01 Februar

Verdeckte Provisionen bei der Vermittlung von Kapitalanlagen

Das Praxisproblem:


Als steuerbegünstigte Bauherren- und Erwerbermodelle werden solche verstanden, bei denen der Kapitalansatz ganz oder teilweise durch Steuervorteile, in der Regel durch ersparte Steuern, finanziert werden soll.

Da jedoch die Erwartungen der Anleger häufig hinter den werbetechnischen Anpreisungen der Finanzberater und -vermittler deutlich zurückblieben, mehrten sich Schadenersatzprozesse enttäuschter Anleger gegen Finanzberater, Prospektherausgeber und Initiatoren solcher Kapitalanlagen.
Da solche Schadenersatzprozesse aufgrund zunehmender Vermögenslosigkeit der Verantwortlichen regelmäßig „ins Leere zu laufen“ drohten, stellte sich für die Kapitalanleger zunehmend die Frage, inwieweit die finanzierenden Banken ebenfalls mit zur Verantwortung zu ziehen seien.

Die Entscheidung: BGH Urteil vom 29.06.2010 - XI ZR 104/08

In diesem Kontext ist das Urteil des 11. Zivilsenats des Bundesgerichtshof vom 29.06.2010 zu verstehen. Danach hat die finanzierende Bank den kreditsuchenden Kunden bei steuers-parenden Bauherren- und Erwerbermodellen, ungefragt auf die Höhe der Vermittlungsprovision des Vertriebes hinzuweisen.

Eine 38 Jahre alte Krankenschwester erwarb im Jahre 1996 zu Steuersparzwecken eine Eigentumswohnung in Hamburg. Im Zusammenhang mit der Finanzierung der Immobilie nahm diese bei der finanzierenden Bank ein tilgungsfreies Vorausdarlehen in einem Umfang von insgesamt 178.000,00 DM auf, das durch zwei zeitgleich abgeschlossene Bausparver-träge getilgt werden sollte. Darüber hinaus unterzeichnete die Klägerin im Zusammenhang mit dem Erwerb der Kapitalanlage einen Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag mit zwei Vermittlungsgesellschaften, die bereits seit 1990 im großen Umfang in Kooperation mit der finanzierenden Bank Anlageobjekte vertrieb. Der Objekt- und Finanzierungsvermittlungs-auftrag sah eine konkret bezeichnete Finanzierungsvermittlungsgebühr und eine konkrete bezeichnete Wohnungsvermittlungsgebühr in Form einer Courtage vor. Die Höhe der Gebühren entsprachen einem Provisionssatz von 5,86 % auf die Kaufpreissumme. Tatsächlich aber erhielten die Gesellschaften weitere, versteckte Provisionen in einem Umfang von rund 9,14%. Über diesen Umstand wurde die Kapitalanlegerin arglistig getäuscht. Die Klägerin verlangte daher mit Erfolg unter Hinweis auf vorvertragliche Aufklärungspflichtsverletzungen gegenüber der finanzierenden Bank die Rückabwicklung der Kapitalanlage und die Zahlung von Schadensersatzansprüchen. Durch die Gestaltung und Ausfüllung des Objekt- und Fi-nanzierungsvermittlungsauftrages sei bei der Kapitalanlegerin bewusst die falsche Vorstellung erzeugt worden, die beide in dem Objekt- und in der Finanzierungsvermittlungsauftrag genannten Vermittlerfirmen enthielten nur die dort ausdrücklich genannte Provisionsleistungen. Nach Ansicht des 11. Zivilsenats des BGH sei zwar eine nicht beratende, sondern lediglich kreditgebende Bank bei steuersparenden Bauherren- und Erwerbermodellen grundsätzlich nicht zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft verpflichtet. Dies sei jedoch dann nicht der Fall, wenn die Bank in Bezug auf die speziellen Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann. Danach liegt ein aufklärungspflichtiger Wissensvorsprung der Finanzierungsbank im oben genannten Sinne dann vor, wenn die Bank positive Kenntnis davon hat, dass der Kreditnehmer von seinem Geschäftspartner oder durch den Fondsprospekt über das finanzierte Ge-schäft arglistig getäuscht wurde.
Die arglistige Täuschung der Vermittler wird der finanzierenden Bank im Rahmen eines institutionalisierten Zusammenwirkens zwischen Vermittler und finanzierenden Bank zugerechnet.

Die Praxisempfehlung:

Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die finanzierende Bank auf Innenprovisionen oder versteckte Rückvergütungen hinzuweisen hat, ist Gegenstand einer umfangreichen und nicht minder komplexen Rechtsprechung.

Es gilt jedoch zunächst in der Rechtsprechung der Grundsatz, dass die finanzierende Bank, die ihre Rolle als Kreditgeber nicht überschritten hat, in der Regel nicht für das Fehlverhalten weiterer Beteiligter am Erwerb einer Kapitalanlage einzustehen hat.

Nur unter engen Voraussetzungen bei einem Zusammenwirken der Beteiligten wird der finanzierenden Bank im Rahmen einer Beweislastumkehr das Fehlverhalten der Beteiligten zugerechnet.
Um dies festzustellen, bedarf es in jedem Fall einer dezidierten und umfassenden Überprüfung des Sachverhaltes.

Eine Zurechnung erfolgt dabei in der Regel, wenn zwischen dem Verkäufer oder Fondsinitiator oder den von ihnen beauftragten Vermittlern und der finanzierenden Bank ein auf Dauer angelegte Geschäftsbeziehung besteht und die Finanzierung der vermittelten Anlageobjekte regelmäßig über
ein- und dieselbe Bank erfolgt.

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Dr. Alexander Puplick, Rechtsanwalt und Notar

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