10 Dezember

Baugenehmigung nur in vollständiger Schriftform?

VGH Hessen, Urteil vom 25.06.2014, Az. 3 A 1024/13

Erfasst eine Baugenehmigung nur diejenigen Inhalte, welche ausdrücklich schriftlich genehmigt worden sind?

Das Praxisproblem

Häufig weichen Bauten von den Vorgaben der Baugenehmigung ab. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, durch welche Urkunden der Inhalt der Baugenehmigung definiert wird. Sind dies allein die Genehmigungsurkunde und die mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Zeichnungen oder können auch weitere Unterlagen - etwa Bestandszeichnungen der Bauakte - herangezogen werden?

Die Entscheidung

Mit dieser Frage hat sich der VGH Hessen in seinem Urteil vom 25.06.2014 (Az. 3 A 1024/13) auseinandergesetzt.

In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt war dem Eigentümer eines Grundstückes im Jahre 1982 eine Baugenehmigung zum Umbau eines ehemaligen Krankenhauses in eine Bundesschule und eine Unterbringung für Zivildienstleistende erteilt worden. In der Bauakte befand sich ein Freiflächenplan des Baugrundstückes, in welchem 47 Stellplätze eingezeichnet waren, von denen sich 13 Stellplätze an der Grenze zum Grundstück des Nachbarn befanden. Dieser Plan war nicht mit einem Genehmigungsvermerk versehen.

In der Folgezeit beantragt und erhielt der Eigentümer weitere Baugenehmigungen. Zuletzt erteilte die Genehmigungsbehörde im Jahre 2010 eine Baugenehmigung für den Neubau eines Hotels. In dieser Baugenehmigung, wie auch in den früheren Baugenehmigungen, wurden 10 der Stellplätze als Bestand eingezeichnet.

Der Nachbar wandte sich erstmals im Jahre 2007 gegen die Stellplätze und beantragte bei der Baubehörde ein Nutzungsverbot. Die Baubehörde lehnte dies mit dem Hinweis auf die Genehmigung aus dem Jahre 1982 ab.

Dagegen erhob der Nachbar Klage und erhielt in I. Instanz bei dem Verwaltungsgericht Recht.

Der VGH wies die Berufung der Baugenehmigungsbehörde als unbegründet zurück. Zur Begründung führte der VGH aus, dass Baugenehmigungen gemäß § 64 Abs. 3 hessischer Bauordnung schriftlich erteilt werden müssten. Im Hinblick auf den dinglichen Charakter der Baugenehmigung sei diese Vorschrift eng auszulegen. Inhalt der Baugenehmigung sei nur das, was im schriftlichen Dokument und in den mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Plänen enthalten sei.

Die Stellplätze seien zu keinem Zeitpunkt genehmigt worden. Die entsprechenden Pläne befinden sich zwar in der Bauakte, sind aber nicht mit dem Genehmigungsvermerk versehen. Daher stehe dem Nachbarn ein Anspruch auf Nutzungsuntersagung zu.

Die Praxisempfehlung

  1. Auch nach § 75 Abs. 1 S. 2 BauO NRW ist die Schriftform vorgeschrieben. § 75 Abs. 1 S. 3 BauO NRW verweist ausdrücklich darauf, dass die Ausfertigung der Bauvorlagen mit einem Genehmigungsvermerk zu versehen ist. Die Grundsätze der zitierten Entscheidung sind daher ohne weiteres auf die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen zu übertragen.
     
  2. Es sind sämtliche für das beantragte Bauvorhaben maßgeblichen Zeichnungen und Unterlagen zur Genehmigung einzureichen.
     
  3. Die Ausführung gilt nur dann als genehmigt, wenn die eingereichten Pläne mit einem Genehmigungsvermerk versehen sind. Andernfalls ist das Bauvorhaben ganz oder teilweise illegal. Dies kann eine Nutzungsuntersagung oder sogar eine Abrissverfügung nach sich ziehen.
     


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Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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