Wann endet die akquisitorische Tätigkeit des Architekten und beginnt die vergütungspflichtige Leistung?
23 Mai

Wann endet die akquisitorische Tätigkeit des Architekten und beginnt die vergütungspflichtige Leistung?

Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.03.2017 – VII ZR 35/14

Architektenrecht – Akquisitionsleistung, Vergütungsanspruch, Architektenhonorar



Das Praxisproblem

Häufig erbringen Architekten, um einen Auftrag zu erhalten, zunächst eine sogenannte Akquisitionsleistung. Diese wird in der Regel durch den Bauherrn nicht vergütet. Hier sind die Interessensgegensätze klar erkennbar. Will der Bauherr den Beginn der vergütungspflichtigen Leistung möglichst weit nach hinten verlagern, ist dem Architekten an einer möglichst umfassenden Honorierung gelegen. Gleiches gilt für die Fälle, in denen die tatsächliche Realisierbarkeit eines Projektes nicht von Anfang an feststeht.

Die Entscheidung

Eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft bat einen Architekten für eine Wohnbauprojekt verschiedene Studien vorzulegen und Werbeunterlagen zu erstellen. Der Architekt führte diese Leistung aus und bestätigte zunächst, dass er dies als Akquisition kostenfrei erbracht habe. Für die weitere Zusammenarbeit schlug er vor, diese nach tatsächlichem Zeitaufwand abzurechnen. Er erbrachte im Anschluss weitere Planungsleistungen und rechnete diese auch ab

Ein Jahr später bot er einen Architektenvertrag über die Leistungsphasen 1 bis 3 an, welchen die Wohnungsbaugesellschaft aber nicht annahm. Vielmehr beendete sie das Projekt, nachdem es in anderen Objekten der Gesellschaft bereits zu Leerständen gekommen war.

Der Architekt rechnete daraufhin ein Gesamthonorar auf Grundlage der Tabellenwerte der HOAI ab und zog hiervon die bereits erhaltenen Zahlungen ab. Den Rest klagte er ein. Der Annahme des Berufungsgerichts, dass eine „vergütungspflichtige Akquisitionsleistung“ vereinbart worden sei, hat der Bundesgerichtshof eine Absage erteilt.

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung nochmals deutlich gemacht, dass das Vergütungssystem der HOAI zwingend ist. Hierbei kommt es auf den Umfang der Akquiseleistung nicht an. Entscheidend ist vielmehr, ob die Parteien von einer vergütungspflichtigen Leistung ausgegangen sind oder nicht. Damit kann der Architekt in dem Zeitpunkt, in welchem sich die Parteien dem Grunde nach auf eine Vergütung geeinigt haben, auch nach dem System der HOAI und den dort enthaltenen Mindestsätzen abrechnen.

Die Praxisempfehlung

1.    Es ist immer sinnvoll, wenn sich die Vertragsparteien frühzeitig über den Umfang der vergütungspflichtigen Leistung einig werden. Unentgeltliche Akquiseleistungen sind jederzeit möglich. Hierüber muss aber Einigkeit bestehen.
2.    Die Parteien sollten den Schwerpunkt ihrer Zusammenarbeit mehr auf Kostentransparenz in Hinblick auf die anfallenden Baukosten und Architektenhonorare legen, als zu versuchen, Honorarabsprachen außerhalb der Regelungen der HOAI zu treffen oder eine erhebliche Minderung der Architektenvergütung zu erreichen.
3.    Klare Abgrenzungen vergütungspflichtiger und nicht vergütungspflichtiger Leistungen zwischen den Parteien vermeiden einen sich anschließenden Rechtsstreit und weitere Kosten.

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