Sind Ansprüche im Rahmen der Betrieblichen Altersversorgung von Gesellschafter-Geschäftsführern mit zusammen genau 50 % der Geschäftsanteile insolvenzsicher?
22 Januar

Sind Ansprüche im Rahmen der Betrieblichen Altersversorgung von Gesellschafter-Geschäftsführern mit zusammen genau 50 % der Geschäftsanteile insolvenzsicher?

BGH, Urteil vom 01.10.2019, II ZR 386/17

Das Praxisproblem

Der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ist kein Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne, sodass das Betriebsrentengesetz (BetrAVG) auf einen solchen keine Anwendung findet.

In der Literatur umstritten und vom BGH bislang offengelassen wurde die Frage, ob eine 50 %ige Beteiligung des Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH bzw. eine solche Beteiligung unter Zusammenrechnung von den Anteilen mehrerer Gesellschafter-Geschäftsführer der Regelung § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG unterfällt. Wenn dieses der Fall ist, unterfällt der Gesellschafter-Geschäftsführer als „arbeitnehmerähnliche Person“ dem Schutz des Betriebsrentengesetzes.

Diese Frage hat der BGH nunmehr entschieden.

Die Entscheidung

Gemeinsam mit zwei weiteren Personen und einer GmbH gründete der Kläger im November 1977 eine weitere GmbH. Drei Jahre nach Gründung der GmbH wurde der Kläger neben dem bisherigen Gesellschafter-Geschäftsführer als weiterer Gesellschafter-Geschäftsführer bestellt.

Aus Anlass dieser Geschäftsführertätigkeit erhielt der Kläger mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung eine Versorgungszusage über 30 % seines pensionsfähigen Gehalts, wenn er im Dienst das 60. Lebensjahr erreicht und nachfolgend aus dem Dienst der GmbH ausscheidet.

Im August 1984 wurde dann ein weiterer Gesellschafter-Geschäftsführer bestellt.

Im Juli 2015 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet.

Ab der Bestellung des dritten Gesellschafter-Geschäftsführers waren diese mit je 1/6 und insgesamt zu 50 % am Gesellschaftsvermögen beteiligt.

Der Beklagte setzte rückwirkend ab dem 01.05.2015 eine monatliche Rente in Höhe von 711,39 € fest, die seitdem monatlich an den Kläger ausbezahlt wurde. Nach dem Insolvenzplan sollte der Kläger eine Quote von 8 % dieses Betrages erhalten. Der Kläger war der Auffassung, dass ihm ein monatlicher Rentenanspruch in Höhe von 2.147,43 € zusteht.

Das Landgericht verpflichtete den Beklagten lediglich zu einer Zahlung in Höhe von 435,07 €. Die Berufung des Klägers war insoweit teilweise erfolgreich. Die hiergegen gerichtete Revision des Beklagten hatte schließlich vor dem BGH Erfolg, der die Entscheidung des Berufungsgerichts aufhob.

Der Kläger könne sich nicht auf den Insolvenzschutz als Versorgungsempfänger gemäß § 7 Abs. 1 BetrAVG berufen, weil nach § 17 BetrAVG dieses Gesetz auf ihn persönlich keine Anwendung findet.

Die persönliche Anwendbarkeit des Betriebsrentengesetzes ist in § 17 BetrAVG geregelt.

Nach § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG sind Arbeitnehmer im Sinne der §§ 1-16 BetrAVG Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten. Die §§ 1-16 BetrAVG gelten nach S. 2 der Vorschrift entsprechend für Personen die nicht Arbeitnehmer sind, wenn ihnen Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt worden sind.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH kein Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne, sodass er nicht § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG unterfällt.

Ferner sei der Kläger aber auch nicht von § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG als arbeitnehmerähnliche Person erfasst.

Nach Auslegung der Norm sind Versorgungsberechtigte von der Geltung des Betriebsrentengesetzes ausgenommen, wenn ihre Ansprüche auf Dienstleistungen beruhen, die sie bei natürlicher Betrachtung für das eigene Unternehmen erbracht haben. Dies trifft auf solche Personen zu, die mit dem Unternehmen vermögens- und einflussmäßig so verbunden sind, dass sie unter dem Gesichtspunkt der Pensionssicherung dem Inhaber eines Einzelunternehmens gleichzustellen sind.

Das Betriebsrentengesetz sei nach Entstehungsgeschichte und Zweck wesentlich auf das Leitbild eines wirtschaftlich abhängigen und deshalb besonders schutzbedürftigen Arbeitnehmers ausgerichtet.

Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte mit der Norm des § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG dem Umstand Rechnung getragen werden, dass vielfach auch Mitglieder von Gesellschaftsorganen aus Anlass ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen betriebliche Altersversorgungszusagen erhalten, auf deren inhaltliche Ausgestaltung sie - wie Arbeitnehmer - wegen der regelmäßig stärkeren Position ihres Vertragspartners jedoch keinen oder nur geringen Einfluss nehmen können.

Es sollten daher nur diejenigen den Schutz des Betriebsrentengesetzes bekommen, die wie Arbeitnehmer keinen Einfluss auf ihre Ausgestaltung der Versorgungszusagen haben.

Entscheidend bei einer genau 50 %igen Beteiligung der Gesellschafter-Geschäftsführer für ihre unternehmenslenkende Position sei, dass sie gemeinsam die Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung blockieren könnten.

Dies reiche aus, um eine hinreichende Leitungsmacht im Unternehmen anzunehmen. Ein solcher Gesellschafter-Geschäftsführer werde nicht für ein „fremdes“, sondern für ein „eigenes“ Unternehmen tätig, weil er eine deutlich einflussreichere Stellung im Unternehmen habe, als ein Arbeitnehmer.

Aufgrund dieser Sperrminorität könnten die Gesellschafter-Geschäftsführer ihre Vertretungsmacht für die Gesellschaft unbehelligt von Weisungen der übrigen Gesellschafter ausführen, sie könnten nicht gegen ihren Willen als Geschäftsführer abberufen werden und negative Veränderungen ihrer Versorgungszusagen verhindern.

 

Praxisempfehlung

Mit seiner Entscheidung hat der BGH bestätigt, dass Gesellschafter-Geschäftsführer keine Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne sind.

Zudem hat der BGH nunmehr die umstrittene Frage geklärt, dass ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, der mit einem oder mehreren anderen Gesellschafter-Geschäftsführern genau 50 % der Geschäftsanteile hält und selbst nicht mit einem nur unbedeutenden Geschäftsanteil an der Gesellschaft beteiligt ist, keine arbeitnehmerähnliche Person ist.

 

Beate Puplick, Rechtsanwältin und Notarin und Fachanwältin für Arbeitsrecht,

Fachanwältin für Familienrecht, Wirtschaftsmediatorin

 

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