24 April

Haftung für unrichtige Schiedsgutachten - wann haftet der Sachverständige?

Haftet ein Schiedsgutachter auch gegenüber der nicht am Gutachtenvertrag beteiligten Partei auf Schadenersatz?

Das Praxisproblem:

Häufig werden zur Bestimmung des Wertes einer Sache oder zum Umfang von Gewährleistungsansprüchen Schiedsgutachtenvereinbarungen abgeschlossen. Problematisch ist jedoch, wenn der Schiedsgutachter nur mit einer der beteiligten Parteien einen Vertrag geschlossen hat und einer anderen Partei ein Schaden aufgrund eines offenbar unrichtigen Gutachtens entstanden ist. Kann auch der an dem Gutachtenvertrag nicht beteiligte Geschädigte von dem Sachverständigen Ersatz für den Schaden verlangen?

Die Entscheidung:

Genau dieses hat der BGH jetzt entschieden. Auch einer nicht an einem Gutachtenvertrag beteiligten Partei können Schadensersatzansprüche zustehen, wenn der Sachverständige ein offenbar unrichtiges Gutachten erstellt (Urteil vom 17.01.2013, III ZR 10/12).

In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatte der Kläger Leasingverträge für die Auftraggeberin des Sachverständigen vermittelt. Teil des Vertrages zwischen dem Kläger und der Leasinggesellschaft war, dass die Klägerin die Fahrzeuge nach Ende des Leasingvertrages zum Händlereinkaufspreis von der Leasinggesellschaft erwirbt. Die für den Kläger verbindliche Bestimmung des Händlereinkaufspreises sollte der Beklagte übernehmen. Der Beklagte hatte lediglich ein Vertragsverhältnis mit der Leasinggesellschaft. Der Gutachter traf Feststellungen, welche nachweislich offenbar unzutreffend waren. Dadurch entstanden der Klägerin erhebliche Schäden, welche sie im Wege der Klage geltend machte.

Nach Auffassung des BGH verstößt der Sachverständige, welcher offenkundig fehlerhafte Feststellungen trifft, gegen die Pflichten aus seinem Gutachtervertrag. Diese Verpflichtung zur Neutralität und Richtigkeit seiner Ermittlungen besteht nicht nur gegenüber dem Auftraggeber, welcher sein Honorar zahlt, sondern auch gegenüber Dritten, für die sein Gutachten Wirkungen entfaltet. Wegen des Verstoßes gegen diese Verpflichtung hatte der Sachverständige der Klägerin die Kosten zu ersetzen. Dies gilt nach der Rechtsprechung des BGH aber nur für Schiedsgutachten im engeren Sinne, bei denen sich zwei Parteien der verbindlichen Entscheidung durch einen Sachverständigen unterwerfen. Ferner muss das Gutachten offenbare Unrichtigkeiten aufweisen. Der Sachverständige muss auch schuldhaft gehandelt haben. Einfache Fehlleistungen führen nicht zu einer Schadensersatzpflicht gegenüber der vertraglich nicht gebundenen Partei. Ob eine Haftung des Sachverständigen vorliegt, muß im Einzelfall geprüft werden.

Die Praxisempfehlung:

Erstattet ein Sachverständiger ein offenbar unrichtiges Gutachten, haftet er möglicherweise auch einem Dritten gegenüber auf Schadensersatz, wenn dieser Dritte aufgrund einer Schiedsgutachtenvereinbarung Adressat des Gutachtens ist.

 

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Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Dr. Thorsten Olav Lau, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

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