08 September

Einlösung von durch Mitbewerbern ausgegebenen Gutscheinen

OLG Stuttgart, Urteil vom 02.07.2015, Az. 2 U 148/15

Das Praxisproblem

Beliebtes Mittel zur Bindung von Kunden ist die Ausgabe von Gutscheinen oder Rabatt-Coupons.

Ist es zulässig, wenn ein Unternehmen damit wirbt, von Wettbewerbern ausgegebene Gutscheine einzulösen?

Die Entscheidung

Eine Drogeriemarktkette hat bis Mai 2014 wie folgt geworben:

"Sehr geehrte Kunden,

Rabatt-Coupons 10 % auf alles von anderen Drogeriemärkten und Parfümerien können Sie jetzt hier in Ihrer M(…)-Filiale auf unser gesamtes Sortiment einlösen.

0 % Coupon von anderen Drogeriemärkten und Parfümerien an der Kasse vorlegen und 10 % Rabatt auf den Zahlbetrag Ihres Einkaufs erhalten. […]“

Ab Mai 2014 warb die Beklagte dann wie folgt:

„10 % Rabatt-Coupons von d(…), R(…) und D(…) können Sie jetzt in Ihrer M(…)-Filiale auf unser gesamtes Sortiment einlösen!“

Gegen diese Werbung wendete sich der Kläger, ein Verein dessen satzungsmäßiger Zweck die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs ist.

Der Kläger argumentierte, der Beklagte ziele auf die Vernichtung der Werbemaßnahmen seines Konkurrenten ab. Dieses sei eine gezielte Behinderung des Wettbewerbers und damit unlauter. Eine unlautere, gezielte Behinderung des Wettbewerbers folge auch daraus, dass die Beklagte nicht Rabattgutscheine von allen Wettbewerbern, sondern nur solche von bestimmten Wettbewerbern einlöst.

Die Klage hatte sowohl in der ersten Instanz vor dem LG Ulm (Urteil vom 20.11.2014, Az. 11 O 36/14 KfH) als auch in der Berufungsinstanz vor dem OLG Stuttgart (Urteil vom 02.07.2015, Az. 2 U 148/15) keinen Erfolg. Eine Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof ist anhängig (Az. I ZR 137/15).

Das Oberlandesgericht hat hierzu ausgeführt, dass unlautere Behinderung von Mitbewerbern eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber voraussetzt, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist. Klassische Fälle einer gezielten Behinderung seien unmittelbare, namentlich körperliche Eingriffe in den Gewerbebetrieb eines Mitbewerbers wie beispielsweise Zerstörungen an Betriebsgegenständen oder Waren sowie der Boykott.

Unlauter sei eine Beeinträchtigung im Allgemeinen auch dann, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen, oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können.

Diese Voraussetzungen liegen nach der Auffassung des OLG Stuttgart nicht vor.

Es fehle bereits an einer bestehenden Kundenbeziehung, in die in unlauterer Weise eingedrungen werden könnte. Alleine die Ausgabe eines Gutscheines an ein Person und der Besitz des Gutscheines stelle keine konkrete vertragliche Geschäftsbeziehung dar. Der Empfänger eines Gutscheines habe bereits keinen festen Geschäftswillen, diesen Gutschein auch bei dem Ausgeber einzulösen.

Weitergehend werde der Empfänger des Gutscheines nicht daran gehindert, diesen auch bei dem ausgebenden Unternehmen einzulösen. Dem Empfänger werde lediglich ein zweiter Weg aufgezeigt, denselben wirtschaftlichen Vorteil auf andere Weise bei der Beklagten zu erhalten. Damit stehe diese Werbung auf einer Ebene wie eine eigene Rabattwerbung der Beklagten.

Auch sei es von dem Grundsatz der Werbefreiheit gedeckt, dass die Beklagte damit geworben hat, nur Gutscheine bestimmter Wettbewerber einzulösen. Es gebe insoweit weder ein allgemeines Diskriminierungsverbot, noch ein Gleichbehandlungsgebot oder einen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Der Praxishinweis

Die Entscheidung des OLG Stuttgart zeigt, dass auch offensive Werbemaßnahmen mit Blick auf bestimmbare, sogar namentlich benannte Wettbewerber zulässig sein können. Wegen des hohen Konfliktpotentials sollten derartige Werbemaßnahmen aber keinesfalls ohne vorherige anwaltliche Prüfung erfolgen.

 

Wir stehen Ihnen gerne jederzeit beratend zur Verfügung. Sprechen Sie uns an!

Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Dr. Thorsten Olav Lau, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

 

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