmer verpflichtet, den anderen Vertragspartner so zu stellen, wie er gestanden hätte, wenn er nicht auf die unwirksame Klausel vertraut hätte. Im vorliegenden Fall bedeutete dies, dass der Unternehmer verpflichtet war, die Besteller von den Wirkungen der später geschlossenen Individualvereinbarung freizustellen.

Der Hinweis für die Praxis:

Nach der Entscheidung des OLG Karlsruhe führt die Verwendung unwirksamer AGB-Klauseln zu Schadensersatzansprüchen, sofern der andere Vertragspartner im Hinblick auf die unwirksame Klausel Dispositionen tätigte. Dabei kommen in diesem Zusammenhang nicht nur ungünstige Zahlungsregelungen in Betracht, sondern auch etwa Investitionen, zu denen der Besteller eigentlich nicht verpflichtet war. Im Falle von finanziellen Dispositionen seitens des anderen Vertragspartners wäre sogar an Geldersatz zu denken.

Die Verwendung unwirksamer AGB-Klauseln birgt somit noch weitere Gefahren als allein die Unwirksamkeit der betreffenden vertraglichen Regelungen. Dies kann unter Umständen dazu führen, dass sich der Verwender der unwirksamen Klausel in erheblichem Umfang schadenersatzpflichtig macht.

Unternehmer sollten daher ihre Vertragswerke regelmäßig auf unwirksame Klauseln überprüfen lassen. Dadurch werden auch Haftungsrisiken vermieden.

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Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht
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