10 Juli

Entgeltansprüche eines Gesellschafters im Insolvenzfall

BAG, Urteil vom 27.03.2014, Az. 6 AZR 204/12

Kann ein Arbeitnehmer, der zugleich auch Gesellschafter des Unternehmens seiner Arbeitgeberin ist, Ansprüche auf Arbeitsentgelt im Insolvenzfall zur Insolvenztabelle anmelden,

wenn er diese Forderungen zuvor über einen längeren Zeitraum nicht geltend gemacht hat?

Das Praxisproblem

Ein Modell der Beteiligung und Bindung von Mitarbeitern an Unternehmen ist es, die Mitarbeiter als Minderheitsgesellschafter in die Gesellschaft mit aufzunehmen. Wie ist allerdings mit Arbeitsentgeltforderungen dieser Mitarbeiter zu verfahren, wenn das Unternehmen in Insolvenz fällt? Kann der Mitarbeiter diese Forderungen als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle anmelden oder sind diese Forderungen einem Gesellschafterdarlehen gleichzusetzen (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO) und nur nach besonderer Aufforderung des Insolvenzgerichtes zur Tabelle anzumelden (§ 174 Abs. 3, S. 1 InsO)?

Die Auswirkungen der beiden Alternativen sind erheblich. Nachrangige Insolvenzgläubiger im Sinne von § 39 InsO können nur in Ausnahmefällen mit einer auch nur teilweisen Befriedigung ihrer Forderungen rechnen. Demgegenüber können Gläubiger einer Insolvenzforderung regelmäßig mit zumindest einer teilweisen Befriedigung ihrer Forderungen rechnen.

Die Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich in seiner Entscheidung vom 27.03.2014 (Az. 6 AZR 204/12) mit einem Sachverhalt zu befassen, bei dem der dortige Kläger bis zum 30.09.2009 als Kfz Meister bei einer GmbH beschäftigt war. Gleichzeitig war der Kläger mit einem Anteil von 10.000,00 € zu 1/3 neben zwei weiteren Gesellschaftern am Stammkapital der GmbH beteiligt, ohne Geschäftsführer der GmbH zu sein.

Aufgrund der Stellung als Gesellschafter der Arbeitgeberin war das Arbeitsverhältnis sozialversicherungsfrei. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhob der Kläger zum 28.12.2009 Klage gegen die GmbH. Er machte ausstehende Vergütung für seine Tätigkeit in Höhe von rund 50.000,00 € geltend. Dabei handelte es sich um Vergütungsforderungen für den Zeitraum 01.01.2006 bis 30.09.2009. Während dieses Zeitraums hatte der Kläger in einigen Monaten überhaupt keine Zahlungen von der GmbH erhalten.

Nachdem am 02.06.2010 über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, stellte der Kläger seine Klageforderung um und begehrte die Feststellung seiner Forderungen zur Insolvenztabelle.

Der Kläger unterlag mit diesem Klageantrag in allen drei Instanzen.

Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, die Forderungen des Klägers seien nicht zur Insolvenztabelle festzustellen. Es handele sich um Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen würden. Diese Forderungen seien nur auf besondere Aufforderung des Insolvenzgerichtes zur Tabelle anzumelden.

Der Gesetzgeber habe die Entscheidung getroffen, dass jedes Gesellschafterdarlehen bei Eintritt einer Insolvenz als nachrangig gelten solle.

Die Vergütungsforderung des Klägers sei als einem Gesellschafterdarlehen gleichstehend anzusehen. Der Kläger habe seine Forderungen der Gesellschaft zumindest konkludent gestundet. Kein „normaler“ Arbeitnehmer hätte es unterlassen, seine Vergütungsforderungen für einen Zeitraum von fast drei Jahren gerichtlich geltend zu machen. Dieses gelte umso mehr, als für mehrere Monate überhaupt keine Vergütung an den Kläger ausgezahlt worden sei.

Das Verhalten des Klägers sei alleine vor dem Hintergrund seiner Stellung als Gesellschafter verständlich. Etwas anderes würde gemäß § 39 Abs. 5 InsO nur dann gelten, wenn es sich bei dem Kläger um einen nicht geschäftsführenden Gesellschafter handeln würde – was zutrifft –, der allerdings nur mit max. 10 % am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt sein darf – was hier nicht der Fall war.

Die Praxisempfehlung

Soweit Sie als Arbeitnehmer Minderheitsgesellschafter mit einer Beteiligung von mehr als 10% des Stammkapitals Ihrer Arbeitgeberin sind, müssen Sie sich bewußt sein, dass Sie mit Ihren Entgeltforderungen im Insolvenzfalle nur in Ausnahmefällen mit einer Befriedigung rechnen können. Dieses gilt auch dann, wenn Sie nicht Geschäftsführer des Unternehmens sind. 


Wir stehen Ihnen gerne jederzeit beratend zur Verfügung. Sprechen Sie uns an!


Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Beate Puplick, Fachanwältin für Arbeitsrecht
Cordula Zimmermann, Fachanwältin für Arbeitsrecht

 

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