30 Oktober

Stellen mehr Urlaubstage für ältere Arbeitnehmer eine Diskriminierung dar?

BAG, Urteil vom 21.10.2014, Az: 9 AZR 956/12

Dürfen Arbeitsverträge für ältere Arbeitnehmer mehr Urlaubstage vorsehen als für jüngere Arbeitnehmer?

Oder stellt dieses eine Diskriminierung der jüngeren Arbeitnehmer dar?

Das Praxisproblem

In Arbeitsverträgen findet sich häufig eine Staffelung der Urlaubsansprüche je nach Alter der Arbeitnehmer. Tendenz der Rechtsprechung war bisher, dass dies eine Ungleichbehandlung und damit eine nicht gerechtfertigte Diskriminierung jüngerer Arbeitnehmer darstellt. Konsequenz war, dass auch die jüngeren Arbeitnehmer Anspruch auf die Anzahl der mit den älteren Arbeitnehmern vereinbarten Urlaubstage haben.

Die Entscheidung

Ein Schuhhersteller aus dem Konzernverbund der Birkenstock-Gruppe gewährt seinen älteren Arbeitnehmern 2 Urlaubstage mehr als den jüngeren Arbeitnehmern. Das BAG hat mit Urteil vom 21.10.2014, Az.: 9 AZR 956/12, für diesen Fall entschieden, dass die unterschiedliche Behandlung älterer Arbeitnehmer bei der Urlaubsgewährung keinen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) darstellt.

Das Unternehmen gewährt Mitarbeitern in der Produktion ab dem 58. Lebensjahr 36 Tage Urlaub pro Jahr. Die Kläger, es hatten mehrere jüngere Arbeitnehmer geklagt, die selbst 34 Tage Urlaub im Jahr erhalten, rügten eine Diskriminierung wegen der Ungleichbehandlung. Sie hielten einen Verstoß gegen das AGG für gegeben.

Die Richter folgten dieser Auffassung nicht. Das Unternehmen begründete die unterschiedliche Urlaubsgewährung mit seiner Fürsorgepflicht gegenüber älteren Arbeitnehmern. Es vertrat die Auffassung, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung ältere Arbeitnehmer für körperlich anstrengende und schwere Arbeit eine längere Erholungsphase als jüngere Arbeitnehmer benötigen. Zwei zusätzliche Urlaubstage hielt das Unternehmen für angemessen.

Das BAG folgte dieser Auffassung. Es hielt unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der älteren Arbeitnehmer die unterschiedliche Urlaubsgewährung für zulässig. Sie sei geeignet, erforderlich und angemessen. Für diesen zu entscheidenden Einzelfall gestand es dem Arbeitgeber die unterschiedliche Behandlung von älteren und jüngeren Arbeitnehmern zu.

Die Praxisempfehlung

  1. Die bisherige Rechtsprechung des 9. Senates des BAG, hier eine Entscheidung aus 2012, hatte eine Staffelung des Urlaubs nach Lebensalter im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes für unwirksam erklärt (BAG, Urteil vom 20.03.2012, Az. 9 AZR 529/10). Es ist davon auszugehen, dass das BAG mit der jetzt vorliegenden Entscheidung seine Rechtsprechung nicht ändert, aber in begründeten Einzelfällen Abweichungen bei der Urlaubsgewährung zulässt.
     
  2. Wir empfehlen dennoch, in Arbeitsverträgen die Urlaubsansprüche für alle Arbeitnehmer gleich zu gestalten. Findet eine Staffelung des Urlaubsanspruches, abhängig vom Lebensalter statt, können jüngere Arbeitnehmer mit dem Argument der Altersdiskriminierung einen höheren Urlaubsanspruch einklagen. Die vertragliche Urlaubsgestaltung unterliegt der vollen Überprüfung durch die Arbeitsgerichte. Sollte, anders als im konkreten Fall der Firma Birkenstock, ein Gericht in Ihrem Fall die Urlaubsgestaltung für nicht geeignet, erforderlich und angemessen halten, haben jüngere Arbeitnehmer den gleichen Urlaubsanspruch wie die Älteren.


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Beate Puplick, Fachanwältin für Arbeitsrecht
Cordula Zimmermann, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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