15 Februar

Zugewinn

 

Allgemeines

Der Zugewinnausgleich ist immer dann vorzunehmen, wenn eine Zugewinngemeinschaft beendet wird. Die Beendigung der Zugewinngemeinschaft kann hervorgerufen werden durch eine Ehescheidung, den Tod eines Ehegatten oder durch die Vereinbarung eines anderen Güterstandes seitens der Ehegatten.

Ein Zugewinnausgleichsanspruch kommt demzufolge dem Grunde nach nur dann in Betracht, wenn die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben. Bei der Zugewinngemeinschaft handelt es sich um den gesetzlich angeordneten Güterstand. Demzufolge leben alle Ehegatten ab ihrer Eheschließung im gesetzlichen Güterstand der zu Zugewinngemeinschaft, wenn die Ehegatten nicht ausdrücklich einen Ehevertrag abgeschlossen haben, in welchem ein anderer Güterstand vereinbart worden ist.

Die Zugewinngemeinschaft ist während der Ehezeit vergleichbar mit einer Gütertrennung, wobei bei Beendigung des Güterstandes durch Ehescheidung ein finanzieller Ausgleich stattfindet. Dies bedeutet, dass nach Eheschluss die Eigentumsverhältnisse der Ehegatten nicht verändert werden. Durch die Begründung einer Zugewinngemeinschaft entsteht dementsprechend nicht automatisch ein gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten. Dies bedeutet, dass der jeweilige Ehegatte sein eigenes Vermögen selbstständig verwaltet. In dieser selbstständigen Vermögensverwaltung wird der jeweilige Ehegatte nur durch sogenannte gesetzliche Verfügungsbeschränkungen eingeschränkt. Gemäß § 1365 Abs. 1 BGB und § 1369 Abs. 1 BGB benötigt ein Ehegatte die Zustimmung des anderen Ehegatten, wenn er Verfügungen über sein Vermögen im Ganzen oder Verfügungen über Haushaltsgegenstände treffen will. Die Ehegatten können daher während der Ehe weit gehend selbstständig und unabhängig über ihr eigenes Vermögen verfügen.

Erst nach Beendigung der Ehe wird der Zugewinn des jeweiligen Ehegatten ermittelt und dem Ehegatten mit dem geringeren Zugewinn ein Ausgleichsanspruch gegenüber dem anderen Ehegatten zugebilligt.

 

Begriff Zugewinn

Der Begriff des Zugewinns wird in § 1373 BGB definiert. Nach dieser Norm ist Zugewinn der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen übersteigt. Zu beachten ist, dass der Zugewinn keine Vermögensmasse darstellt. Bei dem Zugewinn handelt es sich vielmehr um eine reine Rechengröße. Dementsprechend wird der Zugewinn genauso wie das zur Berechnung des Zugewinns notwendige Anfangs- und Endvermögen in einer Geldsumme ausgedrückt. Ein Zugewinn kann immer nur dann entstehen, wenn das Endvermögen höher ist als das Anfangsvermögen. Dementsprechend kann ein Zugewinn nicht negativ ausfallen. In Fällen in denen das Endvermögen kleiner ist als das Anfangsvermögen ist der Zugewinn mit null zu bezeichnen. Soweit der Zugewinn bei beiden Ehegatten null beträgt ergibt sich für keinen der beiden Ehegatten ein Ausgleichsanspruch. Daraus folgt, dass durch den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gerade keine "Verlustgemeinschaft" begründet wird.

 

Anfangsvermögen

Nach § 1374 Abs. 1 BGB wird unter Anfangsvermögen das Vermögen verstanden, dass einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten beim Eintritt des Güterstandes gehört. Maßgeblicher Stichtag für die Berechnung des Anfangsvermögens ist daher der Tag der Eheschließung. Veränderungen im Bestand nach der Eheschließung können keine Auswirkungen mehr auf das Anfangsvermögen haben. Sie wirken sich vielmehr lediglich auf die Bestimmung des Endvermögens aus. Gehört beispielsweise einen Ehegatten bei Eheschließung ein Hausgrundstück im Wert von 120.000 € und hat der Ehegatte wegen dieses Hausgrundstücks aufgrund einer Finanzierung noch Verbindlichkeiten in Höhe von 50.000 € gegenüber der finanzierenden Bank, dann beträgt seit Anfangsvermögen 50.000 €. Nach § 1374 Abs. 3 BGB kann das Anfangsvermögen eines Ehegatten durchaus auch negativ sein. Hat also ein Ehegatte bei Eheschließung Schulden in Höhe von 15.000 €, dann besteht im entsprechenden Umfang ein negatives Anfangsvermögen des betreffenden Ehegatten. Werden die Schulden des Ehegatten während der Ehe zurückgeführt, dann hat dies Auswirkungen auf den Zugewinn des Ehegatten. Führt der Ehegatte beispielsweise bis zur Beendigung der Gütergemeinschaft exakt Schulden in Höhe von 15.000 € zurück und besitzt der Ehegatte ansonsten bei Beendigung des Güterstandes kein weiteres Vermögen, dann beträgt sein Zugewinn bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft 15.000 €.

Durch § 1374 Abs. 2 BGB wird angeordnet, das Vermögen eines Ehegatten seinem Anfangsvermögen zugerechnet wird, wenn der betreffende Ehegatte nach der Eheschließung Vermögen von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt. Durch die Hinzurechnung zu dem Anfangsvermögen des begünstigten Ehegatten wird verhindert, dass der begünstigte Ehegatte das geerbte oder geschenkte Vermögen im Rahmen des Zugewinnausgleichs mit dem anderen Ehegatten teilen muss.

Bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs ist zu beachten, dass ein aussagefähiger Vergleich des Anfangsvermögens mit dem Endvermögen nur dann möglich ist, wenn das Anfangsvermögen hochgerechnet, d.h. indiziert wird, um die inflationsbedingt fortschreitende Geldentwertung auszugleichen. Für die Umrechnung ist der vom statistischen Bundesamt ermittelte Verbraucherpreisindex für Deutschland maßgeblich.

 

Endvermögen

Durch § 1375 BGB wird der Begriff des Endvermögens definiert. Nach § 1375 Abs. 1 BGB ist Endvermögen das Vermögen, das einen Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstandes gehört. Dabei ist zu beachten, dass es auch ein negatives Endvermögen geben kann.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung des Endvermögens ist nach dem Wortlaut des § 1375 Abs. 1 BGB die Beendigung des Güterstandes. Da im Falle einer Ehescheidung der Güterstand mit Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses endet wäre grundsätzlich auf diesen Zeitpunkt abzustellen. Zu beachten ist jedoch, dass § 1384 BGB den Stichtag sowohl für die Berechnung und auch für die Höhe der Ausgleichsforderung auf die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags vorverlegt. Dies bedeutet, dass Vermögen, welches bei Zustellung des Scheidungsantrags vorhanden gewesen ist, stets zur Hälfte ausgleichspflichtig ist. Durch Minderungen, welche erst nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags eintreten wird der Zugewinnausgleichsanspruch nicht mehr berührt.

 

Illoyale Vermögensminderungen

Durch § 1376 Abs. 2 wird bestimmt, dass illoyale Vermögensminderungen dem Endvermögen des illoyalen Ehegatten mit dem Wert hinzuzurechnen sind, den sie zum Zeitpunkt ihres Eintritts hatten.

Wann eine illoyale Vermögensminderung anzunehmen ist bestimmt § 1375 Abs. 2 BGB. Nach dieser Norm liegt eine illoyale Vermögensminderung vor, wenn ein Ehegatte sein Vermögen dadurch gemindert, dass er:

 

1. unentgeltliche Zuwendungen tätigt, die nicht einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu 

    nehmenden Rücksicht entsprechen.

2. sein Vermögen verschwendet oder

3. Handlungen in der Absicht vorgenommen hat, den anderen Ehegatten zu benachteiligen.

 

Zugewinnausgleich

Berücksichtigung im Zugewinnausgleich finden grundsätzlich alle rechtlich geschützten Positionen mit wirtschaftlichem Wert. Dazu zählen neben den einem Ehegatten gehörenden Sachen alle ihm zustehenden objektiv bewertbaren Rechte, die am Stichtag bereits entstanden waren. Dieser Grundsatz gilt für die positiven Werte genauso wie für Belastungen.

Unter den Zugewinnausgleich fallen beispielhaft folgende Vermögenspositionen:

 

  • Guthaben auf Girokonten
  • Sparguthaben
  • Wertpapiere
  • Kapitallebensversicherungen
  • Immobilien
  • Gesellschaftsanteile
  • bewegliche Gegenstände, die im Alleineigentum eines Ehegatten stehen, zum Beispiel Schmuck, Musikinstrumente, Werkzeuge oder Sportartikel

 

Nicht unter den Zugewinn hingegen fallen Haushaltsgegenstände, die üblicherweise der gesamten Familie zum täglichen Gebrauch dienen.

 

Anspruch auf vorzeitigen Zugewinnausgleich

Auch bei noch bestehender Ehe im gesetzlichen Güterstand kann der ausgleichsberechtigte Ehegatte nach § 1385 BGB vorzeitigen Zugewinn bei vorzeitiger Aufhebung der Zugewinngemeinschaft verlangen, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:

 

1.   Die Ehegatten müssen seit mindestens drei Jahren getrennt leben.

2.    Es steht zu befürchten, dass der andere Ehegatte illoyale Vermögensminderungen vornimmt und dadurch eine erhebliche Gefährdung der Erfüllung der

Ausgleichsforderung des berechtigten Ehegatten gegeben ist.

3.    Der andere Ehegatte muss über längere Zeit hinaus die wirtschaftlichen Verpflichtungen, die sich aus dem ehelichen Verhältnis ergeben, schuldhaft nicht

erfüllt haben und zudem muss anzunehmen sein, dass er diese Verpflichtungen auch in Zukunft nicht erfüllen wird oder

4.    Der andere Ehegatte muss sich ohne ausreichenden Grund beharrlich weigern oder sich ohne ausreichenden Grund bis zur Erhebung des

Auskunftsanspruchs beharrlich geweigert haben, den anderen Ehegatten über den Bestand seines Vermögens zu unterrichten.

 

Auskunftsanspruch

Jeden Ehegatten steht gegenüber dem anderen Ehegatten gemäß § 1379 BGB ein Auskunftsanspruch zu. Dieser Auskunftsanspruch umfasst Auskünfte über das Anfangsvermögen des Ehegatten, das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung und auch das Endvermögen des Ehegatten zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags. Der Auskunftsanspruch erstreckt sich auch auf die Vorlage von Belegen. Sie erstreckt sich ferner auf alle für die Berechnung des Anfangs- und Endvermögens maßgeblichen Umstände, wie zum Beispiel privilegierten Erwerb und illoyale Vermögensminderungen.

 

Rechenbeispiel

Bei der Eheschließung verfügt die Ehefrau F über kein Anfangsvermögen. Der Ehemann bringt Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von 10.000 € in die eher ein und hat damit ein negatives Anfangsvermögen in vorbezeichneter Höhe.

Bei Zustellung des Scheidungsantrags verfügt der Ehemann E über Aktien im Wert von 50.000 € und weitergehend über eine Immobilie im Wert von 150.000 €. Die Ehefrau F hingegen verfügt über ein Sparguthaben in Höhe von 20.000 €. Eine Woche nach Zustellung des Scheidungsantrags wird die Immobilie des E durch einen Brand zerstört und ist nach diesem Ereignis nahezu wertlos.

Der Zugewinn der F, die über kein Anfangsvermögen verfügt beträgt 20.000 €. Der Zugewinn des E, welcher 10.000 € Schulden mit in die Ehe eingebracht hat beträgt 210.000 €. Darauf, dass die Immobilie nach Zustellung des Scheidungsantrags zerstört worden ist und dementsprechend wertlos geworden ist kommt es aufgrund des im Zugewinn dominierenden Stichtagsprinzips nicht an. Die Immobilie wird für die Berechnung des Zugewinnausgleichs mit dem Wert in Ansatz gebracht, den sie zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags hatte. Zu diesem Zeitpunkt lag der Wert bei 150.000 €. Hinzuzurechnen sind die Aktien mit einem Wert von 50.000 €. Aufgrund der Tatsache, dass der E während der Ehezeit die in die Ehe eingebrachten Schulden vollständig getilgt hat ergibt sich ein weiterer Zugewinn in Höhe von 10.000 €. Dementsprechend hat er insgesamt einen Zugewinn in Höhe von 210.000 € erzielt.

Der Zugewinnausgleichsanspruch der F berechnet sich wie folgt:

210.000 € - 20.000 = 190.000 € : 2 = 95.000 €.

Die F hat gegenüber dem E einen Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 95.000 €.

 

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