01 Januar

Die Reichweite einer Sicherungszweckerklärung

I. Das Praxisproblem
Zur Sicherung der Vertragserfüllung lässt sich der Gläubiger einer Leistung häufig Sicherheiten gewähren.

Eine Form der Personalsicherheiten ist die Bürgschaft. Die Reichweite der Bürgschaftsverpflichtung des Bürgen ergibt sich aus dem Sicherungszweck der Bürgschaft. Der Sicherungszweck bestimmt, für welche Hauptverpflichtung des Schuldners der Bürge einzustehen hat. In dem Bürgschaftsvertrag, in der Praxis nur als „die Bürgschaft“ bezeichnet, ist der Sicherungszweck für den Bürgen transparent und bestimmt zu bezeichnen, sodass der Bürge erkennen kann, für welche Forderungen er voraussichtlich in welcher Höhe in Anspruch genommen werden kann.
Nur so kann er das Risiko seiner Bürgschaftserklärung einschätzen.
Das Oberlandesgericht Köln hatte die Frage zu entscheiden, welche Reichweite der Sicherungszweck einer Bürgschaftserklärung haben darf, die aus Anlass der Absicherung eines Brauereidarlehens mit Bezugsverpflichtung durch einen Dritten abgegeben wird.

II. Die Entscheidung
Dem Oberlandesgericht Köln lag folgender Sachverhalt zur Entscheidung vor:


Die Brauerei hatte mit dem Gastwirt einen Darlehensvertrag mit Bezugsverpflichtung abgeschlossen.
Der Geschäftsführer eines Getränkefachgroßhandels (GmbH) hatte sich in einem von der Brauerei gestellten Bürgschaftsformular verpflichtet, „für alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen der Brauerei gegenüber dem Gastwirt aus der Darlehens- und Bezugsvereinbarung“ zu bürgen. Die Bezugsvereinbarung sah auch vor, dass die Brauerei bei Minderbezug oder Bezugseinstellung von dem Gastwirt Schadenersatz verlangen konnte.

Nachdem der Gastwirt seine Zahlungen eingestellt hatte, verlangte die Brauerei von dem Bürgen die Zahlung der Schadenersatzforderung, die die Brauerei berechtigterweise gegenüber dem Gastwirt erhob. Der Bürge verweigerte die Zahlung mit der Ansicht, dass Schadensersatzansprüche aus und im Zusammenhang mit der Verletzung der Bezugsvereinbarung nicht von dem Bürgschaftszweck umfasst seien.

Das Oberlandesgericht Köln hat in seiner Entscheidung vom 17. Januar 2011 (Az 5 U 138/10) ausgeführt, dass die Formulierung in einem Bürgschaftsvertrag zur Absicherung eines Brauereidarlehens mit Bezugsverpflichtung die formularmäßige Sicherungszweckerklärung, die auch künftige Forderungen der Brauerei aus Anlass der Nichterfüllung der Bezugsverpflichtung umfasse, weder eine überraschende oder ungewöhnliche Klausel sei, noch sei sie unangemessen.

Das Oberlandesgericht Köln ließ aber auch keinen Zweifel daran, dass die formularmäßige Erweiterung „alle gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche aus der Geschäftsverbindung, insbesondere aus Warenlieferungen etc. im Rahmen einer Formularvereinbarung“ nicht nur gegen das Transparenzgebot verstoßen, sondern auch mangels Risikobegrenzung den Bürgen unangemessen benachteiligen würde.

III. Die Praxisempfehlung
Bei der Formulierung des Sicherungszwecks einer Bürgschaft ist darauf zu achten, dass nur diejenigen Forderungen und Ansprüche des Gläubigers in die Sicherungszweckerklärung der Bürgschaft aufgenommen werden, die sich aus dem konkreten Vertrag, der Anlass für die Bürgschaftsgewährung ist, ergeben können.

Der Sicherungszweck umfasst auch Schadenersatzansprüche aus der Nichterfüllung der gesicherten Hauptverpflichtung. Wenn die Bürgschaft darüber hinaus Ansprüche aus „künftigen Verträgen“ (im konkreten Fall des Bierbezuges: Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen) sichern soll, ist der Forderungsgrund (z.B. Warenlieferung) genau zu bezeichnen und der Höhe nach zu begrenzen, sodass der Bürge das Risiko seiner Inanspruchnahme erkennen kann.

 

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Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Beate Puplick, Fachanwältin für Arbeitsrecht
Dr. Thorsten Olav Lau, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

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