Darf der Betriebsrat einer Einstellung eines im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung einzusetzenden Arbeitnehmers widersprechen, wenn die Überlassung entgegen der gesetzlichen Regelung auf Dauer erfolgen soll?
26 Juni

Darf der Betriebsrat einer Einstellung eines im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung einzusetzenden Arbeitnehmers widersprechen, wenn die Überlassung entgegen der gesetzlichen Regelung auf Dauer erfolgen soll?

Bereits vor dem Inkrafttreten der Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) zum 01.04.2017 durfte eine Überlassung eines Arbeitnehmers als Leiharbeitnehmer nur „vorübergehend“ erfolgen.

Der Begriff „vorübergehend“ ist durch die Neuregelung des AÜG zum 01.04.2017 konkretisiert worden. Nach der Neuregelung des AÜG darf eine Arbeitnehmerüberlassung maximal 18 Monate betragen, soweit tarifvertraglich keine längere Überlassungsdauer vorgesehen ist. Der Betriebsrat darf vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelung der Zustimmung zur Einstellung eines Arbeitnehmers widersprechen, wenn die Einstellung gerade nicht nur „vorübergehend“ oder in den aktuell gesetzlich geregelten Grenzen erfolgen soll.

BAG, Beschluss vom 21.02.2017, Az. 1 ABR 62/12

Das Praxisproblem

Insbesondere bei Organisationen und Gesellschaften, die karitativ oder in der Gesundheitspflege tätig sind, werden nicht selten „Personalgestellungsverträge“ mit Vereinen geschlossen, die ihre Mitglieder als Arbeitskräfte überlassen. Häufig wird die Auffassung vertreten, dass es sich bei diesen Personalgestellungsverträgen nicht um eine Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des AÜG handelt. Von den Vertragsparteien werden daher konsequenterweise die Regelungen des AÜG nicht berücksichtigt. Das BAG hat sich mit der Frage befasst, ob eine solche Personalgestellung unter die Regelungen des AÜG fällt. Es hat hierzu mit Beschluss vom 17.03.2015 den EuGH angerufen. Der EuGH hat mit Urteil vom 17.11.2016 entschieden, dass auch Vereine, die keinen Erwerbszweck verfolgen, die aber im Rahmen eines Gestellungsvertrages Personal gegen Entgelt überlassen, unter die Europäische Richtlinie über Leiharbeit fallen. Damit gilt auch für solche mit einem Verein geschlossene Gestellungsverträge in Deutschland das AÜG. Dies hat das BAG in der Entscheidung vom 21.02.2017 umgesetzt.

Die Entscheidung

Die Arbeitgeberin betreibt eine stationäre Klinik mit etwa 190 Arbeitnehmern. Bei der Arbeitgeberin besteht ein Betriebsrat. Die Arbeitgeberin schloss mit der DRK-Schwesternschaft Essen e.V., nachfolgend Schwesternschaft genannt, einen Gestellungsvertrag. Die Schwesternschaft verpflichtete sich gemäß dieses Gestellungsvertrages Pflegepersonal gegen Entgelt an die Arbeitgeberin zu überlassen. Das überlassene Pflegepersonal besteht aus Vereinsmitgliedern der Schwesternschaft. Die Überlassung sollte unbefristet erfolgen.

Der Betriebsrat wurde um Zustimmung zur Einstellung einer Krankenschwester zum 01.01.2012 gebeten. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung. Der Betriebsrat berief sich darauf, dass es sich um eine verbotene Arbeitnehmerüberlassung handele, weil diese Überlassung dauerhaft und damit entgegen den Regelungen des AÜG erfolgen sollte.

Das BAG hat zunächst entsprechend des Urteils des EuGH festgestellt, dass die Gestellung des Pflegepersonals eine Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des AÜG ist. Entsprechend des Urteils des EuGH sind auch Mitglieder der DRK-Schwesternschaft e.V. Arbeitnehmer, da sie hauptberuflich gegen Entgelt eine Arbeitsleistung erbringen und auch im Übrigen im Hinblick auf Urlaub etc. wie Arbeitnehmer behandelt werden.

Nach der Entscheidung des BAG verstieß die beabsichtigte dauerhafte Überlassung der Krankenschwester zum 01.01.2012 gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG. Denn diese Vorschrift gilt auch für den Einsatz von Vereinsmitgliedern, wenn sie an Dritte überlassen werden, um weisungsabhängige Arbeit gegen Entgelt zu verrichten. Da der Einsatz unbefristet erfolgen sollte, war er rechtswidrig. Der Betriebsrat konnte sich auf diese Rechtswidrigkeit berufen und deswegen der Einstellung nach § 99 Abs. 1 BetrVG die Zustimmung verweigern.

Praxisempfehlung

Aufgrund der zunehmenden Restriktionen im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung ist davon auszugehen, dass jegliche entgeltliche Überlassung von Arbeitskräften als Arbeitnehmerüberlassung zu werten ist. Damit finden auf die Überlassung von Arbeitskräften regelmäßig die Regelungen des AÜG Anwendung. Werden die Regelungen des AÜG nicht berücksichtigt, steht dem Betriebsrat nach der oben dargestellten Entscheidung das Recht zu, die Zustimmung zur Einstellung zu verweigern. Es sollte daher bei jeder Art von Personalgestellung geprüft werden, ob die Regelungen des AÜG, insbesondere in der aktuellen Fassung, berücksichtigt sind.

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Beate Puplick Fachanwältin für Arbeitsrecht
Fachanwältin für Familienrecht Wirtschaftsmediatorin
Cordula Zimmermann Fachanwältin für Arbeitsrecht

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