12 Dezember

Betriebsübergang - Verwirkung des Widerspruchsrechts

BAG, Urteil vom 17.10.2013, Az. AZR 974/12

Kann ein Arbeitnehmer den Betriebserwerber auf die Feststellung verklagen,

dass zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht und gleichzeitig sein Widerspruchsrecht gegen den Betriebsübergang gegen den Betriebsveräußerer geltend machen?

Das Praxisproblem

Gem. § 613a Abs. 5 BGB müssen die von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem geplanten Übergang über die Hintergründe und Folgen des Betriebsübergangs informiert werden. Ab Zugang dieser Information können die betroffenen Arbeitnehmer innerhalb eines Monats der Überleitung ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen.

Sofern die arbeitgeberseitig zu erstellenden Informationen nicht umfassend und vollständig sind, läuft die Monatsfrist nicht – der Arbeitsnehmer könnte also unbefristet Widerspruch einlegen.

Kann ein Arbeitnehmer dieses Widerspruchsrecht dadurch verwirken, dass er sich mit dem Betriebserwerber (gegen Abfindungszahlung) darauf einigt, es habe keinen Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber gegeben? Oder kann der Arbeitnehmer bei geschicktem Verhandeln „doppelt“ kassieren, indem er sich gegen Abfindungszahlung mit dem Betriebserwerber einigt und gegen den alten Arbeitgeber Verzugslohn geltend macht?

Die Praxisentscheidung

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall des Bundesarbeitsgerichts war der Kläger seit dem Jahr 1985 in einer Kantine beschäftigt, welche durch die Beklagte, eine Cateringfirma, übernommen wurde. Der Kläger wurde weiterbeschäftigt. Die Cateringfirma verlor dann zum Ende des Jahres 2010 den Cateringauftrag für die Kantine. Sie informierte den Kläger darüber, dass sein Arbeitsverhältnis im Wege eines Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 1 BGB auf das Unternehmen übergehen wird, welches den Cateringauftrag für die Kantine erhalten hat.

Da der Betriebserwerber einen Betriebsübergang bestritt, verklagte ihn der Kläger auf Feststellung des Arbeitsverhältnisses. In diesem Prozess einigten sich der Kläger und der Betriebserwerber dahingehend, dass ein Betriebsübergang und somit ein Arbeitsverhältnis zwischen ihnen nicht vorliegt. Der Betriebserwerber verpflichtete sich dabei zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 45.000,00 € an den Kläger.

Nach dieser Einigung mit dem Betriebserwerber widersprach der Kläger gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber gem. § 613a Abs. 6 BGB dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den neuen Betreiber der Kantine. Mit seiner Klage wollte der Kläger festgestellt wissen, dass nach wie vor mit dem bisherigen Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis besteht und verlangte die Zahlung von ausstehendem Lohn.

Anders als das Arbeitsgericht hatte das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes und begründete dieses damit, der Kläger habe sein Recht zum Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses verwirkt, wenn er zunächst das Bestehen seines Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebserwerber geltend macht und sich mit diesem dann abschließend einigt.

Das gelte jedenfalls dann, wenn ein Betriebsübergang stattgefunden habe und das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers tatsächlich auf den zunächst verklagten Betriebserwerber übergegangen ist. Mit der Einigung mit dem Betriebserwerber sei der Bestand des Arbeitsverhältnisses abschließend geregelt worden, so dass ein rechtsgestaltender Widerspruch gegen den Betriebsveräußerer des bereits „bereinigten“ Arbeitsverhältnisses ins Leere gehe.

Die Praxisempfehlung

  1. Die arbeitsrechtlichen Folgen eines Betriebsüberganges sind sowohl für Arbeitgeber, als auch für Arbeitnehmer erheblich. Die rechtliche Einordnung eines (teilweisen) Betriebsüberganges ist mitunter sehr schwierig, jedoch regelmäßig mit erheblichen Konsequenzen gerade für das übernehmende Unternehmen verbunden. Auch für Arbeitnehmer besteht Beratungsbedarf, um zu entscheiden, ob es für sie überhaupt vorteilhaft ist, dem Übergang zu widersprechen.
     
  2. Planen Sie die Übernahme eines Betriebes oder von Betriebsteilen, so sind die genaue Anlayse der Beschäftigungsverhältnisse und die Strukturierung der arbeitsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten von entscheidender Bedeutung. Wir verfügen über die langjährige Praxiserfahrung. Lassen Sie sich beraten.


Wir stehen Ihnen gerne jederzeit beratend zur Verfügung. Sprechen Sie uns an!


Beate Puplick, Fachanwältin für Arbeitsrecht Fachanwältin für Familienrecht, Wirtschaftsmediatorin
Cordula Zimmermann, Fachanwältin für Arbeitsrecht

Gelesen 38141 mal

Wir brauchen Ihre Zustimmung!

Diese Webseite verwendet Google Maps um Kartenmaterial einzubinden. Bitte beachten Sie, dass hierbei Ihre persönlichen Daten erfasst und gesammelt werden können.
Um die Google Maps Karte zu sehen stimmen Sie bitte zu, dass diese vom Google-Server geladen wird. Weitere Informationen finden sie HIER