Begriff Geschäftsführer

Der Begriff des „Geschäftsführers“ ist mehrdeutig und wird auch vom Gesetzgeber in unterschiedlichem Sinne verwandt.

Einen konkret gesetzlich umrissenen Inhalt hat der Begriff „Geschäftsführer“, soweit es um den GmbH-Geschäftsführer geht, der zum gesetzlichen Vertreter der GmbH berufen ist, § 35 Abs. 1 GmbHG.

Zuständig für den Abschluss, die Änderung und die Beendigung des Anstellungsverhältnisses mit dem Geschäftsführer ist die Gesellschafterversammlung, § 46 Nr. 5 GmbHG. Erforderlich ist die Beschlussfassung über den Ausspruch der ordentlichen Kündigung des Anstellungsverhältnisses. Alleine eine Beschlussfassung über Beendigung der Organstellung als solche, reicht regelmäßig hierfür nicht aus. Eine ohne die erforderliche Beschlussfassung von einem Vertreter ausgesprochene Kündigung kann von der Gesellschafterversammlung genehmigt werden, wenn der Geschäftsführer sie nicht wegen fehlender Vertretungsvollmacht unverzüglich zurückgewiesen hat.

Beim Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG ist die Gesellschafterversammlung der GmbH zuständig, nicht die Gesellschafter der KG.

 

Organschaftliche Bestellung

Die Bestellung und der Widerruf der Bestellung erfolgen durch Mehrheitsbeschluss der Gesellschafter bzw. in Gesellschaften mit einem Aufsichtsrat durch diesen.

Die Bestellung stellt den gesellschaftsrechtlichen Akt dar, durch den die Organstellung des Geschäftsführers begründet wird.

Die Abberufung ist ebenso wie die freiwillige Amtsniederlegung des Geschäftsführers grundsätzlich jederzeit und ohne Grund möglich.

Im Gesellschaftsvertrag kann jedoch bestimmt werden, dass die Abberufung nur zulässig ist, wenn wichtige Gründe vorliegen.

Für eine Beschränkung der jederzeitigen Abberufung reicht eine Regelung lediglich im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag nicht aus. Für die Beschränkung der Abberufung als Organ der GmbH ist eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag erforderlich.

 

Beispiele für wichtige Gründe für die Abberufung sind:

 

  • Beteiligung an strafbaren Handlungen (z.B. Schmiergeldannahme/Bestechlichkeit, Fälschen von Buchungsunterlagen/Urkunden, Manipulation der Bilanzen, Steuerhinterziehung etc.)
  • Spesenbetrug
  • schuldhafte Insolvenzverschleppung
  • unzulässige Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen
  • Verweigerung des Geschäftsführers mit weiteren Geschäftsführern oder einem Beirat im Interesse der GmbH auf der Grundlage der Geschäftsordnung zusammenzuarbeiten
  • Nichtbefolgung von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung
  • beharrliche Nichtbefolgung des Katalogs zustimmungspflichtiger Rechtsgeschäfte
  • Weigerung, wirksame Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zur strategischen Ausrichtung der Geschäftstätigkeit umzusetzen
  • eigenmächtige Veräußerung von Unternehmensteilen oder Anteilen einer Tochtergesellschaft
  • Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot (Aufbau eines Konkurrenzunternehmens/Ausnutzen von Geschäftschancen der Gesellschaft für sich selbst)
  • Erstellung des Jahresabschlusses ohne Beteiligung der Mitgeschäftsführer und Einreichung zum Handelsregister oder beim Finanzamt ohne Feststellung durch die Gesellschafterversammlung
  • Verletzung von Buchführungspflichten (z.B. Nichteinreichung des festgestellten Jahresabschlusses beim Finanzamt)
  • Weigerung des Geschäftsführers, der Gesellschaft Auskunft zu erteilen
  • Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen des Geschäftsführers
  • Ankündigung der Insolvenzantragstellung ohne Grund
  • Zerwürfnis von zwei Geschäftsführern mit der Folge, dass eine vernünftige Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist
  • nicht fristgemäße Vorlage von Jahresabschlüssen (§ 42 GmbHG)
  • Bewusste Nichterfüllung fälliger Darlehensraten
  • Widerstand gegen strategische Grundentscheidung der Gesellschafterversammlung

 

Für die Abberufung des Geschäftsführers als Organ gilt die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht. Sie gilt jedoch für die Kündigung des Dienstvertrages.

Bei der mitbestimmten GmbH ist die Abberufung zwingend an das Vorhandensein eines wichtigen Grundes geknüpft.

 

Anstellungsverhältnis des GmbH-Geschäftsführers

Von der organschaftlichen Bestellung zu unterscheiden ist der Geschäftsführeranstellungsvertrag. Dieser regelt die persönlichen Rechte und Pflichten zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft.

Der Geschäftsführeranstellungsvertrag wird regelmäßig befristet und für eine bestimmte Zeitdauer abgeschlossen. Ist eine ordentliche Kündigung für den Zeitraum der Befristung nicht ausdrücklich zugelassen, kann der Vertrag während dieser Zeit nicht ordentlich gekündigt werden. Die Beendigung des Vertrages aus wichtigem Grund ist jederzeit zulässig.

Ist der Geschäftsführeranstellungsvertrag nicht befristet abgeschlossen, kann der Vertrag jederzeit ordentlich gekündigt werden. In der mitbestimmten GmbH ist die ordentliche Kündigung grundsätzlich ausgeschlossen.

Die außerordentliche Kündigung (fristlose Kündigung) ist nur aus wichtigem Grund zulässig. Ein solcher liegt vor, wenn der Gesellschaft die Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses bis zum Ablauf der Befristung bzw. bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

Bei der Feststellung, ob ein wichtiger Grund vorliegt, müssen alle konkreten Umstände des Einzelfalls und die widerstreitenden Interessen gegeneinander abgewogen werden. Nicht jeder wichtige Abberufungsgrund enthält zugleich einen wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses. Bei der mitbestimmten GmbH ist beispielsweise ein anerkannter wichtiger Grund für den Widerruf der Bestellung der Entzug des Vertrauens durch die Anteilseignerversammlung. Dies stellt jedoch nur dann zugleich einen wichtigen Kündigungsgrund des Anstellungsverhältnisses dar, wenn ein nicht bloß geringfügiges Verschulden des Geschäftsführers besteht.

 

Kündigungsschutz nach Kündigungsschutzgesetz

Der GmbH-Geschäftsführer unterliegt nicht der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes, § 14 Abs. 1 KSchG. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Geschäftsführer ausnahmsweise noch ein zusätzliches ruhendes Arbeitsverhältnis hat. Auch wenn ein Geschäftsführer zusätzlich Arbeitnehmer eines anderen Tochterunternehmens ist, besteht für dieses Arbeitsverhältnis Kündigungsschutz, nicht jedoch für seine Anstellung als GmbH-Geschäftsführer.

 

Allgemeines zum Geschäftsführer

Anwendbarkeit von Arbeitsrecht:

Arbeitsrechtliche Gesetze finden keine Anwendung, soweit diese ausdrücklich Organmitglieder juristischer Personen von ihrem Geltungsbereich ausnehmen.

 

Betriebsverfassungsrecht:

Das Betriebsverfassungsrecht findet auf GmbH-Geschäftsführer ausdrücklich keine Anwendung, § 5 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG.

 

Arbeitsgerichtsgesetz:

Auch das Arbeitsgerichtsgesetz findet auf GmbH-Geschäftsführer keine Anwendung. Der GmbH-Geschäftsführer kann damit nicht vor dem Arbeitsgericht klagen. Er hat seine Klage vor dem zuständigen Landgericht zu erheben.

 

Arbeitszeitgesetz:

Das Arbeitszeitgesetz findet auf Geschäftsführer keine Anwendung, zumal das Gesetz selbst leitende Angestellte ausdrücklich von seinem Anwendungsbereich ausnimmt, § 18 Abs. 1 Nr. 1 AZG.

 

Betriebliche Übung:

Ansprüche aus betrieblicher Übung bestehen im Regelfall nicht, da das gesellschaftsrechtliche Treueverhältnis zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft nicht mit dem Treueverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vergleichbar ist.

 

Gleichbehandlungsgrundsatz:

Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet auch für Geschäftsführer Anwendung, die nicht oder nicht nennenswert an der Gesellschaft beteiligt sind. Eine Gleichbehandlung ist jedoch nur im Verhältnis zu anderen Geschäftsführern möglich. Eine Gleichbehandlung mit leitenden Angestellten ist nur dann möglich, wenn der Geschäftsführeranstellungsvertrag und der Arbeitsvertrag der leitenden Angestellten gleichartig sind.

 

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz:

Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gilt auch für Geschäftsführer, soweit es die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbsfähigkeit sowie zum beruflichen Aufstieg betrifft, § 6 Abs. 3 AGG.

 

Kündigungsfrist:

Die Kündigung des Anstellungsverhältnisses eines Geschäftsführers richtet sich nach § 622 Abs. 1 BGB. Bei abhängigen Geschäftsführern verlängert sich die Kündigungsfrist gemäß § 622 Abs. 2 BGB abhängig von der Beschäftigungsdauer. § 622 Abs. 2 BGB findet auf Gesellschafter-Geschäftsführer jedoch keine Anwendung, wenn sie zur Hälfte oder mehr an der Gesellschaft beteiligt sind.

 

Schwerbehindertenschutz:

Schwerbehindertenschutz nach SGB IX findet auf den Geschäftsführer grundsätzlich keine Anwendung.

 

Mutterschutzgesetz:

Das Mutterschutzgesetz findet auf die Geschäftsführerin ebenso keine Anwendung.

 

Urlaubsgesetz:

Geschäftsführer haben keinen gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch, wohl aber Anspruch auf Urlaubsabgeltung bei Vertragsende (h.M.).

 

Zeugnisanspruch:

Geschäftsführer haben in entsprechender Anwendung des § 630 BGB Anspruch auf ein Zeugnis. Die im Arbeitsrecht für Arbeitnehmer entwickelten Grundsätze finden auch auf den Geschäftsführeranstellungsvertrag Anwendung, allerdings mit der Einschränkung, die sich aus der herausgehobenen Stellung des Geschäftsführers ergeben.

 

Betriebsübergang:

Das Anstellungsverhältnis eines Geschäftsführers geht nicht gemäß § 613a BGB auf den Betriebserwerber über. Die Stellung der vertretungsberechtigten Organmitglieder ist vom Vertrauen der sie bestellenden Personen abhängig. Aus diesen Gründen geht es nicht an, das gesamte Dienstverhältnis kraft Gesetzes auf einen anderen Dienstherrn übergehen zu lassen. Anderes gilt hingegen bei einer gesellschaftsrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge (z. B. Verschmelzung zweier GmbH's). Allerdings führt die gesellschaftsrechtliche Gesamtrechtsnachfolge regelmäßig gleichzeitig zum Erlöschen der Organstellung des bisherigen Geschäftsführers.



GmbH-Geschäftsführer und Sozialversicherung

Ob der GmbH-Geschäftsführer eine abhängige und damit versicherungspflichtige Beschäftigung ausübt, beurteilt sich nach dem allgemeinen sozialversicherungsrechtlichen Begriff der Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV.

Grundsätzlich ist der GmbH-Geschäftsführer sozialversicherungsrechtlich als ein nichtselb-ständiger Beschäftigter anzusehen, der der Sozialversicherung unterliegt.

Seine Organstellung kann jedoch eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft bzw. den Gesellschaftern ausschließen.

Den Regelungen des Geschäftsführervertrages im Innenverhältnis kommt daher ein besonderes Gewicht zu, insbesondere im Hinblick auf das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung sowie der Abbedingung des Selbstkontrahierungsverbots gemäß § 181 BGB.

Es muss immer eine Einzelfallprüfung anhand der von der Rechtsprechung entwickelten Indizien vorgenommen werden, ob der Geschäftsführer, insbesondere bei Vorliegen einer Gesellschafterstellung, maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft nehmen kann und damit entweder selbständig oder abhängig beschäftigt ist.

Der Kapitalanteil ist ein entscheidendes Merkmal eines bestehenden Einflusses auf die Gesellschaft, weil eine persönliche Abhängigkeit zur Gesellschaft hierdurch ausgeschlossen werden kann. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu einer GmbH wird grundsätzlich verteilt, wenn der Geschäftsführer mindestens die Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft hält.

Bei einem geringeren Kapitalanteil stellt das Bundessozialgericht darauf ab, ob der Geschäftsführer in der Lage ist, ihn belastende Entscheidungen beispielsweise durch das Bestehen einer Sperrminorität zu verhindern.

Eine Arbeitnehmereigenschaft des Geschäftsführers wird auch verneint, wenn der tatsächliche Einfluss auf die Gesellschaft größer ist als der dem Gesellschaftsanteil entsprechender Kapitalbeteiligung.

Der Geschäftsführer einer GmbH, der weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine Sperrminorität verfügt, wird in der Regel abhängig Beschäftigter der GmbH sein.

 

Aktuelle Rechtsprechung zum GmbH-Geschäftsführer

Abberufung eines GmbH-Geschäftsführers und Anspruch auf Weiterbeschäftigung in seiner früheren Tätigkeit (BGH, Urteil vom 11.10.2010, Az. II ZR 266/08)

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Geschäftsführer einer GmbH nach Widerruf seiner Bestellung grundsätzlich keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung in einer seiner frühe­ren Tätigkeit vergleichbaren leitenden Funktion hat. Etwas anderes soll nur dann gelten, wenn der GmbH-Geschäftsführervertrag eine entsprechende Vereinbarung enthält.

Das Organverhältnis und das Anstellungsverhältnis sind nach dem Trennungsgrundsatz in ihrem Bestand voneinander unabhängig. Die Möglichkeit des federzeitigen Widerrufs der Geschäfts­führerbestellung gewährleistet der Gesellschaft eine weitgehende Organisationsfreiheit im Be­reich der Geschäftsführung.

Das Gericht lehnt einen Anspruch des Geschäftsführers auf Beschäftigung in einer seiner frühe­ren Tätigkeit vergleichbaren Leitungsfunktion grundsätzlich ab. Die Anstellung als Geschäftsfüh­rer und damit Organ stellt ein völlig anderes Rechtsverhältnis dar, als die Anstellung als Arbeit­nehmer.

Der Geschäftsführeranstellungsvertrag hat damit regelmäßig nur die Beschäftigung als Ge­schäftsführer zum Inhalt, nicht jedoch auch Regelungen eines Anstellungsvertrages.

Damit besteht grundsätzlich kein Anspruch auch Beschäftigung in einer früheren Tätigkeit.

 

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