17 April

Auslegung einer ordentlichen Kündigung mit fehlerhafter Kündigungsfrist

BAG Urteil vom 15.05.2013, Az. 5 AZR 130/12

Ist eine Kündigung zu einem bestimmten Datum ein anderes Rechtsgeschäft als eine Kündigung zu einem anderen Datum?

Das Praxisproblem:

Ein Arbeitgeber weiß oftmals nicht, welche Kündigungsfrist auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet.

Kündigungsfristen können sich aus dem Arbeitsvertrag ergeben, aus tarifvertraglichen Vorschriften oder aus den Vorschriften aus dem Dienstvertrag, § 622 BGB.

Was passiert, wenn ein Arbeitgeber die falsche Kündigungsfrist errechnet und damit nicht zum korrekten Kündigungstermin kündigt?

 

Die Entscheidung:

Neben der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes zugrundeliegenden Fall hatte der Arbeitgeber seinem seit Juni 1991 beschäftigen Kraftfahrer mit folgendem Kündigungsschreiben zum 30.09.2009 gekündigt:

 

„Kündigung

Sehr geehrter Herr Sch,
hiermit kündigen wir Ihnen fristgemäß zum 30.09.2009. Die Kündigung erfolgt aus betriebsbedingten Gründen.
Mit freundlichen Grüßen

DS“

 

Im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses wendet der Arbeitnehmer ein, dass eine Kündigung zum 30.09.2009 nicht wirksam sei, da das Arbeitsverhältnis bereits seit mehr als 15 Jahren bestanden habe und daher er erst zum 31.12.2009 gekündigt werden könne. Der Arbeitgeber habe jedoch den Wirkungszeitpunkt der Kündigung mit dem 30.09.2009 bestimmt. Die Kündigungserklärung könne damit nicht auf ein anderes Datum nicht ausgelegt werden. Der Arbeitgeber trage das Risiko für das in der Kündigungserklärung bestimmte Datum.

Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Orientierungssatz festgestellt, dass eine Kündigung zu einem bestimmten Datum ein anderes Rechtsgeschäft ist als eine Kündigung zu einem anderen Datum.

Eine vom Arbeitgeber mit zu kurzer Kündigungsfrist zu einem bestimmten Datum erklärte ordentliche Kündigung, die den Zusatz „fristgemäß zum“ enthält, kann nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes als Kündigung zum richtigen Kündigungstermin ausgelegt werden, wenn es dem Arbeitgeber für den Arbeitnehmer erkennbar wesentlich um die Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist ging und sich das in die Kündigungserklärung aufgenommene Datum lediglich als das Ergebnis einer fehlerhaften Berechnung der zutreffenden Kündigungsfrist erweist.

Der Kündigende, der Arbeitgeber, muss den Wirkungszeitpunkt seiner Willenserklärung jedoch so bestimmen, dass der Empfänger, der Arbeitnehmer, unschwer ermitteln kann, zu welchem Datum das Arbeitsverhältnis enden soll.

Das Gericht führt weiter aus, dass dieses Bestimmtheitsgebot nicht verletzt ist, wenn unstreitig (nur) die gesetzlichen Kündigungsfristen Anwendung finden und sich der Arbeitnehmer anhand von § 622 Abs. 2 Satz 1 BGB die maßgebliche Kündigungsfrist in einem einfachen Rechenschritt selbst errechnen kann.

Das Bundesarbeitsgericht hat im zur Entscheidung stehenden Fall eine Auslegung der Kündigung zum 31.12.2009 bejaht, weil der Arbeitgeber durch den Zusatz „fristgemäß zum“ zu erkennen gab, dass er darauf Wert lege, die maßgebliche Kündigungsfrist einzuhalten.

Aus diesen Gründen stehe einer Auslegung der Kündigungserklärung als Kündigung zum 31.12.2009 auch das Bestimmtheitsgebot nicht entgegen. Danach muss sich aus der Kündigungserklärung ergeben, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis beendet werden soll, ohne dass der Arbeitgeber darüber rätseln muss. Dem genüge die Kündigung, weil sie zumindest den Zusatz „fristgemäß zum“ enthalte und danach zwischen den Parteien außer Streit stand, dass eine fristgemäße Kündigung erfolgen sollte.

 

Die Praxisempfehlung:

  1. Bei Unsicherheiten über die maßgebliche Kündigungsfrist sollten Sie immer den Zusatz verwenden: „fristgemäß zum [DATUM]“.
     
  2. Bei Ausspruch einer Kündigung zu einem bestimmten Termin sollte immer vorsorglich zusätzlich auch zum nächstmöglichen Termin gekündigt werden, um dem Arbeitnehmer zu erkennen zu geben, dass das Arbeitsverhältnis auf jeden Fall beendet werden soll.

Gerne unterstützen wir Sie bei der Berechnung der Kündigungsfrist sowie der Formulierung Ihrer Kündigungserklärung.

 

Wir stehen Ihnen gerne jederzeit beratend zur Verfügung. Sprechen Sie uns an!

Beate Puplick, Fachanwältin für Arbeitsrecht
Cordula Zimmermann, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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