OLG Hamm, Urteil vom 19.05.2015, Az. 7 U 26/15
Das Praxisproblem
Im grenzüberschreitenden Warenverkehr ist im B2B Bereich die Frage des anwendbaren Rechts und des Gerichtsstandes von großer Bedeutung.
Fehler können hier erhebliche finanzielle Folgen haben, wenn Klagen vor ausländischen Gerichten und unter der Geltung eines ausländischen Rechtsstatuts erhoben werden müssen.
Rechtswahlklauseln und Gerichtsstandsvereinbarungen werden regelmäßig in Allgemeinen Geschäftsbedingungen getroffen. Welche Voraussetzungen gibt es hierbei?
Die Praxisentscheidung
Dem OLG Hamm lag jetzt ein Sachverhalt zur Entscheidung vor, bei dem sich ein in Deutschland ansässiges und ein in den Niederlanden ansässiges Unternehmen über Ansrprüche aus einem Kaufvertrag stritten (OLG Hamm, Urteil vom 19.05.2015, Az. 7 U 26/15).
Die Klägerin stellte Polstermöbel her. Nach einer Vorbesprechung zwischen einem Handelsvertreter der Klägerin und der Beklagten besuchte der Geschäftsführer der Klägerin die Beklagte in den Niederlanden. Bei der Besprechung war auch der Handelsvertreter der Klägerin anwesend. Die Klägerin präsentierte die von ihr hergestellten Möbel auf einem mitgeführten Ausstellungswagen. Bei der überwiegend in niederländischer aber auch in deutscher Sprache geführten Besprechung erfolge noch keine Bestellung der Beklagten, von dem Geschäftsführer der Klägerin wurde aber eine Preisliste der Klägerin übergeben, der ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen in deutscher und in englischer Sprache abgedruckt sind. In diesen AGB heißt es auszugsweise wie folgt:
„Erfüllungsort für alle Ansprüche gegen den Käufer ist X. Für Rechtsstreitigkeiten gegen den Käufer wird die Zuständigkeit des Amtsgerichtes Halle in Westfalen vereinbart und zwar ohne Rücksicht auf die Höhe des Streitgegenstandes. Wir behalten uns jedoch vor, im Falle der sachlichen Zuständigkeit eines Landgerichts anstelle des Amtsgerichts Halle/Westfalen das Landgericht Bielefeld anzurufen.
[…]
Es gilt das Recht der Bundesrepublik Deutschland als vereinbart unter Ausschluss des einheitlichen Kaufgesetze und des UN-Kaufrechts.“
Nach dem Besuch des Geschäftsführers bei der Beklagten bot die Klägerin der Beklagten diverse Möbelstücke in einer E-Mail an. Die Beklagte bestellte über den Handelsvertreter der Klägerin bei der Klägerin nachfolgend die streitgegenständlichen Polstermöbel.
Die Klägerin übersandte der Beklagten dann per Telefax eine Auftragsbestätigung über die Lieferung der Möbelstücke. Die Auftragsbestätigung ist in deutscher Sprache abgefasst und enthält den Zusatz:
„Dieser Auftrag unterliegt den Ihnen bekannten Bedingungen.“
Nach erfolgter Lieferung berechnete die Klägerin der Beklagten den vereinbarten Kaufpreis. Der Kaufpreis wurde nicht gezahlt. Nachfolgend zerstritten sich die Parteien, schlussendlich erhob die Klägerin vor dem Landgericht Bielefeld Zahlungsklage gegen die Beklagte.
Das Oberlandesgericht hat einen anderen Ansatzpunkt gewählt. Es hat darauf abgestellt, dass die Parteien eine wirksame Vereinbarung über den Erfüllungsort für die wechselseitigen Pflichten aus dem Kaufvertrag geschlossen haben. Diese Vereinbarung führt unabhängig von der Frage, ob (zusätzlich) eine Gerichtsstandsvereinbarung getroffen worden ist, zur Anwendung des deutschen Rechts und Gerichtsstandes.
Das OLG hat ausgeführt, dass das Zu-Stande-Kommen und die Wirksamkeit der Erfüllungsortvereinbarung sich nach dem auf den Vertrag nach den Grundsätzen des internationalen Privatrechts anwendbaren deutschen Recht beurteilt. Hiernach richtet sich das Vertragsstatut nach den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (die so genannte Rom I-Verordnung).
Hiernach ist für die Beurteilung des Zu-Stande-Kommens und der Wirksamkeit der in den AGB der Klägerin enthaltenen Rechtswahlvereinbarung das Recht heranzuziehen, welches nach der Klausel angewendet werden soll, also das deutsche Recht.
Damit war durch das OLG zu prüfen, ob die AGB der Klägerin nach deutschem Recht wirksam in den Vertrag mit einbezogen worden sind.
Dieses ist von dem OLG bejaht worden. Im kaufmännischen Geschäftsverkehr reicht es für die Einbeziehung von AGB nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung regelmäßig aus, dass der Verwender im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss auf die AGB hinweist und der Vertragspartner deren Geltung nicht widerspricht.
Dieses war hier erfolgt. Die Klägerin hatte der Beklagten im Vorfeld der Bestellung eine Preisliste übergeben, in welcher die AGB enthalten waren.
Das OLG hat ergänzend darauf abgestellt, dass die Klägerin in dem kaufmännischen Bestätigungsschreiben ebenfalls auf die AGB hingewiesen hat. Im kaufmännischen Geschäftsverkehr werden die AGB hierdurch mangels eines Widerspruches sogar dann Vertragsbestandteil, wenn sie zuvor nicht Gegenstand von Vertragsverhandlungen waren.
Nach der Auffassung des OLG war es auch unerheblich, dass die AGB in deutscher und englischer Sprache abgefasst waren, während die Vertragsverhandlungen (überwiegend) in niederländischer Sprache geführt worden sind.
Es sei im kaufmännischen Geschäftsverkehr lediglich erforderlich, dass der Vertragspartner in einer für ihn verständlichen Sprache darauf hingewiesen wird, dass in den Vertrag AGB mit einbezogen worden sollen. Es sei dann Aufgabe des Vertragspartners, die AGB in einer für ihn verständlichen Sprache anzufordern.
Da die sonstigen Einwendungen der Beklagten gegen die Klageforderung nicht durchgriffen, hat das Oberlandesgericht der Klage bis auf einen Teil der Zinsforderung stattgegeben.
Der Praxishinweis
Achten Sie im grenzüberschreitenden Warenverkehr im B2B Bereich nachweisbar (!) darauf, auf die Geltung der AGB Ihres Unternehmens mit einer darin enthaltenen Gerichtsstands- und Erfüllungsortvereinbarung hinzuweisen. Dieses sollte breits in einem Angebot und in allen sonstigen Schreiben erfolgen und muss mindestens in dem Bestätigungsschreiben nach Auftragserteilung erfolgen.
Wir stehen Ihnen gerne jederzeit beratend zur Verfügung. Sprechen Sie uns an!
Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht
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