Ehrlichkeitsvermerk im Arbeitszeugnis?
22 Januar

Ehrlichkeitsvermerk im Arbeitszeugnis?

LAG Hamm, Urteil vom 31.01.2019, 11 Sa 795/19

Das Praxisproblem

Ein Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein (so die Vorgabe des § 109 Abs. 2 S. 1 GewO). Gleichwohl ist allgemein bekannt, dass sich aus der konkreten Wortwahl in Arbeitszeugnissen regelmäßig mit Schulnoten vergleichbare Leistungsbewertungen ergeben.

Hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf einen „Ehrlichkeitsvermerk“? . Das LAG Hamm hat sich mit einem Fall befasst, in dem das Weglassen eines Wortes Streitthema war.

 

Die Entscheidung

Der Kläger hatte selber gekündigt, nachdem er über sieben Jahre für die Beklagte, zuletzt als Verkaufsstellenleiter, tätig war.

Nach Übergabe seines Kündigungsschreibens wurde der Kläger von diesem Tage an von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt. Sodann erteilte ihm die Beklagte ein Zwischenzeugnis, dessen vorletzter Satz lautet:

»Er ist ehrlich, fleißig, pünktlich und zuverlässig.«

Das sodann erteilte Abschlusszeugnis enthielt das Wort »ehrlich« allerdings nicht mehr.

Die Beklagte trug vor, dass der Kläger an Diebstählen beteiligt war, die in der Filiale, in der er tätig war, begangen worden waren. Aus der Belegschaft habe es einen Hinweis gegeben, nach welchem der Kläger an erheblichen Diebstählen beteiligt gewesen sein soll.

Der Kläger bestritt den Vorwurf und verlangte eine Zeugnisberichtigung. Die Gründe für das Weglassen des Wortes »ehrlich« seien nicht nachvollziehbar. Die Beklagte sei an das zuerst erteilte Zwischenzeugnis gebunden.

Nachdem das Arbeitsgericht die Klage abwies, entschied das LAG, dass ein redlicher Arbeitnehmer gesondert die Erwähnung von »Ehrlichkeit« im Zeugnis fordern könne, wenn branchenüblich davon ausgegangen werde, dass das Fehlen dieses Wortes auf eine Unredlichkeit hinweise.

Das Weglassen des „Ehrlichkeitsvermerks“ sei gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer ein vorsätzliches, untreues Verhalten irgendeiner Art begangen habe. Der Verdacht eines solchen unredlichen Verhaltens reiche jedoch nicht aus, da das Arbeitszeugnis Fakten enthalte und die Wahrheitspflicht gelte.

Nach Auffassung des LAG gehörte der Kläger vorliegend als Verkaufsstellenleiter zu einem Personenkreis, bei dem der Rechtsverkehr eine „Ehrlichkeitsaussage“ im Zeugnis erwarte.

Vorliegend konnte die Beklagte dem Kläger nicht nachweisen, dass er tatsächlich die unredliche Handlung begangen hatte, sodass sie das Zeugnis ergänzen musste.

 

Praxisempfehlung

Das LAG hat mit seiner Entscheidung ausdrücklich klargestellt, dass Arbeitszeugnisse Fakten enthalten und die Wahrheitspflicht gilt. Bewertungen die lediglich auf einem Verdacht beruhen, darf ein Arbeitszeugnis nicht enthalten.

Wenn es „branchenüblich“ ist, dass ein Arbeitszeugnis eine Aussage zur Ehrlichkeit des Arbeitnehmers enthält, darf diese Aussage nur dann weggelassen werden, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich unehrlich war.

 

Gerne beraten wie Sie!

Beate Puplick, Rechtsanwältin und Notarin und Fachanwältin für Arbeitsrecht,

Fachanwältin für Familienrecht, Wirtschaftsmediatorin

 

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