Kurze Zeit nach Übergabe des Fahrzeugs wendet sich der Verbraucher wegen eines nach seiner Behauptung aufgetretenen Motordefekts an den Händler. Eine Reaktion des Händlers bleibt aus. Der Verbraucher fordert den Händler daraufhin unter Fristsetzung zur Mangelbeseitigung auf. Hierauf bietet der Händler eine Nachbesserung an seinem Geschäftssitz an. Der Verbraucher verlangt daraufhin unter Aufrechterhaltung der gesetzten Frist die Überweisung eines Transportkostenvorschusses zwecks Transports des nach seiner Behauptung nicht fahrbereiten Fahrzeugs zum Geschäftssitz des Händlers oder die Abholung des Fahrzeugs durch den Händler auf dessen Kosten.

Nach erfolglosem Ablauf der Nacherfüllungsfrist lässt der Verbraucher die Reparatur seines Fahrzeugs in einer anderen Werkstatt durchführen. Für die entstandenen Reparatur-, Transport- und Reisekosten verlangt der Verbraucher von dem Händler Schadensersatz.

Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hat sich in seinem Urteil vom 19.07.2017 (Az. VIII ZR 278/16) mit der Frage befasst, ob der Käufer eines seiner Auffassung nach mangelhaften Gebrauchtwagens dessen Transport in die Werkstatt des Händlers für eine Reparatur von der vorherigen Zahlung eines Transportkostenvorschusses abhängig machen darf.

Der BGH hat festgestellt, dass ein Verkäufer gemäß § 439 Abs. 2 BGB verpflichtet ist, einem Käufer den Transport der (vermeintlich) mangelhaften Kaufsache zum Ort der Nachfüllung zu ermöglichen. Hierzu kann der Käufer von dem Verkäufer die Zahlung eines angemessenen Vorschusses verlangen. Die Wirksamkeit des Nacherfüllungsanspruches werde durch die Bedingung der Vorschussleistung oder die Überlassung des Transportes an den Verkäufer nicht berührt.

Ein Verkäufer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, sich auf das Erfüllungsverlangen eines Käufers einzulassen, bevor dieser ihm die Gelegenheit zu einer Untersuchung der Kaufsache gegeben hat. Die Untersuchung der Kaufsache hat am Erfüllungsort der Nacherfüllung stattzufinden.

Der Ort der Nacherfüllung befindet sich am Wohn- oder Geschäftssitz des Verkäufers, soweit die Kaufvertragsparteien nichts anderes vereinbart haben (§ 269 Abs. 1 BGB).

Der Käufer kann daher aufgrund des Schutzzweckes der Unentgeltlichkeit der Nacherfüllung einen angemessenen Vorschuss zur Abdeckung der Transportkosten von dem Verkäufer beanspruchen. Der Verkäufer hat die Pflicht, die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands der Kaufsache unentgeltlich zu bewirken. Insbesondere soll der Verbraucher vor drohenden finanziellen Belastungen geschützt werden, die ihn in Ermangelung eines solchen Schutzes davon abhalten könnten, solche Ansprüche geltend zu machen.

Der BGH vertritt die Auffassung, dass sich ein solcher Hinderungsgrund auch daraus ergeben kann, dass der Verbraucher mit entstehenden Transportkosten in Vorlage treten muss.

Die Praxisempfehlung

1. Der Vorschussanspruch bewirkt, dass Unternehmer, die sich schon im Zusammenhang mit dem Vorschuss als wenig kooperativ erweisen, früh in Verzug gesetzt werden. Der Verbraucher kann den Mangel im Wege der Selbstvornahme beseitigen und die Kosten anschließend als Verzugs- und Nichterfüllungsschaden geltend machen.
2. Nach Auffassung des BGH wird ein Vorschussanspruch auch dann bejaht, wenn das Vorliegen eines Gewährleistungsfalls eher fraglich erscheint oder von dem Käufer lediglich behauptet wird.
3. Fraglich sind allerdings die Rechtsfolgen eines Vorschussverlangens, wenn sich der Verdacht eines Gewährleistungsfalls am Ende nicht bestätigt.

Wir stehen Ihnen gerne jederzeit beratend zur Verfügung, um mit Ihnen zu besprechen, ab welchem Zeitpunkt ein Vorschuss beansprucht werden kann und welche Risiken durch die Ablehnung des Vorschussanspruches verursacht werden. Sprechen Sie uns an!