12 Dezember

Fehlschlagen der Nacherfüllung beim Werkvertrag

OLG Hamm, Urteil vom 28.02.2013, Az. I-21 U 86/12

Gilt eine Nacherfüllung im Werkvertragsrecht wie im Kaufrecht bereits nach dem zweiten erfolglosen Versuch als fehlgeschlagen?

Wann gilt eine Nachbesserung als endgültig verweigert?

Das Praxisproblem

Scheitern Nacherfüllungsversuche des Werkunternehmers, stellt sich für den Besteller die Frage, wann die Nacherfüllung als endgültig gescheitert gilt. Scheitert die Nacherfüllung endgültig oder verweigert der Unternehmer diese ernsthaft und endgültig, ist der Besteller zur Ersatzvornahme berechtigt oder kann Gewährleistungsansprüche wie Minderung oder Schadensersatz geltend machen.

Die Praxisentscheidung

Das Oberlandesgericht Hamm hat mit Urteil vom 28.02.2013 (Az. I-21 U 86/12) entschieden, dass eine Nacherfüllung nicht stets nach dem zweiten erfolglosen Nacherfüllungsversuch als endgültig fehlgeschlagen gilt. Bestreitet der Unternehmer die Mängel lediglich in einem Klageverfahren, so ist dies nach Auffassung des Oberlandesgerichts nicht als endgültige Weigerung der Mangelbeseitigung auszulegen.

Der Beklagte beauftragte den Kläger mit umfänglichen Umbauarbeiten an seinem Einfamilienhaus. Unter anderem wurden Malerarbeiten und Gas- und Wasserinstallationsarbeiten ausgeführt sowie eine neue Haustür eingebaut.

Nach Fertigstellung der Arbeiten zeigten sich zahlreiche Mängel. Diese erkannte der Kläger zunächst nur zum Teil an. Hinsichtlich der Haustür unternahm der vom Kläger beauftragte Handwerker insgesamt vier Nachbesserungsversuche.

Der Kläger klagte auf Werklohnzahlung. Der Beklagte berief sich auf die von ihm geltend gemachten Mängel. Hinsichtlich der Haustür vertrat der Beklagte die Auffassung, dass die Nacherfüllung aufgrund von vier erfolglosen Nachbesserungsversuchen endgültig fehlgeschlagen sei.

Den von dem Kläger im Laufe des Verfahrens angebotenen Einbau einer neuen Haustür lehnte der Beklagte mit Hinweis auf das Fehlschlagen der Nacherfüllung ab. Bezüglich der Mängel an der Haustür und einen Teil der Mängel an den übrigen Gewerken brachte der Beklagte die Mangelbeseitigungskosten von der Werklohnforderung in Abzug und machte im übrigen Zurückbehaltungsrechte wegen weiterer Mängel geltend.

Das Landgericht folgte der Argumentation des Beklagten nicht und verurteilte diesen zur Zahlung des Restwerklohnes Zug um Zug gegen Beseitigung der Mängel an der Haustür und der Mängel an übrigen Gewerken.

Dagegen legte der Beklagte Berufung ein. Das Oberlandesgericht bestätigte die Entscheidung des Landgerichts.

Das Oberlandesgericht begründete die Entscheidung damit, dass die Regelung in § 440 S. 2 BGB zum Kaufvertrag nicht auf das Werkvertragsrecht übertragen werden könne. Nach dieser Bestimmung gilt eine Nacherfüllung nach dem zweiten erfolglosen Versuch als fehlgeschlagen. Der Gesetzgeber habe sich - so der erkennende Senat - ausdrücklich dagegen entschieden, eine vergleichbare Regelung in das Werkvertragsrecht aufzunehmen. Im Werkvertragsrecht kommt es nach Ansicht des erkennenden Senats auf den Einzelfall an.

Hier sei nach den Feststellungen des Sachverständigen eine Nacherfüllung möglich, indem die Haustür – wie vom Kläger angeboten - ausgetauscht wird. Die Duldung dieser Arbeiten sei dem Beklagten auch zumutbar.

Die Mängel an den weiteren Gewerken habe der Kläger während des gerichtlichen Verfahrens zwar bestritten. Darin sei aber nach Auffassung des Senates keine endgültige und ernsthafte Weigerung des Klägers zu sehen. Die Erklärung des Unternehmers, die Beseitigung der Mängel zu verweigern müsste eindeutig sein und sein "letztes Wort" darstellen. Das Bestreiten von Mängeln in einem Gerichtsverfahren sei jedoch lediglich eine prozessuale Erklärung. Diese können nicht generell als endgültige Weigerung ausgelegt werden.

Die Praxisempfehlung

  1. Eine Nacherfüllung gilt im Werkvertragsrecht im Gegensatz zur Nacherfüllung im Kaufvertragsrecht nicht bereits nach dem zweiten erfolglosen Versuch generell als fehlgeschlagen. Auch ein bloßes Bestreiten des Mangels in einem gerichtlichen Verfahren stellt keine endgültige Verweigerung der Nacherfüllung dar. Maßgeblich ist eine Einzelfallbetrachtung. Die Nacherfüllung muss noch möglich und dem Besteller zumutbar sein.
     
  2. Sie können „unzähligen“ Nachbesserungsversuchen eines Werkunternehmers nur durch frühzeitige Einschaltung eines Sachverständigen entgehen, welcher feststellt, ob und in welchem Umfange die Nacherfüllung möglich und die Maßnahmen des Unternehmers zur Nacherfüllung geeignet sind. Stellt der Sachverständige fest, dass eine Nacherfüllung nicht möglich oder die vom Unternehmer ergriffenen Maßnahmen ungeeignet sind, kann der Besteller weitere Nachbesserungsversuche ablehnen.


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Beate Puplick, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Fachanwältin für Familienrecht, Wirtschaftsmediatorin
Cordula Zimmermann, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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