10 Dezember

Der Handwerker sitzt zwischen den Stühlen! - Zum Ersatz von Aus- und Einbaukosten im Rahmen der Sachmängelhaftung bei Unternehmern

BGH, Urteil vom 02.04.2014, Az. VIII ZR 46/13 in Festhaltung zu BGH, Urteil vom 17.10.2012, Az. VIII ZR 226/11

Hat der Handwerker mangelhaft geleistet, muss er den Mangel nachbessern. Welche Ansprüche hat er aber dann gegen seinen Zulieferer, der ihm das mangelhafte Bauteil geliefert hat? Kann er die Kosten des Aus- und Einbaus weiterreichen?

Das Praxisproblem

Üblicherweise kauft der ausführende Handwerker eines Bauvorhabens die von ihm benötigten Baustoffe und Bauteile bei seinem Zulieferer ein, die er dann fertig montiert und an seinem Auftraggeber liefert und dort einbaut. Ist das zugelieferte Bauteil aber mangelhaft, kommt es zu folgender Problematik:

Im Rahmen des mit seinem Auftraggeber geschlossenen Werkvertrages trägt der Handwerker bei mangelhafter Leistung nicht nur die Kosten für ein neues, mangelfreies Bauteil, sondern auch die Kosten des erneuten Aus- und Einbaus. Fraglich ist dann, ob er diese Kosten an den Hersteller des mangelhaften Bauteils weiterreichen kann.

Die Entscheidung

Der Kläger stellt in seiner Schreinerei Holzfenster mit einer Aluminiumverblendung her. Die Beklagte betreibt einen Fachgroßhandel für Baubedarf. Der Kläger erhielt einen Auftrag zur Lieferung und zum Einbau von Aluminium-Holz-Fenstern für den Neubau eines Wohnhauses. Er bestellte bei der Beklagten die in einer Liste der Beklagten angebotenen, für die Herstellung der Aluminium-Außenschalen benötigten Profilleisten im Farbton RAL 9007 (grau-metallic). Die Beklagte beauftragte wiederum eine Dritte mit der Beschichtung der - von der Beklagten als Stangenware zur Verfügung gestellten - Profilleisten und lieferte die Halbzeuge an den Kläger. Der Kläger fügte die von ihm zugeschnittenen Aluminium-Profile zu einem Rahmen zusammen und montierte sie auf die Holzfenster.

Alsbald rügten die Bauherren nach Einbau der Fenster Lackabplatzungen an den Aluminiumprofilen. Wie sich herausstellt ist Ursache eine mangelhafte Vorbehandlung der Profile im Rahmen der Beschichtung. Eine Nachbehandlung ist nicht möglich, so dass nur der vollständige Austausch der Außenschalen in Betracht kommt.

Der Kläger, welcher insgesamt zuvor in einem Prozess mit den Bauherren zur Kostentragung auch der Ausbau- und Neueinbaukosten verurteilt worden ist, will diese nun an seinen Lieferanten im Wege des Schadensersatzes weiterreichen.

Zu Unrecht, wie der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 02.04.2014 entschieden hat.

Der Bundesgerichtshof kommt im Verhältnis zwischen Handwerker und Zulieferer zu der Auffassung, dass es sich um einen Kaufvertrag handelt, weil im konkreten Fall Standardware bestellt und geliefert wurde. Nach Kaufrecht steht dem Kläger aber der geltend gemachte Anspruch auf Freihaltung von den Kosten des Aus- und Einbaus der Aluminium-Außenschalen, die der Kläger im Zuge der Mangelbeseitigung gegenüber den Bauherren zu tragen hat, nur dann zu, wenn der Verkäufer selbst schuldhaft gehandelt hat.

Ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung sowohl der Aus- als auch der Einbaukosten besteht im geschäftlichen Verkehr zwischen Unternehmern nur dann, wenn der Verkäufer seine Vertragspflicht zur Lieferung einer mangelfreien Sache verletzt und dies zu vertreten hat. Dabei ist ihm aber das Verschulden seines Vorlieferanten nicht zuzurechnen.

Nachdem im konkreten Fall der Baustofflieferant die Aluminiumprofile nicht selbst hergestellt, sondern sich wiederum selbst hat zuliefern lassen und dort der Mangel entstanden ist, hat er selbst nicht schuldhaft gehandelt und muss sich das Verschulden der Beschichtungsfirma auch nicht zurechnen lassen.

Schließlich steht dem Kläger, auch kein Anspruch gegen die Beklagte aus der Bestimmung über den Regress beim Verbrauchsgüterkauf zu (§ 478 Abs. 2 BGB). Denn der Vertrag zwischen dem Bauherren und dem Kläger über die Herstellung und den Einbau von Holz-Aluminium-Fenstern in den Einfamilienhaus-Neubau der Bauherren ist kein Kauf- oder Werklieferungsvertrag mit Montageverpflichtung, sondern ein Werkvertrag

Die Praxisempfehlung

Der Handwerker sitzt damit zwischen den Stühlen. Auf der einen Seite haftet er seinem Auftraggeber im Rahmen des geschlossenen Werkvertrages auch auf die Kosten des Aus- und Neueinbaus der mangelhaften Sache, kann diese Kosten aber nicht gegenüber seinem Zulieferer geltend machen, wenn dieser wiederum die Sache bei einem Dritten bestellt oder herstellen lassen hat.

Dies obwohl auch der Zulieferer selbstverständlich seine Vertragspflicht zur Lieferung einer mangelfreien Sache verletzt hat. Er muss aber nur die Kosten der Ersatzbeschaffung und nicht die Kosten des Ein- und Ausbaus (Nebenkosten) tragen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn er selbst den Mangel zu vertreten hätte. Letztendlich muss der Handwerker sein Risiko kennen.

Das Risiko kann dann minimiert werden, wenn der Handwerker mit seinem Zulieferer Vereinbarungen trifft, die das vorgenannte Risiko auf den Lieferanten verlagern. Hier wäre an eine Garantieerklärung zu denken, so dass eine verschuldensunabhängige Haftung des Lieferanten begründet wäre. Auch im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen lassen sich solche Risikoverlagerungen regeln.


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Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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