Das Praxisproblem
Oftmals werden große Grundstücke, die mit unterschiedlichen Gebäuden und Einrichtungen bebaut sind, nachträglich geteilt und die Einzelgrundstücke veräußert.
Die Teilungen können dazu führen, dass notwendige Zufahrtswege oder Garagen nicht mehr auf dem „eigenen“ Grundstück liegen. Die erforderliche Nutzbarkeit für das Nachbargrundstück wird dabei meist über eine Grunddienstbarkeit gesichert.
Fraglich ist dann aber, welchen Umfang diese Grunddienstbarkeit hat und welche Pflichten sie für den Eigentümer des belasteten Grundstückes begründet.
Die Entscheidung
Der Beklagte hatte das mit einem Mehrfamilienwohnhaus und einer Tiefgarage bebaute Grundstück teilen lassen und das Mehrfamilienwohnhaus verkauft. Er blieb Eigentümer der Tiefgarage. Bei der Teilung des Grundstückes im Jahre 1961 wurde zugunsten des Mehrfamilienhauses eine Grunddienstbarkeit auf dem Garagengrundstück eingetragen, wonach die jeweiligen Eigentümer das Nachbargrundstückes berechtigt sind, die „unter der Erdgleiche des Hofraums (…) erstellte Sammelgarage dauernd zu nutzen.“
Inzwischen ist die Hoffläche undicht und das Dach der Tiefgarage stark beschädigt. Die Eigentümer des Mehrfamilienhauses nehmen den Eigentümer des Garagengrundstückes wegen der erforderlichen Sanierungskosten in Anspruch.
Zu Unrecht, wie das Oberlandesgericht Hamm in seinem Urteil vom 27.05.2013 (Az. 5 U 163/12) entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichtes entschieden hat.
„Aus einer auf bloße Nutzung eines Grundstückes gerichtete Grunddienstbarkeit selbst ergibt sich in der Regel nur eine Duldungspflicht des Eigentümers und keine Pflicht zum aktiven Handeln. Weitergehende Pflichten können sich aus der Grundbucheintragung und der darin in Bezug genommenen Bewilligungserklärung ergeben“ – Im vorliegenden Fall enthielt aber auch die Bewilligungserklärung keine weitergehenden Regelungen oder Pflichten.
Die Praxisempfehlung
- Entscheidend für die Rechte und Pflichten aus einer Grunddienstbarkeit ist der Inhalt der Bewilligungserklärung. Aus dem Eintrag in Abteilung II des Grundbuchs selbst lässt sich der tatsächliche Umfang meist nicht erkennen.
- Der Käufer eines durch eine Grunddienstbarkeit belasteten oder begünstigten Grundstückes sollte daher immer in die beim Grundbuchamt geführt jeweilige Grundakte Einblick nehmen. Nur in dieser ist die maßgebliche Bewilligungserklärung enthalten. Im Zweifel ist anzuraten, mit anwaltlicher oder notarieller Hilfe den Erklärungsinhalt genau zu prüfen. Dies hilft, nachträgliche Überraschungen zu vermeiden.
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Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht