01 Januar

Wettbewerbsrecht: Grenzen für die (negative) Bewertung von Produkten

Das Praxisproblem:

Wer Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönliche oder geschäftliche Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft handelt wettbewerbswidrig und macht sich darüberhinaus auch schadensersatzpflichtig, soweit er vorsätzlich oder fahrlässig handelt

– so die §§ 4 Nr. 7; 9 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Die gleiche Schadensersatzpflicht folgt außerhalb des Wettbewerbsrechtes aus dem allgemeinen Deliktsrecht.

Wie ist jedoch zu entscheiden, wenn im Rahmen eines Presseartikels über ein Produkt be-richtet wird und dieses hierbei „verrissen“ wird?

Die Entscheidung:

Das OLG Hamm hatte im Mai über einen Sachverhalt zu entscheiden, bei dem der größte deutsche Automobilclub in seiner Mitgliederzeitschrift unter der Rubrik „Murks des Monats“ über ein Produkt zum Sparen von Kraftstoff beim Autofahren berichtet hatte. Bei diesem Produkt handelte es sich um ein mit Luft gefülltes Kissen, welches unter das Gaspedal eines Autos geschnallt werden sollte. Dieses Rückstellkissen sollte bei der Fahrt beim Gasgeben einen Widerstand erzeugen und hierdurch zu einer spritsparenden Fahrweise animieren. Bei einer Gefahrensituation sollte durch ein Überdruckventil ein schnelles Gasgeben gesichert sein.


In dem beanstandeten Bericht wurde vor dem Produkt gewarnt. Es wurde ausgeführt, das Produkt sei gefährlich, weil sich die Befestigung des Rückstellkissens unter der Pedalen ver-heddern könne und hierdurch möglicherweise ein Gasgeben oder Bremsen behindert würde. Auch würde das Überdruckventil nicht immer zuverlässig arbeiten. Das Produkt wurde mit den Worten „Murks des Monats“, „seltsame Blüten“, „Ja, geht es denn noch?“ und „Bauern-fängerei“ bezeichnet.

Der Hersteller des Produktes sah den Artikel als Verunglimpfung seines Produktes an und machte Schadensersatzansprüche geltend. Die Klage war in erster Instanz abgewiesen wor-den. Hiergegen wendete sich die Klägerin mit ihrer Berufung zum OLG Hamm.

Das Oberlandesgericht prüfte zunächst, ob die strengeren Maßstäbe des Wettbewerbsrech-tes oder aber des Presserechtes anzuwenden seien. Dieses war fraglich, weil es sich um eine Mitgliederzeitschrift handelte. Das OLG wendete das Presserecht an. Auch Mitglieder-zeitschriften, die sich an einen abgrenzbaren Personenkreis und nicht an die allgemeine Öf-fentlichkeit richten, seien ein Presseerzeugnis. Ob es sich um eine eine entgeltlich zu erwer-bende Zeitschrift handelt, sei unerheblich.

Von dem Oberlandesgericht wurde weiter geprüft, ob Meinungsäußerungen oder aber Tat-sachenbehauptungen vorliegen. Im ersten Fall wäre die Klägerin nicht zur Duldung verpflich-tet, im zweiten Fall wäre sie zur Duldung verpflichtet, soweit die Tatsachen objektiv belegbar sind.

Die Bezeichnung des Produktes als „Murks des Monats“ oder Ausdrücke wie „Bauernfänge-rei“ seien eindeutig als Meinungsäußerungen anzusehen und seien grundsätzlich nicht hin-zunehmen. Vorliegend sei jedoch zusätzlich auch eine Auseinandersetzung mit potentiellen Gefahren des Produktes erfolgt. Das Produkt sei aus bestimmten, objektiv nachprüfbaren Gründen, als gefährlich und als „Murks des Monats“ bezeichnet worden.

Bei derartigen Mischtatbeständen sei ergänzend zu prüfen, ob die Meinungsäußerungen die Tatsachenbehauptungen überwiegen.

Im konkreten Fall sah das Oberlandesgericht die geäußerte Kritik als scharf und herabset-zend an, sah im Ergebnis aber noch eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Produkt der Klägerin. Die beweisbelastete Klägerin habe zudem nicht nachgewiesen, dass die in dem Bericht geäußerten Bedenken an der Sicherheit des Produktes unzutreffend waren.

Die Klage war damit abzuweisen.

Unsere Praxisempfehlung:

Auch eine pointierte, scharfe, sogar herabsetzende Auseinandersetzung mit Waren oder Dienstleistungen Dritter ist grundsätzlich zulässig, soweit im Kern objektiv nachprüfbare Gründe die geäußerte Kritik rechtfertigen. Ohne Einschränkung ist dieses gilt dieses aber nur, soweit das Presserecht anwendbar ist. Handelt es sich um die Werbemaßnahme eines Wettbewerbers, bleibt das strengere Wettbewerbsrecht anwendbar.


Es handelt sich hierbei im Ergebnis um einen schmalen Grat. Die Grenze zu einer nicht mehr als sachlich zu bezeichnenden Kritik ist schnell überschritten. Für diesen Fall bestünden Schadensersatzansprüche des kritisierten Unternehmens. Vorsicht und eine genaue rechtli-che Prüfung ist angebracht
 

Unser Team Unternehmen und Recht steht Ihnen jederzeit beratend zur Verfügung. 

Sprechen Sie uns an!

 

Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Dr. Thorsten Olav Lau, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

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